Auf dem Holzweg (Friedhof der Wörter)

Geschrieben am 26. August 2012 von Paul-Josef Raue.
Geschrieben am 26. August 2012 von Paul-Josef Raue in Friedhof der Wörter.

An der Unstrut, nahe der Himmelsscheibe und dem Dorf Kleinwangen, steht ein Stein am Weg, darin gemeißelt ein Pfeil und das Wort : “Holz-Weg“. Der Wanderer findet allerdings kein Ziel.

Wer einen Holzweg geht, endet im Nirgendwo des Waldes; er steht plötzlich auf einer Lichtung oder stapft im Morast von tiefen Reifenspuren. Ein Holzweg ist kein Wanderweg, sondern ein Weg, den Baumfäller angelegt haben, um an ihr Holz kommen. Gibt es keine Bäume mehr, die sie schlagen wollen, dann lassen sie den Weg enden.

Wer als Wanderer in einen Holzweg abbiegt, wird am Ende fluchen – erst recht, wenn ihm ein Wegweiser aus Stein zum vermeintlichen Ziel „Holzweg“ lockt.

Unser Sprichwort „Auf dem Holzweg sein“ nimmt die Bedeutung auf: Jemand glaubt, ein Ziel vor Augen zu haben, aber er endet in einer Sackgasse. Der Philosoph Martin Heidegger hat in seinem Buch „Holzwege“ sogar das menschliche Leben mit einem Holzweg verglichen.

Der Holzweg ist eines der schönsten Sprachbilder. Wer es nutzt und seinen Sinn kennt, entwirft in seinem Kopf einen Film, der ihn wandernd auf einem Weg zeigt ohne Ziel. Das ist der Sinn von Bildern in unserer Sprache: Sie sollen im Kopf ein Bild malen, im besten Fall einen kurzen Film laufen lassen. Lasst uns also schöne Bilder malen!

Der Friedhof der Wörter, auch ein Sprachbild, könnte auch Holzweg der Wörter heißen.

Wer nicht nur Bilder mag, sondern auch Fakten: Es gibt in Deutschland viel mehr Holzwege als Autobahnen.

TA vom 27. August 2012

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