Biojournalismus an nachhaltiger Mediennutzung (Friedhof der Wörter)

Geschrieben am 3. Mai 2014 von Paul-Josef Raue.

Unsere Vorfahren wussten noch, was nachhaltig ist – zumindest wenn sie sich im Wald auskannten: Du darfst nur so viele Bäume fällen, wie auch nachwachsen.

Im Wald stimmte die Bilanz über Generationen hinweg, wenn nicht gerade ein Orkan wütete; aber auch mit dem Windbruch kamen die Waldbesitzer gut zurecht: Über mehrere Jahre hinweg pflanzten sie eben mehr, als sie fällten.

Heute tun wir uns mit den Bilanzen eher schwer. Wir verbrauchen einfach zu viel: zu viel Öl, zu viele Fische, zu viele Plastiktüten, zu viele Informationen – und zu viele Wörter wie das unselige „nachhaltig“.

Wir plappern das schöne Wort der Waldbesitzer nach, als wäre es ein Zauberwort: Sprich es laut – und alles wird gut. Das Leben wird nachhaltig und der Aufschwung, die Menschen und die Heizkosten, die Zukunft und die Gesundheitssysteme.

In Neudietendorf bei Erfurt, im schönen Tagungshaus der Herrnhuter, diskutieren gute Menschen in diesen Tagen über „nachhaltige Mediennutzung“. Wer durch das Programm blättert, entdeckt all die schönen Mantras, die sich in den Gebetsmühlen der Nachhaltigkeit drehen: Die ökologisch digitale energiesparende sozialverantwortliche Kommunikationskultur.

Das einzige Medium, das wirklich nachhaltig ist, taucht dabei gar nicht auf: Die Zeitung. Da stehen immer so viele Nachrichten drin, wie auch nachwachsen.

Thüringer Allgemeine, 5. Mai 2014

Diskutieren Sie mit uns den Artikel "Biojournalismus an nachhaltiger Mediennutzung (Friedhof der Wörter)"