Die Erben wollen nicht einsteigen: Süderländer Tageblatt verkauft

Geschrieben am 15. Februar 2017 von Paul-Josef Raue.
Stefan Aschauer-Hundt (links) mit der Redaktion des Süderländer Tageblatts. Foto: ST

Stefan Aschauer-Hundt (links) mit der Redaktion des Süderländer Tageblatts. Foto: ST

Vor einem Jahrzehnt wäre der Verkauf einer Zeitung ein öffentliches Thema gewesen, sogar für die nationalen Zeitungen – selbst bei einer kleinen Zeitung mit einer Auflage von fünftausend. Heute merkt es gerade mal die Gewerkschaft Verdi und meldet es auf einer Regionalseite im Internet: „Märkischer Zeitungsverlag (Ippen-Gruppe) übernimmt Süderländer Tageblatt aus Plettenberg“; die Meldung stand am 30. Januar im Netz, einen Monat nach der Übernahme.

Offenbar ist das Verschwinden einer „publizistischen Einheit“ so normal geworden wie die Streichung von Mantel- und Lokalredaktionen, Ressorts und Stellen. Wir haben uns gewöhnt.

In Plettenberg sind keine Stellen gestrichen worden, gleichwohl ist die Übernahme ein Thema wert: Warum verschwindet die beste der kleinen Lokalredaktionen in einem Konzern? Warum gibt eine Verleger-Familie nach 137 Jahren auf?

„Aus wirtschaftlicher Sicht bestand nicht der geringste Grund, den Zusammenschluss zu suchen“, so Stefan Aschauer-Hundt, Geschäftsführer und Chef der Redaktion.

Die Kinder als Erben wollen nicht mehr, in der Verwandtschaft will auch keiner, die erfolgreiche Zeitung weiterführen: Also blieb nur der Verkauf.

Dabei ist das Süderländer Tageblatt ein Edelstein: Dreimal auf der Siegerliste des Deutschen Lokaljournalistenpreises wegen tiefer und überraschender Recherchen, die Bürger zum Nachdenken und Mitmachen animieren; einmal der Ralf-Dahrendorf-Preis, den Redaktionen bekommen, die unsere Demokratie stärken.

Die Redaktion steht vorbildlich für guten Lokaljournalismus: Kein Zeigefinger, keine Überheblichkeit, keine Kampagnen – einfach tiefe Recherche und klare Analyse, um den Bürgern das eigene Urteil zu ermöglichen.

So sieht es auch Stefan Aschauer-Hundt, der Chef der Redaktion bleibt: „Ich glaube an das Aufleuchten der post-postfaktischen Zeit und daran, dass  die Sehnsucht nach Analyse und Einordnung wiederkehrt. Demokratie und Journalismus unterliegen einer stetigen Wellenbewegung.  Wir segeln dabei mit, gar keine Frage. Und unser Anspruch ist es, uns auf der Welle zu befinden!“

 

Das Interview mit Stefan Aschauer-Hundt in meiner Kolumne JOURNALISMUS! auf kress.de: https://kress.de/mail/news/detail/beitrag/137044-die-kolumne-von-paul-josef-raue-warum-die-beste-kleine-lokalzeitung-nach-137-jahren-verkauft-wurde.html

 

1 Kommentar

  • Na, wenn man sich den völlig veralteten Furhrpark angeschaut hat nebst den Miniauflagezahlen welche wohl aber nicht den tatsächlichen Verkauf wiederspiegelten, so kommen doch erhebliche Zweifel an der Darstellung des ehemaligen „Inhabers“ ob der Wirtschaftlichkeit und der Nichtübernahme durch Dritte.
    Wer allerdings jahrzehntelang einseitiges und unaufgeregtes Geschreibsel fabriziert ohne auch nur den kleinsten Ansatz Kritik z.b. an der städtischen Verwaltung zuzulassen braucht sich über den seit etlichen Jahren drastischen Rückgang der Abos nicht wundern. Das war bekannt, denn Einschreiben zum Suederländer mit vermeintlichen Kündigungen waren in Plettenberger Postläden seit langem „der Renner“. Und an Lobeshymnen auf sich selbst unter Verweis auf zwielichte Preise von ach so tollen Instituten ist kein Leser interessiert solange die Zeitung völlig uninteressant ist.
    Der neue Käufer muß nun die „Suppe auslöffeln“. Fuhrpark nahezu abgeschafft, die ach so tolle Chefredaktion samt Ehefrau offensichtlich schnell entsorgt und damit das schlechte Erbe überhaupt noch gefüllt wird kommen nun Todesanzeigen fast aus dem gesamten Märkischen Kreis hinein. Doch das Blättchen ist angesichts des schlechten Rufes in der Bevölkerung den natürlich der neue Käufer nicht zu verantworten hat wohl nicht mehr zu retten.
    Wer soll denn das ganze Gesülze von Herrn H. denn eigentlich glauben?
    Vor die Wand gefahren sind schon ganz andere Leute welche erheblich „mehr auf dem Kasten haben“ als Möchtegernjournalisten mit einem Hang zur extremen Überheblichkeit und das völlig ohne Grund.

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