Kurt Kister belebt den „Schwachmaten“, in dessen Verein auch ein „Krawallo“ spielt

Geschrieben am 19. Januar 2013 von Paul-Josef Raue.
Geschrieben am 19. Januar 2013 von Paul-Josef Raue in Aktuelles, Friedhof der Wörter.

Die Brüder Grimm haben nicht nur Märchen gesammelt, sondern auch ein großes Wörterbuch der deutschen Sprache begonnen. Darin kommt der „schwachmaticus“ vor – als „Schwächling“.

Kurt Kister nennt die FDP in seinem Leitartikel vor der Niedersachsen-Wahl einen „Schwachmaten-Verein“. Kister ist Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung, ein brillanter Kommentator, ein Journalist deutlicher Worte, der auch Volkes Sprache nutzt, selbst wenn sie derbe ist – nur klar muss sie sein.

Den „Schwachmaten“ haben wahrscheinlich Studenten in Helmstedt vor drei Jahrhunderten erfunden, ehemals eine bedeutende Universitätsstadt, östlich von Braunschweig gelegen. Wer durch die Literatur blättert, findet als Bedeutung nicht nur den Grimmschen „Schwächling“, sondern auch den Idioten, Feigen, Unfähigen oder in der milden, der scherzhaften Form den Zaghaften und Schüchternen. Zwischen Beleidigung und Scherz pendelt die Bedeutung mit deutlichem Drall zu Beleidigung.

Was wohl Kurt Kister meint? Was auch immer er meint: Gut meint er es nicht mit der FDP und ihren Politikern. Wir müssen nicht bei den Grimms nachschlagen, um zu verstehen, was er von dem FDP-Politiker Dirk Niebel hält, den er einen „Gelegenheits-Chaoten“ nennt, oder von Wolfgang Kubicki, den „Krawallo“.

Der „Krawallo“, das Gegenteil des schwächlichen Schwachmaten, ist allerdings ein Liebling des Fernsehens. Im vergangenen Jahr war Kubicki der am häufigsten Eingeladene in den großen Talkshows – vor Ursula von der Leyen, vom Spiegel zur „Quasselkönigin“ gekrönt; Sarah Wagenknecht, die erfolgreichste Ostdeutsche, folgt knapp hinter der Ministerin und darf in diesem Jahr auf den Titel hoffen.

Quelle Kister: SZ vom 19. Januar 2013

Kolumne „Friedhof der Wörter“ geplant für Thüringer Allgemeine 21. Januar 2013

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