Leser-Debatte in der Flüchtlingskrise: „Die Glocke“ schaltet ab

Geschrieben am 11. Februar 2016 von Paul-Josef Raue.

„Die Glocke“ ist eine Regionalzeitung in Ostwestfalen mit einer Auflage von 54.000 inklusive 4.000 E-Paper (nach Verlagsangaben). Sie schließt ihr Meinungsforum im Internet, so dass Leser keine Möglichkeit mehr besitzen, Artikel zu kommentieren. Die Redaktion sieht „aus rechtlicher Verpflichtung“ keine andere Möglichkeit und schreibt:

Dieser Schritt ist unumgänglich, da das Meinungsforum in den vergangenen Wochen vor allem vor dem Hintergrund der Flüchtlingsdiskussion leider auch zu einem Medium für extreme Hetzer geworden ist.Unter dem Deckmantel der Anonymität (auf eine Klarnamenpflicht und Registrierung hatte die Redaktion bislang verzichtet) verfassten Nutzer zunehmend menschenverachtende Beiträge, die in den vergangenen Tagen sogar Mordaufrufe gegen Asylbewerber enthielten.

Regional- und Lokalzeitungen leiden seit Monaten unter den Wut- und Hassmails. Wie können Sie darauf reagieren?

  • Sie moderieren, also geben eine Lesermail erst frei, wenn sie ein Redakteur gelesen hat. Das ist aufwändig, selbst wenn man die Kommentarfunktion nachts abschaltet (wie es einige überregionale Medien tun). Die zwei, drei Redakteure fehlen als Reporter und Rechercheure.
  • Sie verpflichten Kommenatoren, sich registrieren zu lassen und ihren Klarnamen zu nennen. Das vermindert, aber verhindert keine Hassmails.
  • Sie lassen die Netzgemeinde entscheiden und richten einen Warn-Knopf ein: Jeder Leser kann ihn drücken und auf Prüfung und Entfernung bestehen. Dann steht der Hass-Post aber minuten- oder stundenlang erst einmal im Netz.
  • Sie schalten die Kommentare komplett ab und bestrafen damit die ehrlichen Leser.
  • Sie lassen alles durch und riskieren, dass die Leser an der Seriosität der Zeitung zweifeln – und der Staatsanwalt anklopft.

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