Alle Artikel der Rubrik "M. Presserecht und Ethik"

Besuch bei Buzzfeed: Katzenvideos und Investigativ-Recherche

Geschrieben am 29. Januar 2019 von Paul-Josef Raue.

Redaktion BuzzFeed Deutschland (von links): Chefredakteur Daniel Drepper, Grundrechte-Reporter Marcus Engert, Reporterin für Politik und sexualisierte Gewalt Pascale Müller, Reporterin für Feminismus Juliane Löffler, Reporter für Desinformation und Social News Karsten Schmehl. Foto: Stefan Beetz / BuzzFeed

„Ist das die Zukunft des Journalismus? Querfinanzierung über Katzenvideos und Kochbücher?“, fragt  Veronika Wulf in der Süddeutschen Zeitung nach einem Besuch in der Berliner Redaktion von  Buzzfeed. Drei Mitarbeiter arbeiten für die Reichweite (Tipps für Analsex, Quiz, Rezepte), vier Reporter betreiben investigative Recherchen (Kosten für den  Podcast von Kanzlerin Angela Merkel, Mobbing-Vorwürfe gegen Direktorin eines Max-Planck-Instituts). Chefredakteur Daniel Drepper will von anderen Medien zitiert werden, was ihm auch gelingt. Sein Motto: „Wilde Ideen ermutigen.“

Quelle: Süddeutsche Zeitung, Medien, 29. Januar 2019

Brinkbäumer über Ausgewogenheit: Man muss nicht immer einerseits-andererseits sagen

Geschrieben am 15. September 2018 von Paul-Josef Raue.

Noch bis Ende 2018 Spiegel-Chefredakteur: Klaus Brinkbäumer. Foto: Spiegel

Redaktionen in Deutschland trennen konsequent Nachrichten und Meinung, hat der große Qualitäts-Report der Lokalzeitungen festgestellt, aber Ausgewogenheit ist nicht allgemein verbreitet. Für Klaus Brinkbäumer, Noch-Spiegel-Chefredakteur, sei das eher ein Vorteil gegenüber US-Medien. In einem Interview mit „detektor fm“ sagt er, der lange in den USA gearbeitet hat: In den Staaten sei die Ausgewogenheit „geradezu manisch“:

„Beide Seiten müssen nicht immer zu Wort kommen. Wenn einer sagt, die Erde ist rund, dann gibt es irgendjemanden, der behauptet, sie sei doch eine Scheibe: Dann bekommt der in ganz vielen Zeitungen den gleichen Raum. Aber es gibt so etwas wie Wahrheit. Es gibt Dinge, die wissenschaftlich geklärt sind: Dann muss man nicht jedes Mal einerseits-andererseits sagen.“

Und welche Fähigkeiten haben uns US-Medien voraus? Hartnäckigkeit, Präzision und Furchtlosigkeit. Das zeigen laut Brinkbäumer in Deutschland nicht ganz viele Medien.

Ausgewogenheit oder Das Ende des politischen Journalismus

Geschrieben am 31. August 2018 von Paul-Josef Raue.

Georg Restle ist Moderator der ARD-Sendung „Monitor“: „Wir müssen nicht jeden Mist abbilden.“ Foto: NDR

Minister X. ruft die Hauptstadt-Redaktion Y. an, die viele Zeitungen beliefert:

„Ich habe eine Nachricht für sie, mit der Sie in die Tagesschau kommen.“ –

„Worum geht es?“ –

„Was mit Rente, mehr kann ich noch nicht sagen.“

„Okay, wann? Wir kommen, wie gewohnt, mit drei, vier Leuten zum Interview. Bereiten Sie bitte schon mal eine Kurzfassung der Nachricht vor.“

In der Tat: Die Nachricht erscheint in der Tagesschau – „nach Informationen von Y. will Minister X. die Rente…“ Der Minister freut sich, die Redakteure freuen sich, die Verleger und Gesellschafter freuen sich, weil sie in der „Tagesschau“ erwähnt werden. Und alle sagen sich: Wir sind wichtig!

Zwei Zitate aus Ulrike Kaisers Newsletter der „Initiative Qualität“:

„Eine Berichterstattung, die es für Objektivität hält, den Politikern möglichst ausgewogen das Mikrofon hinzuhalten, und für Wahrheit, möglichst schnell und unverfälscht zu verbreiten, was sie sagen, ist kein Journalismus, sondern nur die Exekution einer politischen Agenda.“ (Harald Staun in der FAZ über politischen Journalismus)

„Wir müssen eben nicht jeden Mist abbilden, nur weil er aus dem Mund eines Bundestagsabgeordneten oder eines Parteivorsitzenden kommt.“ (Monitor-Chef Georg Restle im „journalist“)

Soll ein Journalist in einem Bericht über die AfD Haltung demonstrieren?

Geschrieben am 3. August 2018 von Paul-Josef Raue.

Hitler-Attentäter Claus von Stauffenberg. Wikipedia-Foto

Gilt die Trennung von Kommentar und Nachricht auch, wenn es um Positionen geht, die der Journalist nicht teilt und mit ihm wahrscheinlich die Mehrzahl der Leser? Ist die Haltung des Journalisten, die wohl viele Leser teilen, wichtiger als die Urteils-Bildung der Leser?

Ein Beispiel: Die Welt berichtet über einen Facebook-Post von Lars Steinke, Chef einer AfD-Jugendorganisation: „Stauffenberg-DiffamierungEin Facebook-Post erschüttert die AfD“. Der AfD-Politiker Steinke bezeichnet in dem nicht öffentlichen Facebook-Beitrag den Hitler-Attentäter Stauffenberg als „Verräter“.

Die Empörung über das Zitat ist in vielen Artikeln zu lesen. Ein Redakteur der Braunschweiger Zeitung tut allerdings , was ein Journalist zu tun hat: Er spricht mit dem jungen Politiker, lässt ihn zu Wort kommen und kommentiert die Äußerungen in seinem Bericht:

  • (Zum Politiker-Zitat, er nehme Abstand vom „Verräter“) „Allerdings klang das halbherzig.“
  • „Diese Erklärung passt rein gar nicht zum Wort ,Verräter‘.“
  • Die Erklärung „dafür, dass er Stauffenberg als ,Feigling‘ bezeichnete, klingt nicht gerade nachvollziehbar.
  • (Zur Recherche, der Politiker habe vier Monate als Aushilfe in der Landtagsfraktion gearbeitet:) „All das hört sich nach einem Rauswurf an.“

Dem Einwand des Politikers geht der Journalist nicht nach, „Verräter“ sei Teil einer Diskussion gewesen und aus dem Zusammenhang gerissen: Nur – wie verlief denn die Diskussion? Wie war der Zusammenhang?

Auch wenn die meisten Leser der Haltung des Redakteurs zustimmen: Ist es nicht sinnvoller, wenn sich die Leser ihre Meinung selber bilden? Nur – was wäre die Alternative zur Mischung von Bericht und Kommentar? Den Unsinn eines Politikers einfach so stehen lassen und auf die Urteilskraft der Leser hoffen?

Ein Interview als Protokoll des Gesprächs wäre die ideale Lösung, in dem der Redakteur seine Einwände als Frage formuliert und der Leser den Streit zwischen den beiden verfolgen kann; oder ein Bericht ohne Wertungen und ein getrennter Kommentar.

Übrigens teilt der AfD-Vorsitzende Gauland die Haltung der meisten Redakteure: Das Zitat des jungen Politikers sei „bodenloser Schwachsinn“.

Lohnenswerte Bücher zur Medienethik

Geschrieben am 26. Juli 2018 von Paul-Josef Raue.
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Christof Haverkamp, Chefredakteur von „Kirche + Leben“.  Foto: Privat / Tagespost

Können Sie uns lohnenswerte Bücher zum Thema Medienethik nennen?

Zwei fallen mir ein: „Ethik im Redaktionsalltag“, herausgegeben vom Institut zur Förderung publizistischen Nachwuchses, und die Seiten zur Ethik im Werk „Das neue Handbuch des Journalismus und Online-Journalismus“ von Wolf Schneider und Paul-Josef Raue.

Dr. Christof Haverkamp, Jahrgang 1961, seit 2016 Chefredakteur der Bistumszeitung „Kirche+Leben“ (Münster) in der „Tagespost“ vom 26. Juli 2019

Digital oder Print? Wichtig ist: Die Leser müssen Journalisten vertrauen

Geschrieben am 26. April 2018 von Paul-Josef Raue.
Henriette Löwisch leitet die Deutsche Journalistenschule in München (Foto: kress.de / Dietmar Gust)

Henriette Löwisch leitet die Deutsche Journalistenschule in München (Foto: kress.de / Dietmar Gust)

Es wird immer unheimlich viel darüber geredet, ob Journalismus digitaler werden muss, oder darüber, wie man ihn finanziert. Diese ganzen Diskussionen sind wichtig, aber obsolet, wenn die Leute dem nicht mehr vertrauen, was berichtet wird. Dann ist es egal, wie der Inhalt verpackt wird.

Henriette Löwisch, Leiterin der Deutschen Journalistenschule in München in einem Interview auf der Medien-Seite der Süddeutschen (26. April 2018). Auf Fake-News angesprochen, sagt sie:

Zur Glaubwürdigkeit gehört, dass man eigene Fehler eingestehen kann. Nur weil wir menschlich sind und auch Fehler machen, sind wir keine Fake-News-Verbreiter.

 

Journalistik-Professor: Wir brauchen Regeln und Gerichte für soziale Netze

Geschrieben am 10. April 2018 von Paul-Josef Raue.
Der Dortmunder Journalistik-Professor Tobias Gostomczyk (43)

Der Dortmunder Journalistik-Professor Tobias Gostomzyk (43). Privat-Foto / SZ

Was bedeutet „Öffentlichkeit“ im Netz? Wie unterscheidet sie sich von der „Öffentlichkeit“ in der analogen Welt? Der Dortmunder Journalistik-Professor Tobias Gostomzyk (43) empfiehlt in einem Gastkommentar für die Süddeutsche Zeitung neue Regeln für die neue digitale Welt und kritisiert: „Löschen reicht nicht. Wer die Hasskriminalität im Netz bekämpfen will, muss neue Wege gehen – die Bundesregierung setzt auf das falsche Gesetz“.

 

So war es in der analogen Welt (und ist es dort noch heute): Öffentlichkeit stellen die Massenmedien her, sie sind die Gatekeeper für die Meinungsbildung in der Demokratie; Gesetze verpflichten sie zu einer hohen Sorgfalt.

Für einfache Bürger gelten in der  alten Welt nicht diese hohen Sorgfalts-Forderungen, es gilt ein „Laienprivileg“, so der Journalistik-Professor: „Wenn sich ein Einzelner auf Informationen bezieht, die sich seinem Erfahrungs- und Kontrollbereich entziehen, gelten für ihn geringere Prüfpflichten als für Massenmedien. Es wird akzeptiert, dass jeder Einzelne nicht in jeder Situation jede Information prüfen kann. Er verbreitet seine Äußerungen aber auch nicht regelmäßig an Tausende Leser.“

In der analogen, der „Offline-Welt“ existieren getrennte Kommunikationsräume: Privat, teilöffentlicher Arbeitsplatz, öffentliche Veranstaltung. Im Netz verschwimmen diese Grenzen. Gostomzyk gibt beispielhaft ein Urteil des Landgerichts Saarbrücken wieder:

„Eine Frau schickte eine private Nachricht an den Facebook-Account von Til Schweiger. Er solle seiner Ankündigung Taten folgen lassen, im Falle von nennenswerten Wahlerfolgen der AfD aus Deutschland auszuwandern. Daraufhin machte Til Schweiger den Inhalt der Nachricht samt Klarnamen der Frau auf seiner Facebook-Seite öffentlich.“

Das sei zulässig „wegen des sogenannten Rechts auf Gegenschlag“, so urteilte das Gericht. Die Kritik des Wissenschaftlers: Es hat nicht berücksichtigt, dass Til Schweiger mehr als eine Million Abonnenten erreicht; es ignorierte den digitalen Strukturwandel der Öffentlichkeit. „Im Netz steigt die Wahrscheinlichkeit, mit Äußerungen konfrontiert zu werden, denen man sich offline gut entziehen konnte.“

Das NetzDG (Netzwerkdurchsetzungsgesetz) will erreichen, dass Fake-News und Hass geprüft und schnell gelöscht werden. Aber nach welchen Regeln? Darum  müssten sich die Gerichte kümmern, aber sie werden  nur selten eingeschaltet: Es sei zu kostspielig, aufwendig und langwierig, um auf rechtsverletzende Posts zu reagieren. So entstünde kein Richter-Recht und folge keine Debatte über die Regeln in den sozialen Netzen.

Wie kommen wir aus diesem Dilemma heraus. Der Journalistik-Professor weist auf eine Lösung hin: Privat-öffentliche Cyber Courts. „Sie sollen nicht nur schnell und flexibel entscheiden, sondern auch anhand von Einzelfällen Kommunikationsstandards für das Netz herausbilden. Dabei gilt es, ein angemessenes Verständnis für die Besonderheiten der Netzkommunikation zugrunde zu legen – jenseits der bloßen Löschlogik des NetzDG.“

 

Bild-Chef Julian Reichelts Doppelmoral: Darf man hohe Gehälter veröffentlichen?

Geschrieben am 2. Februar 2018 von Paul-Josef Raue.
Julian Reichelt ist der oberste Chefredakteur der roten "Bild"-Gruppe. Foto: bild.de

Julian Reichelt ist der oberste Chefredakteur der roten „Bild“-Gruppe. Foto: bild.de

Offenbar hat „Commander“ Reichelt den Machtkampf an der Spitze der Bild entschieden: Doppelspitzen funktionieren einfach nicht. Trotzdem: Warum kamen Tanit Koch, die Bild als Chefredakteurin verlässt,  und Julian Reichelt, der Chef der Bild-Gruppe, nicht klar miteinander?

In einem Tweet wird Reichelt der Bild-Sonnenkönig genannt, so von Bulo Böhling:

„extrem humorlos, vom Ehrgeiz zerfressen und gefährlich selbstüberschätzend“.

Gibt es dafür Hinweise? Belege? Kress-Pro-Chefredakteur Markus Wiegand hatte im November einen  Disput mit Reichelt, an den erinnert sei. Wiegand meinte: Reichelt gehe als Boulevard-Chefredakteur in der Berichterstattung über andere gerne an die Grenzen, in eigener Sache dagegen reagiere er ausgesprochen empfindlich.

Was war passiert?  Kress hatte über die Gehälter von Führungskräften in der Medienszene berichtet. Julian Reichelt war der einzige Chefredakteur, der Wiegand bat, auf eine Schätzung des Gehalts zu verzichten. Er argumentierte: Dies erhöhe das Risiko finanziell motivierter Straftaten gegen seine Familie. Wiegand konnte dem Argument nicht folgen und berichtete über das geschätzte Gehalt Reichelts in exakt 13 Zeilen.

Am Rande der Münchner Medientage sprachen Wiegand und Reichelt über den Bericht.

„Wirklich erstaunlich an dem kurzen Gespräch in München war, dass Reichelt in seiner Argumentation offenbar keinen Widerspruch zur eigenen Berichterstattung in Bild sieht“,

schrieb Wiegand anschließend; und weiter:

 So schreibt das Boulevardblatt gerade im Sport gerne über die Gehälter von Fußballprofis. Eines von vielen Beispielen: Ende Mai berichtete man über das „Hammergehalt“ des HSV-Stürmers Bobby Wood (3 Millionen Euro jährlich). Im September hieß es bei bild.de: „Hammergehalt! – Lesen Sie mal, was ein ARD-Boss verdient“ und thematisierte das Einkommen von WDR-Intendant Tom Buhrow (399.000 Euro jährlich). Im August schrieb Bild online ausführlich über die Reichstenliste des Wirtschaftsmagazins Bilanz, das ebenfalls im Springer-Verlag erscheint. Titel: „Die Super-Reichen-Liste: Das sind 86 der 1.000 reichsten Deutschen“.

Wiegands Fazit: Journalisten sind widersprüchliche Wesen. Vieles, was sie über andere berichten, akzeptieren sie in eigener Sache nicht. Julian Reichelt bringt es in dieser Widersprüchlichkeit zu einer gewissen Formvollendung.

Medien und ihr moralisierendes Skandalisieren

Geschrieben am 11. Januar 2018 von Paul-Josef Raue.
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Der Schriftsteller Bernhard Schlink. Foto: Alberto Venzago - Diogenes Verlag

Der Schriftsteller Bernhard Schlink. Foto: Alberto Venzago – Diogenes Verlag

Heute würde Olga über die Medien spotten, die das Recherchieren verlernt und durch moralisierendes Skandalisieren ersetzt haben.

Bernhard Schlink in seinem neuen Roman „Olga“ über eine beeindruckende Frau, die das vergangene Jahrhundert gelebt hat bis zur Neige – erst in Pommern als einfache Frau, die einen Gutsherrn liebte, aber nicht heiraten durfte, der in der Kolonie Ostafrika diente und auf einer Polarexpedition verschollen blieb. Olga wurde taub, blieb nach der Flucht in Heidelberg und fand manches, als zu groß geraten  – wie Bismarck, aufbegehrende Studenten und moralisierende Medien.

Studie: Kritische Journalisten stehen politisch links

Geschrieben am 7. Januar 2018 von Paul-Josef Raue.
Vinzens Wyss ist Journalismus-Professsor in Winterthur (Schweiz). Foto: Uni

Vinzenz Wyss ist Journalismus-Professsor in Winterthur (Schweiz). Foto: Uni

US-Präsident Trump sieht sich verfolgt von linken Journalisten. Ein Interviewer des Magazins „New Yorker“ fragte den neuen, jungen Verleger Sulzberger:

„Ist nicht die New York Times eine Zeitung, in der Journalisten arbeiten, die links von der Mitte sind? Ist der Ton der Zeitung nicht links von der Mitte?“

Nein, antwortete Sulzberger jr.,

„wir haben uns einer altmodischen Idee verschrieben und geben die Nachrichten wieder, ,ohne Furcht oder Gefallen‘ (without fear or favor). Dies hatte mein Ururgroßvater Adolph Ochs in unser erstes Leitbild geschrieben hat. Das bedeutet für mich, aggressiv über die Welt zu berichten, nach der Wahrheit zu suchen, wohin sie auch führt. Wir bemühen uns, jede Seite der Geschichte zu verstehen und fair zu vermitteln.“

Unter den fünf meistgeklickten Kolumnen dieses Handbuch-Blogs ist die vor fünf Jahren erschienene: „Das Herz von Journalisten schlägt weit links.“ Vor kurzem kam eine Umfrage unter Journalisten in der Schweiz zu einem ähnlichen Ergebnis; die Journalismus-Forscher Vinzenz Wyss und Filip Dingerkus hatten für die „SonntagsZeitung“ Daten einer internationalen Journalismus-Studie ausgewertet:

  • Journalisten bei Zeitungen, national wie lokal, bei Magazinen und privaten Sendern ordnen sich so ein: 62 Prozent als links,  24 Prozent als rechts.
  • Fast 70 Prozent aller Journalisten beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk SRG bezeichnen sich als links. 16 Prozent verorten sich in der politischen Mitte. Und 16 Prozent sehen sich als rechts.

In der Umfrage wurde nach der politischen Einstufung auf einer Skala von 0 bis 10 gefragt:  0 steht  für links, 5 für Mitte und 10 für rechts. Kein Journalist der SRG verortete sich rechts außen bei den Werten 9 und 10; 7,4 Prozent stehen links außen bei den Werten 0 und 1.

Professor Wyss kommentiert das für ihn wenig überraschende Ergebnis:

„Der Journalismus thematisiert gesellschaftliche Konflikte, Irritationen, und es werden herrschende Machtverhältnisse infrage gestellt. Vermutlich korreliert die journalistische Kritik- und Kontrollfunktion nun mal stärker mit einem linken gesellschaftspolitischen Gedankengut.“

Die Gefahr einer einseitigen Berichterstattung sieht Wyss nicht. Man müsse zwischen der Rolle des Journalisten und der Rolle des Bürgers unterscheiden. „Ein linker Profijournalist kann ja auch eine linke Politikerin aus Distanz und kritisch befragen.“ Und wenn linke Journalisten nur über „linke Anliegen“ schreiben würden, käme die SVP ja viel seltener in den Medien vor. „Aber die Partei versteht es eben, die Aufmerksamkeitslogik der Medien zu bedienen, also wird häufig über sie berichtet.“

Auch die SRG, vergleichbar der deutschen ARD, bleibt entspannt, zumindest sagt ein Sprecher: „In der täglichen Arbeit spielt die politische Meinung der Journalisten keine Rolle, denn die Leitlinien verpflichten sie zu Ausgewogenheit.“

 

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