Stadt muss Geheim-Gutachten an Journalisten geben

Geschrieben am 3. Mai 2012 von Paul-Josef Raue.
Geschrieben am 3. Mai 2012 von Paul-Josef Raue in Aktuelles, Presserecht & Ethik, Recherche.

Die Stadt Mülheim muss der WAZ-Mediengruppe Einsicht in ein bislang geheim gehaltenes Gutachten zu Millionen-Wetten der kommunalen Stadtspitze mit der West-LB geben. Eine entsprechende Auskunftsklage nach dem Informationsfreiheitsgesetz (IFG) konnte die WAZ- Mediengruppe vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf durchsetzen.

Das bislang von der Stadtspitze um Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld (SPD) geheim gehaltene Papier enthält Einschätzungen des Mülheimer Rechtsamtes zu einem Millionenverlust-Geschäft der Gemeinde. Im Kern hatte die Stadt mit der damals noch staatlichen WestLB auf steigende und fallende Zinsen gewettet. Die Stadt verlor die Wetten, die WestLB gewann. Die Kommune setzte so alleine in drei Jahren bis 2008 rund 6 Millionen Euro in den Sand.

Das besondere an den schlechten Geschäften: beraten wurde Mülheim ausgerechnet von der WestLB, die gleichzeitig als Wettgegner in den Deals antrat. Gewinnen konnte die Bank nur, wenn die Stadt verlor. Noch immer laufen entsprechende Wetten, immer noch mit Millionen Verlusten.

Die schlechten Geschäfte sind in Mülheim aufgefallen. Das Rechtsamt der Stadt hat schließlich ein Gutachten erstellt, um zu prüfen, ob die Stadt gegen die WestLB, den damals verantwortlichen Kämmerer Gerd Bultmann oder andere leitenden Beamten auf Schadensersatz klagen könnte. Auf Basis des Gutachtens verzichtete die Gemeinde auf rechtliche Schritte und zahlte lieber weiter Geld an die WestLB.

Die WAZ-Mediengruppe wollte nun auf Basis des IFG in dieses Rechtsgutachten schauen, um zu sehen, warum die klamme Stadt nicht um die Millionen kämpft. Dies wurde ihr von der Kommune verweigert.

Das Verwaltungsgericht Düsseldorf entschied nun, dass die Stadt mit ihrer Geheimhaltung das Recht gebrochen hat (AZ: 26K3489/11). Es gebe keinen zulässigen Grund, das Papier vor der Öffentlichkeit zu verstecken, entschied das Gericht. Die Grundlagen für die Weigerung Schadensersatz einzutreiben, müssen offen gelegt werden.

Geklagt hatte Mirco Stodollick, stellvertretender Redaktionsleiter der WAZ Mülheim an der Ruhr. Er wurde vom Justiziar der WAZ-Mediengruppe, dem Bochumer Rechtsanwalt Ralf Geppert vertreten.

Es ist der erste derartige Sieg für die WAZ-Mediengruppe.

 

(Aus Westen.de / von David Schraven)

 

(zu: Handbuch-Kapitel 50 „Presserecht“)

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