Vom Elend der Synonyme: Unsere Weltmeister und die Gauchos – Und dann macht es Bumm (Friedhof der Wörter)
Was für eine Aufregung! Da singen einige Fußballer, die fürs Balltreten bezahlt werden, vor Millionen Zuschauern: „So gehn die Gauchos“ – und laufen gebückt über den Laufsteg; dann singen sie „So gehn die Deutschen“ und strecken ihre WM-Gestalten in den blauen Berliner Himmel.
„Peinlich“, gar „rassistisch“ – so kommentieren Journalisten. Dabei sind unsere Fußballer nur Opfer der unseligen Synonym-Marotte geworden. Da unsere Weltmeister unbedingt ein zweisilbriges Wort brauchten, das zum zweisilbrigen die „Deutschen“ passt, kam ihnen Gauchos in den Sinn.
„So gehn die Argentinier“ passt eben nicht, also nahmen sie „Gauchos“ als Synonym.
Und so brach das Unheil über den Unsinn herein!
Was sind Gauchos? Dass Fußballer wie Messi zu den „Gauchos“ zählen, dürfte sehr unwahrscheinlich sein. Gauchos sind Cowboys – aber nicht nur in Argentinien, sondern auch in Brasilien, Uruguay und Paraguay. Ursprünglich bedeutet „Gaucho“ vermutlich „Bandit“ oder „armer Mann“; die spanischen Kolonialherren verstanden unter dem Gaucho einen „Vagabunden“.
Dass unsere Weltmeister so intensiv über die „Gauchos“ nachgedacht haben, dürfte ebenfalls unwahrscheinlich sein. Sie brauchten einfach ein Synonym – und das geht oft schief, nicht nur bei jungen Männern in kurzen Hosen, die für schöne Tore bezahlt werden und nicht für schöne Lieder.
Ältere Weltmeister sangen auch nicht schöner: Franz Beckenbauer trällerte „1:0 für die Liebe“ und Gerd Müller „Dann macht es Bumm“. Nicht zu vergessen ist Petar Radenkovid, der „Bin i Radi, bin i König“ sang. Aber der war auch kein Weltmeister.
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Thüringer Allgemeine, Friedhof der Wörter, 21. Juli 2014
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Hätten sie statt „Gauchos“ von „Argentiniern“ gesungen, wäre die Aufregung nicht geringer gewesen. Zentraler Punkt ist der Wunsch nach einem fairen Umgang mit einem unterlegenen Gegner.
Anton Sahlender
Würzburg
Es gibt einen Unterschied, der zählt: Bei „Gaucho“ kommt ein verächtlicher Ton herein, eben Viehhirte, Armer, Vagabund. Das ist der Ton des überheblichen Deutschen, den wir nicht mehr mögen – und zu Recht.
Der Argentinier ist neutral, meint zum Beispiel den Spieler, der in der Tat gebückt durchs Stadion schlich: Schau Dir nur mal Messi an, den selbst der Ehrentitel „Bester Spieler der WM“ nicht aufrichten kann.
Shkodran Mustafi ärgerte sich über die Kritik an ihrem Auftritt in Berlin und schimpfte: „Für uns war das einfach ein Gesang.“ So blauäugig darf selbst ein Fußballspieler nicht sein: Es kommt schon auf die Worte an.
Aber unabhängig davon: Mit einem Gegner geht der Sieger anständig um, darüber sind wir uns einig, Anton.