Annika Bengtzon (4): Reporter, Maulwürfe und das Web
Für den Chefredakteur in Liza Marklunds Kriminalromanen ist „richtiger Journalismus“ die Arbeit der Reporter – „richtige Maulwurfsarbeit… zu wissen, wie man dem Justizobmann einen Tag früher als geplant einen Bericht aus dem Kreuz leiert“. Als der Chef Annika Bengtzon in die Redaktion zurückholt, gibt er ihr eine Tasche mit einem neuen Laptop:
Von nun an sind Sie Tagesreporter, Sie haben flexible Arbeitszeiten und einen freien Arbeitsplatz, müssen aber dem Desk zur Verfügung stehen. Sie dürfen nicht in der Weltgeschichte herumfahren, ohne dass wir wissen, wo Sie sind und was Sie tun. Und wenn Sie in der Redaktion arbeiten müssen, gibt es eigens dafür eingerichtete Plätze, die den Tagesreportern zugedacht sind, jedenfalls vorerst. Wir werden sehen, wie viel genutzt werden. (Nobels Testament, 214f.)
Der Nachteil der wechselnden Arbeitsplätze: Keiner räumt auf – wie in einer WG. Annika findet Apfelgehäuse, Notizen und alte Kaffeebecher.“ Jetzt würde sie also auch noch bei der Arbeit zur Putzfrau mutieren. Sie biss die Zähne zusammen, nahm einen Papierkorb und fegte alles unsortiert hinein. Dann holte sie ein feuchtes Papierhandtuch vom Damenklo und wischte die Kaffeeflecken und Apfelreste von einem der Tische. Schließlich packte sie ihren Laptop aus.“ (Nobels Testament 349)
Aus den Einzelplätzen wird – einen Roman später in „Lebenslänglich“ – ein langer Arbeitstisch für die Tagesreporter, an dem sie offenbar gemeinsam sitzen.
Reporter und Pressekonferenzen
In Pressekonferenzen hatten Reporter etwas Undurchdringliches, nie würden sie zulassen, dass ihre Körpersprache eine Gefühlsregung verriet.
(Nobels Testament 105)
Die Reporter und das Web
Ein wenig verzweifelt wirkt er schon, der Chefredakteur, als er seine, in die Zeitung verliebten Reporter ermahnt:
Denkt ans Web, wenn ihr unterwegs seid. Deadline gibt es nicht mehr, es wird ständig aktualisiert. Das hier ist Teamwork, vergesst das nicht!
Das hat Liza Marklund vor sieben Jahren geschrieben, durch viele Redaktionen schallt dieser Ruf immer noch, ebenso viele Redaktionen warten noch darauf.
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