Brauchen wir korrektes Deutsch? (Friedhof der Wörter)
Was ist denn das für eine Denkhaltung: Hauptsache verständlich, korrekt muss es nicht unbedingt sein.
So zürnt Hiltrut Schmerbauch aus Ingersleben mit dem Autor des „Friedhofs der Wörter“. Sie zürnt zu Recht: Wer denkt, wir müssten nicht korrekt schreiben, der ist ein Tor.
Beides gilt: Verständlich muss die Sprache sein und korrekt – und darüber hinaus noch farbig und unterhaltsam. Die Reihenfolge ist mit Bedacht gewählt: Die Verständlichkeit steht vorn – denn wem nützt die beste Sprache, wenn sie einer nicht versteht, der sie verstehen soll, gar verstehen muss.
In der Prozession der Wichtigkeit folgt das Korrekte wie ein Zwilling – denn nur, wenn wir uns an die Regeln halten, halten wir die Sprachgemeinschaft zusammen. Hiltrut Schmerbauch schreibt, wieder zu Recht: „Die Grundlage einer jeden Kommunikation ist nun mal die Sprache, und die sollte eben richtig sein.“
Wer nach Beliebigkeit oder Laune, wegen Faulheit oder Ignoranz die Regeln ändert, der verwirrt uns und schadet der Verständlichkeit.
Es folgen zwei Einwände, die bedenkenswert sind:
- Erstens verändere sich Sprache unentwegt, weil Neues zu benennen ist wie der Computer, das Internet oder die Energiewende; weil Wörter aus anderen Sprachen uns erst bedrängen, dann gefallen wie Flirt und Steak, Tsunami und Blamage; weil junge Leute anders sprechen wollen als die Alten und sich freuen, wenn diese „geil“ gar nicht geil finden.
- Zweitens sei der Duden eine wankelmütige Instanz, der jeden Fehler zur Regel erhebt, wenn er nur oft genug zu lesen ist.
Doch ist es aller Mühe wert, nicht zu kapitulieren vor denen, die unsere Sprache verschandeln – vor Werbern, die uns den „Service Point“ unterjubeln, vor digitalen Ureinwohner, die ihre Tastatur in ein „keyboard“ verwandeln, vor Experten, die lieber von einem „justiziellen Verfahrensablauf“ sprechen statt von einem Gerichtsprozess, oder vor Journalisten, die jeden sprachlichen Unsinn verbreiten statt ihn zu ächten.
Wer die Regeln ändern will, muss dies gut begründen können. Dies allerdings muss möglich sein – auch gegenüber dem Duden, dem Spiegel oder Peter Sloterdijk.
Verbünden wir uns also mit Hiltrut Schmerbauch aus Ingersleben und retten die korrekte Sprache – und die verständliche.
geplant für Thüringer Allgemeine 2. April 2013
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