Die FAZ druckt einen Text, den die taz nicht drucken wollte

Geschrieben am 18. September 2013 von Paul-Josef Raue.

„Und wer kontrolliert die Zeitungen?“ Es gibt kaum eine Diskussion mit Politikern und nicht selten auch mit Leser, in der nicht diese Frage gestellt wird. Die Antwort ist einfach: Die Medien kontrollieren die Medien.

Ein gutes Beispiel lieferte die Sonntagszeitung der FAZ: Sie druckte auf der zweiten und dritten Seite einen Beitrag, den die taz-Chefredakteurin Ines Pohl nicht drucken wollte. Thema von Christian Füllers „Die große Legende“ ist die Förderung von Kindesmissbrauch und Pädophile durch die Grünen in ihren Anfangsjahren.

Die FAS kündigte den Beitrag auf der Titelseite an: „Die taz-Chefin wollte den Text nicht drucken. Genannt wurden dafür alle möglichen Gründe, auch in der Redaktionskonferenz.“ Die Gründe waren: Falsche Tatsachen, falsche Kausalketten, handwerkliche Schwächen. Der Hauptgrund war wohl der Wahlkampf und die schädliche Wirkung des Artikels auf die Grünen, die der taz nahestehen.

Füllers Artikel endet:

Der grüne Moralist ist nackt – und alle können es sehen.

Am Rande sei eine Pikanterie erwähnt: Die taz-Chefredakteurin beschwerte sich in der Redaktionskonferenz, dass der Streit öffentlich wurde. Der Autor dieses Blogs erinnert sich gut daran, wie genüsslich die taz Diskussionen anderer Redaktionen in ihrem Blatt ausbreitet – in der Regel ohne die Angegriffenen zu befragen.

FAS 15. September 2013

Kommentar von Anton Sahlender via Facebook

Da gibt es durchaus noch etwas mehr Kontrolle: Gesetze, Presserat, Leser und da und dort Ombudsleute

7 Kommentare

  • Da wirft die FAZ wohl einen Stein, der sie nass macht. Da jede Zeitung selbst für ihre Inhalte verantwortlich ist, wird wohl jede auch schon mal Texte nicht veröffentlicht haben. Dieses Beispiel ist Wahlkampf der besonderen Art: die konservative FAZ gegen die grüne Taz. Die Angst bei der FAZ muss groß sein, dass es für Schwarz-Gelb nicht reichen könnte.

  • […] 1. Die FAZ druckt einen Text, den die taz nicht drucken wollte […]

  • Der Vollständigkeit halber hier eine Ergänzung zum „unterdrückten Text“ aus dem Blog zum Medienrecht von Markus Kompa:

    Die taz hat erfolgreich die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung abgemahnt. Dort hatte man berichtet, die taz-Chefin habe einen Text über die pädophile Vergangenheit der Grünen nicht gedruckt, weil er dieser zu steil gewesen sei. Daher habe die FASZ den Beitrag verbreitet.

    Die taz machte jedoch geltend, der Text habe zum damaligen Zeitpunkt handwerkliche Mängel aufgewiesen; in der von der FASZ gedruckten Form hätte man ihn auch gebracht, was sie inzwischen auch getan hat. Der FAZ-Verlag hat sich der Abmahnung unterworfen. Die taz ist mit juristischen Aktionen eher zurückhaltend, allerdings hat ihr der offenbar ungerechtfertigte Vorwurf der vermeintlichen “Zensur” geschadet.

    • Der Text in der F.A.S. war wirklich wesentlich besser und im Grunde mit dem ursprünglichen Text nicht zu vergleichen.

    • Ich empfehle den Blog von Stefan Niggemeier, darin schrieb er unter anderem:

      Zu lesen bekamen die Grünen diese Abrechnung nicht: Ines Pohl verhinderte es. Sie wies die Ressortleitung an, den Artikel aus der Wochenendausgabe zu entfernen. Er strotze vor falschen Tatsachenbehauptungen und habe keinen aktuellen Kontext.

      Der zweite Punkt lässt sich angesichts der Debatte, die in der vergangenen Woche geführt wurde, schwer nachvollziehen. Aber Pohl blieb auch Belege für die falschen Tatsachenbehauptungen schuldig. »taz«-Justiziar Peter Scheibe hatte den Text freigegeben.

      In der Konferenz am Freitag nannte Pohls Stellvertreter Reiner Metzger dann einen anderen Grund, warum Füllers Text nicht erscheinen durfte. Die Öffentlichkeit verfolge sehr genau, wie gerade die »taz« mit der Pädophilie-Geschichte der Grünen umgehe. Metzger wurde so verstanden, dass man sich wenige Wochen vor der Wahl einen solchen Angriff auf die Partei nicht erlauben könne.

      Die »taz« als eine Art grünes Gegenstück zum »Bayernkurier« der CSU? Die »taz« vom vergangenen Dienstag lässt diesen Vorwurf nicht mehr ganz so abwegig erscheinen. Ganz im Stil eines Ronald Pofalla erklärte sie auf ihrer Titelseite die Diskussion um die pädophilen Verstrickungen der Partei in ihren Anfangsjahren für erledigt. »Aufgeklärt!« jubelte die »taz« in den Farben und mit dem Logo der Grünen…

  • Stefan Niggemeier schrieb seinen Text am 18. August. Mittlerweile floss ein wenig Wasser Main und Spree hinab. Bei allen spannenden Mutmaßungen und durchgestochenen Redaktionsinterna bleibt die Frage: Warum hat der Verlag der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung eine Unterlassungserklärung in der Sache abgegeben und sich verpflichtet, nicht mehr zu behaupten, die Zeitung habe den Artikel veröffentlicht, den die taz zurückgewiesen hat ?
    Kein Bock, um die Wahrheit zu kämpfen? Oder: Wahl vorbei. Klappe zu, Affe tot? Oder: Vielleicht haben wir es doch ein wenig übertrieben?

    • Liebe Frau Specht, die Antworten finden Sie im taz-Blog. Die FAZ hatte den ursprünglichen taz-Text verändert, weil eben ein wenig Wasser den Main und die Spree hinabgeflossen waren. Das stand im Innenteil auch korrekt, aber eben nicht auf der Titelseite: Da hatte sich die FAZ, in der Kürze, vergaloppiert.

      Das bringt die taz in Ihrem Blog vorbildlich kontrovers. Der letzte Blogeintrag sei zitiert:

      Ulrich Hake | vor 13 Tagen
      Tenor und These sind gleich. Füller hat sich selbst dazu geäussert, da zwischen Verweigerung der taz und der Veröffentlichung in der F.A.Z. einiges passiert ist. Warum er den Text nicht gemeinsam mit der F.A.Z. entsprechend bearbeiten sollte, klarer und stärker machen sollte, allein die Frage und das müssige Erbsenzählen erinnert an Korinthenk…

      Nein, die taz und Frau Pohl hätte im August den Text von Füller auch in der Version der F.A.Z. nicht gedruckt, da mag sie nun behaupten was sie will und das andere Ende der Geschichte bleibt, dass die taz sich auch auf Grund dieser Geschichte fast genötigt sah, sogar den Walter-Text zu verschärfen, um sich ja nicht weiter dem Verdacht ausgesetzt zu sehen, nicht nur Grünen-afin, sondern Parteizeitung der Grünen zu sein.

      Reine Texthermeneutik schafft dieses Problem nicht aus der Welt… Das wird absehbar, weil nicht abgeschlossen, in den nächsten Tagen und Wochen, ein paar weitere Konsequenzen haben. Nur, die werden nicht hier verhandelt, egal ob ich auf diese Erbsenzählerei antworte oder nicht. Witzig auch, dass diese schulmeisterliche Krämerseelenanalyse, die doch am Eigentlichen vorbeigeht und nichts aus dem Weg räumt, solange brauchte.

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