Die Premium-Auswahl
Am Tag des großen Euro-Gipfels (am 9. Dezember 2011) liefen die Nachrichten im Minuten-Takt. Er sei abgestumpft von der Masse der Euro-Meldungen, zitiert der „Spiegel“ den Derivate-Händler Ben Koch an der New Yorker Wall Street: „Es gibt zu viel Gelaber.“
Statt Fakten gebe es Meinung.
„Was bleibt den Politikern anderes übrig, als eine positive Message an das Volk zu schicken, auch wenn sie sie nur so verpacken.“ (Spiegel 50, Seite 69, Link)
Radio, Fernsehen, Interview haben wenige Fakten, haben auch keine Chance zur Recherche, sie reihen Stellungnahme an Stellungnahme, Meinung an Meinung: Regierung sagt X, Opposition sagt Y, Experte A orakelt so, Experten B orakelt anders. All dies prasselt auf die Leser, Hörer und Zuschauer ungeordnet nieder.
Die Chance der Zeitung ist die Premium-Auswahl der Fakten, die Recherche und – stark unterschätzt – die Analyse. Gerade wenn’s unüberschaubar ist, sind Analysen hilfreicher als Kommentare; deshalb sind viele Leitartikel und Kommentare auch Mogelpackungen, sie sind Analysen, die sich als Meinung tarnen und so gerne auf schlüssige, an Fakten orientierte Begründungen verzichten.
Analysen müssen keine klare Meinung haben, sie müssen sich nicht auf eine Seite schlagen, sie können im Sowohl-Als auch verharren. Aber sie müssen Fakten und Einschätzungen so ordnen, dass sie dem Leser die Zuversicht gibt, die Welt gehe noch nicht unter und er wisse den Grund dafür.
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