Die Wandlung von Deutschlands First Lady: Von kritischer Journalistin zu weltfreundlicher Frau (Friedhof der Wörter)
Daniela Schadt, Lebensgefährtin unseres Bundespräsidenten, war in ihrem Leben vor dem Schloss Bellevue eine hochrangige Journalistin – die in ihren Artikeln vor Multikulti warnte. Heute geht sie damit kritisch um: „Als Politikredakteurin ist man meist mit dem beschäftigt, was falsch läuft im Land.“
Die Menschen in Deutschland, die „solidarische Gesellschaft“, haben sie verändert, sagt sie in einem Interview. „Ich bin weltfreundlicher geworden.“ Ein schönes Wort: Weltfreundlich.
Wir nennen gute Menschen „weltoffen“; wenn sie sogar den Müll trennen „umweltfreundlich“. „Weltfreundlich“ ist selten. Thomas Mann schreibt es in seinem Josephs-Romanen, in denen er seine Leser in die Götterwelt Ägyptens führt:
Die Priester, die Thomas Mann „triefäugig“ nennt, hatten ihre Probleme mit all den vielen Göttern. Den Ausweg, den das kleine Volk der Juden finden sollte, entdeckten sie noch nicht: Ein Gott statt der vielen.
Aber die wichtigsten Götter in einen Gott zu stecken, kam ihnen schon in den Sinn. So begann vor viertausend Jahren die Verehrung von Amun-Re, eine Art Komplett-Gott, aus dreien zusammengesetzt und für das Wichtigste zuständig: Die Sonne, den Wind und die Fruchtbarkeit. In ihm war alles drin, was die Bewohner im Tal des Nils für ihr Leben brauchten.
Jeder Tourist, der über den Nil kreuzfährt, besucht den größten Tempel Ägyptens, den des Amun-Re in Karnak, eine halbe Fußstunde von Luxor entfernt: Er besitzt allein zehn Pylone, also Eingänge, deren größter so hoch ist wie ein Fußballfeld lang.
Amun-Re, den König der Götter, nennt Thomas Mann in seinem Josephs-Roman „starr und streng, unhold dem Ausland und unbeweglich“, also ein Fremdenfeind. Atum allerdings, der Uralte, Amuns Vorgänger, war das Gegenteil: „So ausländisch angehaucht, beweglich und weltfreundlich-allgemein von Neigung.“
Daniela Schadt hätte sich in alter Zeit von einer Priesterin des Gottes Amun zu einer des Atum bekehrt. Weltfreundlich eben.
Der Duden sollte das Wort aufnehmen, direkt hinter „weltfremd“.
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Quellen:
- (Schadt-Interview): Rheinische Post, 26. März 2016: „Für die Queen hätte ich mich umgezogen“
- (Thomas Mann): Joseph und seine Brüder, Band 2 (Joseph in Ägypten), Kapitel „Amun blickt scheel auf Joseph“ (Taschenbuch Fischer S. 697 )
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