Ist das Gewissen für Journalisten ein charakterliches Handicap? (Zitat der Woche)

Geschrieben am 28. Juni 2013 von Paul-Josef Raue.

Als Journalist hatte Henning Ritter mit einem charakterlichen Handicap zu kämpfen: Er war nur bereit zu schreiben, was er vor dem strengsten ihm bekannten Gerichtshof, seinem Gewissen, verantworten konnte, und so zögerte er oft, zu der in seinem Gewerbe als notwendig empfundenen Konklusion zu gelangen.

Martin Mosebach über Henning Ritter, der am 23. Juni in Berlin gestorben ist. Der FAZ-Redakteur redigierte die Seite „Geisteswissenschaften“, schrieb Sachbücher über Grausamkeit, Mitleid und sein großes Vorbild Rousseau. Er notierte sich unentwegt seine Gedanken und gab sie 2010 als Buch heraus: „Notizhefte“

Im FAZ-Essay berichtet Mosebach von seinen Begegnungen am Freitagnachmittag im Kaffeehaus, wo Ritter „unter einer Glasglocke der Konzentration“ seine Notizen schrieb. Sollte man vielleicht den Nachrichtenraum in einem Cafe einrichten?

Bei einem der letzten Gespräche mit Mosebach erzählte Ritter, wie er die Nachricht seines Arztes vom nahen Tod aufgenommen habe: „Ich fühlte eine ungeheure Erleichterung – du musst nie wieder schreiben.“

Quelle: FAZ vom 27. Juni „Unbedingter Glaube an die Kraft des Gedankens“

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