Noch einmal der Deppenapostroph: „Andrea’s Haarstübchen“ ist doch richtig
„Eigentlich hatte ich mir vorgenommen, mir Ihre Ansichten in Sachen Sprache nicht weiter Quell des Ärgers sein zu lassen“, schreibt mir ein Leser des „Friedhofs der Wörter“ und ärgert sich über „Freud und der Deppenapostroph“. Die „Tatsachenbehauptungen, die einfach falsch sind“ lassen ihn nicht ruhen:
• „Andrea’s Haarstübchen“ ist keineswegs die einzig korrekte Form. Es gibt auch kein Standardwerk (sei es die Amtliche Regelung, der Duden, oder, sagen wir, der Wahrig), das diese Ihre Behauptungen deckt.
• Vielleicht können Sie mir noch insoweit auf die Sprünge helfen, indem Sie mir nur die leiseste Begründung dafür lieferten, warum es in den beiden Fällen „Ableitungen mit sch und Genitiv von Eigennamen“ überhaupt einer solch apostrophalen Reform bedurft hätte.
Nun ist das Regelwerk unserer Sprache ein Labyrinth. Wer kennt schon alle Irrungen und Wirrungen? Und wer kennt sich aus beim Apostroph, dem – salopp ausgedrückt – nach oben gerutschtem Komma?
Der Apostroph ist das Auslassungszeichen. Wir schreiben: „Geht es gut“, aber sagen „Geht’s gut?“. Das verschluckte „e“ im „es“ markieren wir mit dem Auslassungszeichen.
Der Apostroph, nach der Rechtschreibreform, ist aber nicht nur das Auslassungszeichen, sondern auch ein Trennungszeichen, um den Sinn eines Begriffs zu verdeutlichen. So war es schon üblich vor hundert Jahren. Wir lesen heute in Regel 16 des „Duden“:
„In Verdeutlichung der Grundform eines Personennamens wird der Apostroph gelegentlich gebraucht: Vor der Adjektivendung -sch. Beispiel: die Grimm’schen Märchen (neben: die grimmschen Märchen).“
Als weiteres Beispiel für den Apostroph vor dem Genetiv-s gibt der Duden an: „Andrea’s Blumenecke (zur Unterscheidung vom männlichen Vornamen Andreas).“
Der „Wahrig“, ein geachteter Konkurrent des „Duden“, tauft Andrea um in Christina und schreibt in seiner Ausgabe von 2013: „Der Apostroph wird gesetzt „zur Verdeutlichung von Eigennamen: Christina’s Blumenshop“.“
Mein Kritiker schreibt noch: „Schillersche Verse waren von Schiller, dagegen schillersche wie von Schiller. Mag sein, dass diesen Unterschied nicht jeder deuten konnte. Aber jene, die es konnten, waren es wert, ihn zu machen.“
Diese Unterscheidung kann ich nirgends entdecken. Doch zur Schreibweise:
Der „Wahrig“ von 1975 kennt noch die „Schillerschen Dramen“, also ohne Apostroph, aber er beugte sich der Rechtschreibreform und verlangte ihn 2013 auch. Der „Wahrig“ tauscht 2013 Schiller gegen den Komponisten Schubert und legt – wie der Duden – diese Schreibweisen verbindlich fest – als Regel für Ableitungen von Namen, die mit -sch gebildet werden: „Schubert’sche Lieder“ und gleichrangig „schubertsche Lieder“.
Deutschlehrer müssen sich danach richten. Alle anderen, auch Journalisten, dürfen sich wundern.
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Überarbeitete Fassung von „Leser fragen“ in der Thüringer Allgemeine 11. Oktober 2014