Freud und der Deppen-Apostroph (Friedhof der Wörter)

Geschrieben am 27. September 2014 von Paul-Josef Raue.

An diesem Häkchen scheiden sich die Sprach-Geister: Braucht die Couch von Sigmund Freud ein Häkchen? Oder ist das Häkchen überflüssig, gar falsch, wenn sich einer auf die Freud’sche Couch legt?

In der Dienstag-Ausgabe der Thüringer Allgemeine stand auf der viel gelesenen „Thema des Tages“-Seite: „Thüringer auf der Freud’schen Couch“. War das ein freudscher Verschreiber, analog dem berühmten freudschen Versprecher?

„Deppen-Apostroph“ nennen Sprach-Puristen das Häkchen, der vor zwei Jahren an dieser Stelle schon einmal das Thema war – als Beleg für die besinnungslose Übernahme der englischen Sprache. „Ingo’s Bierstube“ und „Angela’s Haarstübchen“ waren immer öfter zu sehen und galten als klassisches Beispiel für den Verfall der Sprache.

Mittlerweile sind wir milder gestimmt. Der Duden, der große Dulder, lässt den Apostroph zu, etwa in „Willi’s Würstchenbude“: „In vielen Fällen können die Schreibenden selbst entscheiden, ob sie ihn setzen wollen oder nicht.“ 

Zu Goethes Zeiten, als das Englische keine Rolle spielte, war der „Deppen-Apostroph“ schon üblich: „Goethe’s Werke“ steht auf dem Titelblatt, als Cotta sie 1827 verlegte. Und Freud? 

Nach der Regel werden Adjektive, von Namen abgeleitet – klein geschrieben: freudsche Couch und goethesche Dramen und platonische Liebe. Schreiben wir aber den Namen groß und bilden das Adjektiv mit „sch“, um an einen Großen zu erinnern, dann müssen wir das Häkchen setzen, also „Freud’sche Couch“.

Übrigens ist  „Andrea’s Haarstübchen“ nicht nur möglich, sondern die einzig korrekte Form: „Andreas Haarstübchen“ machte aus der Frau einen Mann.

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Thüringer Allgemeine 29. September 2014

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