Der Deppenapostroph: Ein Häkchen zu viel (Friedhof der Wörter)    

Geschrieben am 11. September 2012 von Paul-Josef Raue.
Geschrieben am 11. September 2012 von Paul-Josef Raue in Friedhof der Wörter.

Vorab:
Wer weiß, wann aus dem „Genetiv“ ein Genitiv wurde?

Was ist ein Deppenapostroph? Ein Liebhaber der deutschen Sprache aus Ellrich hat ihn so getauft, und er hat ihn auf den TA-Lokalseiten entdeckt:

In der Lokalsport-Bildzeile: „Glückauf´s Katharina Bartsch lebt von ihrer Antrittsschnelligkeit“, auf der Leserseite: „Mohring’s Position“ und im TA-Tippspiel „Enrico Weber´s Kreisoberligatipp“.
 
Der Deppenapostroph, besser: Deppen-Apostroph, ist der englischen Grammatik entlehnt: Dort wird der Genetiv, wie in unserer Sprache, auch mit einem angehängten „s“ gebildet: aber er wird mit einem Häkchen, einem Apostroph, vom Wort getrennt. „Obama’s dog“, mit Häkchen, entspricht im Deutschen: „Obamas Hund“, ohne Häkchen.
 
Das Häkchen beim Genetiv kam in Mode, als der Deutsche seine Liebe zu amerikanischen Schlagern entdeckte und zu Klopsen, die zwischen zwei Brötchenhälften kleben. Harrys Kneipe hieß plötzlich: Harry’s Kneipe; und der kleine Frisörladen: Inga’s Haarladen.
 
Das Amerikanische war modern, so meinte man, eben nicht so provinziell wie das Deutsche. Wir machten jeden Unsinn mit, wenn er nur amerikanisch klang.
 
In der Tat ist die englische Sprache verführerisch einfach: Kein der-die-das, sondern nur ein „the“; wenige Ausnahme gibt es beim Konjugieren und Deklinieren, während jeder, der unsere Sprache lernt, schier verzweifelt, wann ein „n“ anzuhängen ist: dumme Hühner, die dummen Hühner, den dummen Hühnern.
 
Ausgerechnet beim Genetiv ist die deutsche Sprache einfacher als die englische, zumindest nutzen wir ein Häkchen weniger. Und was machen wir ins Englische vernarrte Deutschen? Wir setzen den Deppenapostroph, als wär’s ein Stück vom Deutschen.
 
Leserinnen schrieben mir nach der Veröffentlichung in der TA (10. September 2012) so und ähnlich:

Sehr geehrter Herr Raue,      
als regelmäßiger TA-Leser, aber unbedarfter Leserbriefschreiber muss ich heute mal meine Zurückhaltung aufgeben. Des öfteren hatte ich schon meinen Spaß an Ihren Artikeln nicht nur in dieser Spalte.

Heute hatte ich nicht nur meine Freude an dem „Deppen-Apostroph“ sondern an dem „Genetiv“, beim ersten Mal glaubte ich noch an einen Tippfehler. Als diese Schreibweise aber konsequent weiter beibehalten wurde, kam ich ins Zweifeln und sah in der einschlägigen Literatur nach.

Nun, je nach persönlicher Einstellung kann man den Fehler peinlich oder sehr witzig finden. Ich finde es köstlich, daß ausgerechnet in einer detaillierten Abhandlung über die Schreibweise des „Genitivs“(?) dieser Fehler unterlaufen ist!

Meine Antwort:

Sie haben Recht, und ich habe eine Vergangenheit. Früher schrieb man den Genitiv „Genetiv“, der Duden nimmt das Wort auch in der aktuellen Ausgabe noch auf – aber mit dem Hinweis „veraltet“.

Sie merken, auch ich bin kein junger Mann mehr, habe den „Genetiv“ noch gelernt und nicht aus dem Kopf entfernt.

Sie haben aber Recht: Heute schreiben wir „Genitiv“, und der „Genetiv“ ruht auf dem Friedhof der Wörter. Vielleicht schreibe ich am nächsten Montag davon.

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