Nur schlechte Nachrichten? Nein, auf den Mix kommt es an

Geschrieben am 9. September 2012 von Paul-Josef Raue.
Geschrieben am 9. September 2012 von Paul-Josef Raue in Aktuelles.

Wie lesen  Leser die Zeitung? Oft erschrecken sie, wenn sie die Titelseite mit durchweg schlechten Nachrichten überfällt, meist noch halb in der Nacht. Eine Leserin unserer Zeitung schrieb, dass sie „auf der ersten Seite unserer Heimatzeitung erst mal mit Negativ-Schlagzeilen konfrontiert wird“ wie:

„Der Strom wird teurer, das Brot wird preismäßig angehoben, und Sprit fürs Auto schwebt auch in utopische Höhen. Da ist man schon am frühen Morgen ,geplättet‘.“

Allerdings wirkten dann die Kolumnen auf der Leben-Seite, vor allem die Koch-Kolumne, wie „Balsam auf der Seele“: „Ob nun ,Herr Lehmann‘ zu Wort kommt oder der Teenie-Papa, die Hobbygärtnerin oder der ,Topfgucker‘. Haste das heute gelesen?, heißt es dann im Bekanntenkreis.“

Es kommt auf den Mix von schlechten und guten Nachrichten an – bei aller Chronistenpflicht, die nur ein schwaches Argument ist. Die Seele liest mit.

Auf den Brief der Leserin, die so gern die Kolumnen liest, bezieht sich die TA-Kolumne „Leser fragen – Chefredakteur antwortet“ an diesem Samstag (8. September 2012):

Redakteure wie Leser schauen zuerst auf das Negative. Ist der Mensch so? Ja, so ist er.

Den Klempner interessieren nicht die 999 Wasserhähne, die nicht tropfen – sondern der eine, der tropft. Der Leser unserer Zeitung möchte nicht wissen, dass unser Wasser bedenkenlos zu trinken ist, sondern nur wissen, wenn Bakterien ihr Unwesen treiben.

Im Grunde haben wir ein Urvertrauen entwickelt oder von Natur aus geerbt, dass die Welt gut ist und die Menschen nett, hilfreich und gut. So interessiert uns, wenn die Ordnung der großen Welt gestört ist und der kleinen Welt ebenso.

Deshalb mögen wir Krimis, und die Menschen mögen sie seit Adam und Eva; Krimis finden wir schon in der Bibel, in den griechischen Sagen, bei Shakespeare und Schiller.

Nur schlechte Nachrichten – die hält kein Mensch aus. Deshalb präsentieren wir unseren Lesern auch gute Nachrichten, kuriose, nette, menschenfreundliche – vorzugsweise in unseren Kolumnen, aber auch gut verstreut auf den meisten Seiten unserer Zeitung, vor allem im Lokalen.

Der Mensch ist nur selten schwach oder gar schlecht. Die meisten Menschen sind eben nett, und an diese Menschen denken wir, wenn wir unsere Zeitung machen. (TA 8.9.12)

(zu: Handbuch-Kapitel 53 Was die Leser wollen)

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