Wahl-Slogans: Besser gut geklaut als selbst schlecht erfunden (Friedhof der Wörter)

Geschrieben am 31. August 2014 von Paul-Josef Raue.

Wahl-Slogans sind selten sprachliche Edelsteine. Wenn sich Freunde der deutschen Sprache und Skeptiker des politischen Geschäfts über die Slogans hermachen, wird der Untergang des Abendlands beschworen wie bei Rainer Link:

Ein erfolgreicher Politiker muss nicht nur ein guter Redner sein, er muss ein Verkäufer sein, der die Kunst des Schönredens, notfalls des Verschleierns beherrscht.

Doch die Slogans werden erfunden von Werbe-Managern, die zu anderen Zeiten für Wirtschafts-Unternehmen dichten, wobei ihnen bisweilen Sätze einfallen, die sprichwörtlich werden wie „Alle reden vom Wetter. Wir nicht“ oder „Geiz ist geil“.

Was ist ein guter Werbespruch? Er fällt auf, zielt aufs Gemüt und hat im besten Fall sogar eine Aussage, die zum Parteiprogramm passt – und sich deutlich vom politischen Gegner abhebt. 

„Mut zu Thüringen – Unser Land geht vor“, plakatiert die CDU zur Landtagswahl in Thüringen. Aber baumelte ein ähnlicher Spruch nicht vor wenigen Monaten schon an den Laternen? „Mut zu Deutschland“ lautete der Slogan der AfD in der Europawahl.

Der „Mut für Deutschland“ deutete bei der AfD auf den Unmut über Euro und Europa hin. Nun plant die Thüringer CDU sicher keinen eigenen Staat mit Sitz in der UN, aber die Werbemanager haben zumindest ungeschickt einen Slogan geborgt und die Nähe zu einer Partei angedeutet, mit der die Ministerpräsidentin nichts zu tun haben will.

Besser geborgt hat die Linke. Neben dem  Bild des Spitzenkandidaten Bodo Ramelow  lesen wir: „Es muss nicht alles anders werden, aber wir können vieles besser machen.“ Ähnlich lautete der Slogan von Gerhard Schröder im erfolgreichen Wahlkampf 1998. Der Satz gefiel dem neuen Kanzler so gut, dass er ihn gleich eingangs seiner Regierungserklärung wiederholte.

Allerdings war Schröders Erfolgs-Slogan  einprägsamer: „Wir machen nicht alles anders, aber vieles besser“ – 8 Wörter statt 12 bei Ramelow: Je kürzer, desto besser, das ist ein Werbe-Gesetz.

Aber auch Schröders mehrfach imitierter Spruch findet keine Gnade bei Kritikern wie Rainer Link, der ihn allerdings als „einen der geschicktesten Slogans“ einschätzt:

Ja, was wollen Sie denn dann noch sagen? Das ist so inhaltsschwer und gleichzeitig leer, dass es eigentlich nicht mehr zu über- oder unterbieten geht.

Die Thüringer SPD wird sich ärgern, dass die Linke ausgerechnet einen SPD-Erfolgs-Slogan ausgeliehen hat. „Besser bleiben“ heißt ihr leicht rätselhafter Spruch: Will Mensch oder Partei nicht besser werden? Oder gut bleiben? 

Immerhin borgte die SPD bei einer thüringischen Geistes-Größe, die im West-östlichen Divan im „Buch des Unmuts“ schrieb:

Denn die Menschen die sind gut
Würden besser bleiben
Sollte einer wie’s einer tut,
Auch der Andre treiben

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> Quelle Rainer Link: „Es gilt das gesprochene Wort“ DLF 7. Juni 2005

> Erweiterte Fassung des „Friedhof der Wörter“, Thüringer Allgemeine 1. September 2014

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