„Wir fahren nicht auf der Titanic“ (dapd-Interview 1)

Geschrieben am 3. August 2012 von Paul-Josef Raue.
Geschrieben am 3. August 2012 von Paul-Josef Raue in Aktuelles, Ausbildung, Online-Journalismus.

Die Nachrichtenagentur dapd kündigt ein langes Interview an, das heute gesendet wird:

Erfurt (dapd-lth). Der Chefredakteur der „Thüringer Allgemeinen“, Paul-Josef Raue, bezeichnet Google und Facebook als „Schmarotzer“. Diese Internetmedien seien „gemeingefährlich“ und „mächtig“, sagte er im dapd-Interview in Erfurt. Die Verlagsbranche habe sich von der Entwicklung im Internet überrollen lassen. „Hätten sich die großen Verlage, vor allem in den USA, wo alles begann, dieselben Gedanken gemacht wie Steve Jobs und Mark Zuckerberg, wären diese gigantischen, die Freiheit bedrohenden Netze unter Kontrolle von Journalisten und weisen Verlegern“, sagte Raue.

Ein Auszug aus dem Interview, das dapd-Redakteur Ulrich Meyer führte:

Sind Google und Facebook nur Schmarotzer oder symbiotische Partner der „klassischen“ Medien?

Raue: Sie sind Schmarotzer, sie sind gefährlich, gemeingefährlich, aber sie sind da, und sie sind mächtig. Wir sollten sie nutzen, benutzen, aber nicht mehr. Hätten sich die großen Verlage, vor allem in den USA (wo alles begann), dieselben Gedanken gemacht wie Steve Jobs und Mark Zuckerberg, wären diese gigantischen, die Freiheit bedrohenden Netze unter Kontrolle von Journalisten und weisen Verlegern. Aber das sagt sich so leicht, und es ist der Fehler von gestern.

Mehr Sorgen bereitet, dass auch in Deutschland Startups entstehen, die schnell millionenschwer werden: Sie werden selten von Verlagen gegründet, sondern von jungen Tüftlern, die kein Geld für teure Marktanalysen und ausführliche Business-Pläne haben und keine Lust auf lange Konferenzen.
Warum entdecken wir diese Leute nicht? Stimmt unsere Ausbildung, unsere Talent-Suche nicht mehr? Haben wir das Gespür für Ausgewogenheit verloren, wenn wir Risiko, Neugier, Spontanität und Mut in die eine Waagschale legen und Wirtschaftlichkeit, Seriosität, Kontrolle und Kontinuität in die andere?


(zu: Handbuch-Kapitel 5
„Die Internet-Revolution“)

1 Kommentar

  • Scheuklappen ab bitte. Verlagsinhalte machen nur einen minimalen Bruchteil der beiden Dienste aus. Deshalb von gemeingefährlichen Schmarotzern zu reden ist beschränkt; und tendenziell gemeingefährlich.

    Dem zweiten Gedanken zur Talentförderung, zur Problematik alter Geschäftsmodelle und neuer Arbeitsweisen kann ich allerdings vollauf zustimmen.

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