Liquiditätsanforderungen – Wortungetüme in Wahlprogrammen (Friedhof der Wörter)

Geschrieben am 8. September 2013 von Paul-Josef Raue.
Geschrieben am 8. September 2013 von Paul-Josef Raue in Aktuelles, Friedhof der Wörter.

Die Parteiprogramme sind schwer verständlich, zum Teil unverständlich – so urteilen die Forscher der Universität Hohenheim. Ging es in der vergangenen Kolumne um Wortungetüme bis zu 47 Zeichen, stehen heute die Fremd- und Fachwörter am Pranger.

Die CDU mag Anglizismen wie „Sharing Economy“, aber auch schwer verständliche Fachwörter wie „Reservekapazitäten“. Fachleute mögen die Wörter verstehen, aber der normale Wähler kapituliert – und weigert sich, im Programm weiterzulesen.

Die FDP plagt ihre Wähler mir „Liquiditätsanforderungen“ und „Evaluation“.

Die SPD jagt sie in die „Deindustrialisierung“, den „Ressourcenverbrauch“ und die „Innovationstätigkeit“.

Die Grünen mögen auch den „Ressourcenverbrauch“ wie der gewünschte Koalitionspartner, aber bieten auch den „Wohlstandsindikator“ und „Klientelinteressen“ an.

Die Linke setzt aufs „Profiling“, die „Substitionstherapie“ und „Private-Equity-Gesellschaften“.

Die Piraten treiben es am heftigsten und umarmen englische Wörter, als hätten all ihre Wähler mindestens ein paar Semester in Oxford verbracht: „Fissile Material Cutoff Treaty“, „Comprehensive Test Ban Treaty“ und kurz, aber unverständlich: „Plenen“.

Die Parteien haben sich viel Arbeit gemacht, aber sie erreichen ihre Wähler mit solchen Wörtern nicht. Warum nur, warum beherzigen sie nicht, was die CDU in einem „Leitfaden für gute Sprache im Wahlkampf“ ihren Kandidaten auf den Weg gibt: „Sprechen Sie einfach, bildhaft, emotional.“ Na bitte!

Thüringer Allgemeine, Friedhof der Wörter für den 9. September

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