Die Brandeins-Rüge und erste Folgen
Die Brand-Eins-Affäre macht Journalisten wuschig: Wie viel PR ist denn in unseren Zeitungen und Magazinen drin, ohne dass es die Leser merken?
Im Überschwang der Kritik wird auch kritisiert, was selbst der Presserat in all seiner Verzweiflung nicht rügen würde: Ein Werbe-Beilage in der Süddeutschen Zeitung.
Hanna Sammüller schreibt dazu einen Tweet, retweetet von Daniel Bouhs:
Sonderbeilage der @SZ über „Ausgezeichnete Arbeitgeber“. Dass die aufgeführten Unternehmen alle eine Anzeige drin haben, ist sicher Zufall.
Wenig später macht sie Tobias Brunner auf einen Irrtum aufmerksam, und sie schreibt:
Ja, bei genauem Hinsehen ist es auch eine „Sonderveröffentlichung IN der SZ“ und nicht der „SZ“. Trotzdem ein bisschen lustig
Das schmale Magazin „Ausgezeichnete Arbeitgeber“, das am Samstag (20.10.2012) der Süddeutschen beiliegt, ist in der Tat sauber:
1. Das Layout hebt sich deutlich von dem der Süddeutschen ab.
2. Das Impressum weist als Verlag und Redaktion „DS Media Team“ aus Norderstedt aus. Die Süddeutsche Zeitung taucht allerdings als „Objektleitung“ auf: Was und wer ist das?
3. Auf dem Titel steht deutlich: „Eine Sonderveröffentlichung in der Süddeutschen Zeitung„, wobei Süddeutsche Zeitung nicht im Markendesign geschrieben ist.
4. Offenbar ist keiner der Autoren ein Redakteur der SZ. Es gibt überhaupt nur drei namentlich gekennzeichnete Artikel und ein Editorial von dem Autor des Buchs „Mach dein Ding!“ Die übrigen Texte sind ersichtlich in den PR-Abteilungen der Unternehmen entstanden – als Zugabe für eine Anzeige nach der Rechnung „Halbe oder ganze Seite Anzeige + halbe oder ganze Seite Text“; allerdings haben zwei Unternehmen eine ganze Seite Anzeige gebucht und nur eine halbe Seite Text bekommen.
In diesem Stil „Anzeigen + PR dazu“ werden viele Beilagen in Zeitungen – und unter Regie der Anzeigenabteilung – erstellt.
Mehr zur Brand Eins-Affäre morgen in diesem Blog.
(zu: Handbuch-Kapitel 51-52 Pressesprecher und PR)
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