Nicht nur Augen verraten einen Menschen, auch Schuhe

Geschrieben am 4. August 2012 von Paul-Josef Raue.
Geschrieben am 4. August 2012 von Paul-Josef Raue in Aktuelles, Presserecht & Ethik.

Früher legte man einen fetten schwarzen Balken über die Augen, um einen Menschen unkenntlich zu machen. Die Augen verraten alles, vermuteten wir; aber Gorbatschow konnte jeder auch erkennen, wenn man seine Augen verschwinden ließ. Heute kann man das Gesicht pixeln, so dass kein Mensch, vor allem nicht Juristen einen Menschen identifizieren können.

Aber das reicht nicht. Die Münchner Boulevardzeitung tz muss laut Entscheidung des Amtsgerichts einer Frau 1200 Euro zahlen, weil zwar ihr Gesicht auf einem Foto nicht zu erkennen war, aber ihre Schuhe sie verrieten. Die müssen so unverwechselbar gewesen sein, dass eine Zuschauerin beim Prozess vor dem Landgericht rief: „Das ist doch die aus der Zeitung!“

Die Frau, die nun Schmerzensgeld bekommt, war lediglich zum Prozess gegen ihren Freund zum Landgericht gekommen. Pech für die Zeitung: Die Frau trug dieselben Schuhe wie auf dem gepixelten Foto in der Zeitung. Das Urteil ist rechtskräftig.

(Quelle: Süddeutsche Zeitung, 3. August 2012)

(zu: Handbuch-Kapitel 50 „Presserecht und Ethik“)

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