Sportjournalisten und Trainer: Zwischen Bussi-Journalismus und Niederschreiben
Die Beziehung zwischen Sportjournalisten und Trainern schwankt zwischen Extremen: Entweder Umarmung und Bussi-Journalismus oder Abneigung und Niederschreiben. Das professionelle Maß fehlt oft, also Distanz und klarer Blick.
Als BVB-Trainer Jürgen Klopp im April 2013 eine Pressekonferenz gab, stellte ein Reporter vom WDR eine Frage, die er abschloss:
Ich wäre dankbar, wenn Sie auf Floskeln verzichten würde wie „Die Jungens sind Profis genug“.
Jürgen Klopp bläst die Backen auf und kann sich auf seine Antwort konzentrieren, während die Frage in Italienische übersetzt wird:
Zunächst einmal möchte ich mich bedanken. Ich sehe Sie hier zum ersten Mal. Aber direkte Forderungen zu stellen, was ich zu sagen habe: Hut ab! Welches Ressort? Was machen Sie? Tierfilme? Oh, Sport. Okay, alles klar.“
Klopp steht auf und geht.
Besser kann man das Verhältnis von Sportjournalisten und Trainern nicht klar machen:
1. Trainer will Nähe, etwa: Wir müssen schon einmal ein Bier zusammen getrunken haben, bevor Sie mich fragen dürfen.
2. Er will keine Fragen, die er nicht mag. Und was er mag, bestimmt er. Eine kritische Frage lässt er nur mit der Bemerkung zu: „Eine gute Frage…“
3. Er will, dass der Journalist in seiner Community aufgenommen ist und die Regeln kennt. Nur so bekommt er auch Informationen, auch exklusive.
Ein Leser-Kommentar zeigt, wie es in dieser abgeschlossenen Welt zugeht:
Schön Jürgen! Endlich mal einer, der mit dem jungen Schnösel Klartext spricht.
Bussi – und Schluss.
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In die übertragene Pressekonfrenz zum Rücktritt von Jürgen Klopp bin ich zufällig hineingeraten. War überrascht, dass ein derart erfolgreicher Trainer kaum einen klar formulierten Satz über die Lippen brachte. Klare Ansagen zu machen gehört doch zum Stil eines Mannes, der ausgefuchsten Ballprofis unterstützt von einem professionellenn Team im Hintergrund, sagen und erklären muss, dass sie sich warum seiner Spiel-Logik zu fügen haben. Druckmittel Auswechselung. Da finde es nach wie vor großartig, dass Netzer sich mal selbst einwechselte und ein entscheidendes Tor schoß. Kein anderer elender Zweig des Journalismus ist wie in „Kir Royal“, „Schtonk!“, „Rossini“ aufgegriffen, darauf angewiesen, Bussibussi zu pflegen und Trainer sowie deren Mannschaften mal rauf und mal runter zu schreiben. Vielleicht irre ich mal wieder, aber es ist doch ein Unterschied, ob gewählte Politikerinnen und Politiker aufs Korn genommen werden. Dem Massengeschmack entsprechender Sport wird aus Steuergeldern auf vielfältige Weise extrem subventioniert. Über korrupte Strukturen muss man sich daher nicht wundern. Weil Fußball neben Radsportfahren etc eine aus gesellschaftlichen Gründen von wahrscheinlich archaischer „Triebabfuhr“ zutiefst emotionale Angelegenheit ist, zählt auch ein gewisser Sportjournalismus zu unserer Profession, die man akzeptieren muss. Abgesehen davon: Jeder Fan fühlt sich als Experte, als die klügere Expertin…