Antwortet eine Redaktion auf den offenen Brief der NPD zur Pressefreiheit? Und wenn ja: Wie?

Geschrieben am 10. August 2014 von Paul-Josef Raue.

NPD-Landesvorsitzender Patrick Wieschke schreibt als „Leser und Demokrat“ einen offenen Brief an den Chefredakteur der Thüringer Allgemeine über die Pressefreiheit. Unter anderem ist zu lesen:

Mit Sorge beobachte ich, daß die Pressefreiheit zunehmend mißbräuchlich verwendet wird. Durch das Grundgesetz ist nicht nur die Freiheit der Presse garantiert, sondern eben auch das Grundrecht auf Information (Art. 5) für alle Staatsbürger und das Recht auf freie Wahlen (Artikel 28 Abs. 1 Satz 2 sowie Artikel 38 Abs. 1).

Dieses wird meines Erachtens dadurch unterlaufen, indem Journalisten nach rein subjektiven Einschätzungen und vielleicht auch privaten politischen Meinungen ihre Berichterstattung vornehmen.

Im laufenden Landtagswahlkampf gipfelt die Beeinträchtigung oben genannter Grundrechte darin, daß die von Ihnen verantwortete Thüringer Allgemeine eine eigene Einschätzung dergestalt vornimmt, welche Parteien „wichtig“ sind und folglich welche nicht.

Chefredakteur Paul-Josef Raue antwortet in seiner Samstags-Kolumne „Leser fragen“:

Sehr geehrter Herr Wieschke,

unsere Zeitung stellt alle Parteien vor. Ausführlich werden Parteien mit ihren Programmen verglichen nach folgenden Kriterien:

> Mitglieder des aktuellen Landtags (CDU, Linke, SPD, FDP und Grüne)
> und die AfD als Partei, die nach den Umfragen gute Chancen hat, in den Landtag einzuziehen. Die anderen sechs Parteien, darunter die NPD, haben offensichtlich kaum Chancen.

Gleichwohl können sich unsere Leser auch ausführlich in allen Partei-Programmen informieren. Der Wahl-O-Mat wird bald auf unserer Internet-Seite wieder Tausenden von Lesern die Chance geben, ihre eigenen politischen Anschauungen mit denen der Parteien in Thüringen – also auch der NPD – zu vergleichen.

Mit Verwunderung habe ich Ihre Belehrung zu Pressefreiheit gelesen. Pressefreiheit in einer Demokratie erlaubt, ja fordert und fördert sogar subjektive Einschätzungen.

Wenn Sie subjektive und private politische Meinungen als „Beeinträchtigung“ ansehen, wollen Sie faktisch die Pressefreiheit abschaffen. So verfahren Sie auch: Die NPD verhindert immer wieder Berichterstattung von ihren Parteitagen.

Sie bemühen als Feind unserer Verfassung die Pressefreiheit, um sie abzuschaffen – so wie sie es mit den meisten unserer Grundrechten tun wollen. Jeder Redakteur der TA dagegen schätzt und schützt unsere Verfassung. Wir werden nicht untätig zusehen, dass Sie dies verhindern wollen.

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Thüringer Allgemeine 9. August 2014

8 Kommentare

  • Werter Herr Raue,

    ohne auf die Äußerungen von Herrn Wieschke eingehen zu wollen und somit meinen Kommentar neutral zu halten, gibt es dennoch berechtigte Zweifel an Ihrer Berichterstattung. Printmedien sind im Aussterben begriffen, wie man schon an diesem Blog feststellen kann. Die TA und auch Sie unternehmen scheinbar nichts um der Bevölkerung ein unvoreingenommenes Bild wider zu geben. Eine Zeitung die eine dermaßen einseitige Berichterstattung liefert wie ein „Spiegel“ schaufelt sich ihr eigenes Grab. Glauben Sie mal, es gibt genügend Leute die Ihre Lügen und Spekulationen satt haben. Das ausgerechnet ein Wieschke derart hoch in Ihrer Gunst steht, dass Sie seinen Brief derartig beantworten müssen … Sie haben Ihr Handwerk verlernt und das kann ich aus gutem Wissen und Gewissen sagen, weil ich schon vor 13 Jahren Ihre Berichterstattung über den Irak-Krieg intensiv verfolgt habe. Nie wurde zur damaligen Zeit auch nur ein Artikel über Uran-Munition veröffentlicht und allzu oft haben sie alle nur abgeschrieben von Anderen. Sie sollten sich für solch eine selbstverliebte und arrogante Selbstdarstellung schämen. Aber auch mit diesem Kommentar werde ich Sie schwer zur Vernunft und Einsicht bringen können. Sie sind nunmal felsenfest davon überzeugt, dass Ihre Meinung und die Ihrer Reaktion die einzige und die Wahre ist.

    Viel Spaß wünsche ich Ihnen aber trotzdem. Auf der Titanic.

    • Lieber Herr Rumgenigge,

      woher kennen Sie meinen festen Felsen? Meine einseitige Berichterstattung?

      Wir stellen die NPD vor: Das ist eine Seite. Wir stellen die Meinung von Herrn Wieschke vor: Noch eine andere Seite. Und wir sagen unsere Seite: Die dritte Seite. Einseitig?

      Und wenn Sie, Herr Rumgenigge, gemeinsam mit Herrn Wieschke an die Macht kamen: Hätte meine Meinung bei Ihnen eine Chance?

      • Werter Herr Raue,

        der Höflichkeit halber möchte ich Ihnen ein paar Fragen stellen um meine Vorurteile in trockenen Tüchern zu wissen oder aber von Ihnen geläutert zu werden.

        Was verstehen Sie unter unabhängigem Journalismus?
        Glauben Sie die TA berichtet unabhängig?
        Wieso glauben Sie ist eine persönliche Note in der politischen Berichterstattung erforderlich?
        Waren Sie an der Berichterstattung zum Irak-Krieg beteiligt?

        Nun zu Ihrer Frage, die sich als Konter recht gut eignet (das „kamen“ hat mir imponiert):
        Meinungen die ich vielleicht mit Hr. Wieschke teile, bedeuten nicht im gleichen Atemzug, dass ich dieselbe Ausrichtung habe wie er. (was Sie ja mit Ihrer Frage implizieren) Jemanden mit Gewalt den Mund verbieten zu wollen ist keine Option. Dennoch müssen Sie sich die Kritik gefallen lassen, dass gerade in der politischen Berichterstattung eine persönliche Note fehl am Platze ist. Oder: Durchaus zulässig wäre, wenn nicht alle Medien gleichgeschaltet berichten würden.

        Fakt ist: Sie (ihre Redaktion) setzen Ihre persönliche Meinung und Einschätzung suggestiv ein. Wenn es dabei nicht allzu oft um kritische Themen gehen würde, wäre dagegen nichts einzuwenden. Nur, Herr Raue, es ist nicht allzu lange her, da hielt ich eine TA in meinen Händen. Ukrainische Bürger die Ihre Heimat gegen Nationalisten verteidigen als Terroristen zu diffamieren … Gehört das auch noch zur Pressefreiheit, zu Ihrer Pressefreiheit? Sind Sie sich überhaupt im Klaren welchen Schaden Sie mit Ihrer Berichterstattung anrichten?

        Das Niemand möchte, dass junge Leute den Rattenfängern in braun in Scharen hinterherlaufen kann ich verstehen. Aber wer von den jungen Leuten liest heutzutage noch Zeitung? Glauben Sie wirklich mit Ihrer Meinung die wirklichen Hardliner noch einschwören zu können? Ich nämlich nicht!

        Und das der BND nur so wimmelt vor Braunen, haben Sie darüber schon einmal berichtet? Wieso eigentlich darf man einen Bundesbürger dem offiziell keine Schuld nachgewiesen wurde, seit über einem Jahr in U-Haft halten? Kennen Sie Beate Zschäpe? Wenn ich mich recht entsinne, gilt in Deutschland die Unschuldsvermutung. Haben Sie darüber einmal neutral berichtet? Hat auch wieder nichts mit meiner politischen Ausrichtung zu tun. Ich will Gerechtigkeit. Für Alle!

        Sind Sie als Chefredakteur nicht verantwortlich für die Berichterstattung der TA? Wenn nein, warum sind Sie noch Chefredakteur? Wegen dem Geld? Wenn ja, wie kann man mit so einem Gewissen leben? Ich glaube Ihnen wahrhaftig nicht, dass das Geschriebene Ihre ehrliche Meinung ist. Nur sind Sie und Ihre Redaktion in der Pflicht wieder an Glaubhaftigkeit zu gewinnen. Denn dann würde ich auch wieder Zeitung lesen.

        Und zum Thema Irak-Krieg habe ich monatelang alle Zeitungsartikel ausgeschnitten, gesammelt und archiviert. So ziemlich Jeder weiß heutzutage, dass es sich beim Kriegsgrund um eine Farce handelte. Auch wenn eine Entschuldigung ein Tropfen auf den heißen Stein wäre – sie wäre angebracht und willkommen.

        Tun Sie was immer Sie für richtig halten, nur fahren Sie nicht weiter eingleisig.

        • Verehrter Herr R.,

          ich bewundere, wie Sie eine „persönliche Note“ in Zeitungen kritisieren, und gleichzeitig ihre persönliche Note lang und breit einfließen lassen und Urteile ohne Ende fällen – weil sie vor einiger Zeit mal eine TA in den Händen hielten.

          Die Antworten auf die meisten Fragen finden Sie, wenn Sie in meinem Blog blättern und vielleicht sogar lesen. Eingleisig fahren kann nämlich gefährlich sein.

          • Werter Herr Raue,

            vielleicht verfalle ich einem Denkfehler, aber ich gehöre nicht zu einer Redaktion und bin lediglich Leser. „Einen guten Journalisten erkennt man daran, dass er sich nicht gemein macht mit einer Sache, auch nicht mit einer guten Sache“ – Hanns Joachim Friedrichs

            Auch ist es kein Gegenargument, dass ich eine einzelne TA in meinen Händen hielt, da ich sie nunmal jahrelange gelesen (Achtung) habe.

            Es geht hier nicht um mich, Herr Raue.

  • http://m.youtube.com/watch?v=Dcz_yQYDkBQ

    Das Video sagt mehr als tausend Worte

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  • […] fragt ein Leser, nachdem er die Chefredakteurs-Kolumne “Leser fragen” gelesen hatte, in der ein Offener Brief der NPD zu Wahlkampf in Thüringen und Pressefreiheit eine […]

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