Immer mehr Fehler in der Zeitung oder: Die schwierigsten Wörter (Friedhof der Wörter)

Geschrieben am 28. Mai 2013 von Paul-Josef Raue.
Geschrieben am 28. Mai 2013 von Paul-Josef Raue in Aktuelles, Friedhof der Wörter.

Die täglichen Fehler in der Zeitung werden immer peinlicher. Welche Qualifikation müssen Mitarbeiter, die sich Journalisten nennen, überhaupt nachweisen?

Das fragt ein TA-Leser aus Bad Langensalza. Wir kennen und schätzen die Fehler-Detektive unter den Lesern, die statt der „Kinderkrippe“ die „Kindergrippe“ entdecken und statt „Vergären“ von Früchten das „Vergehren“. Der Spiegelfüllt mit Sprach- und Logik-Schnitzern jeden Montag den „Hohlspiegel“.

Ein TA-Leser, der in einem Versicherungsbüro arbeitet, vermutete gar eine Demenz-WG in der Redaktion, als er von einem „Stehgreifspiel“ las statt vom „Stegreif“.

Den „Stegreif“ führt der „Duden“ in seiner Liste der schwierigen Wörter, die oft falsch geschrieben werden. Warum sind Wörter schwierig? Warum werden sie oft falsch geschrieben?

Der „Stegreif“ zum Beispiel ist ein Bild, das längst aus unserem Bildergedächtnis verschwunden ist und selbst von Reitern kaum mehr verstanden wird. Der Stegreif ist ein tausend Jahre altes Wort aus dem Mittelhochdeutschen und bezeichnete den Reif, also den Ring, um auf ein Pferd zu steigen. Heute nennen wir ihn Steigbügel.

Wer aus dem Stegreif reden kann, der spricht schnell – ohne vom Pferd hinabzusteigen. Goethe mochte die Redensart: „Aus dem Stegreif die Reime zu machen, wie leicht war das!“ Und Lessing brachte den Stegreif und das Sprachgenie zusammen: „Jedes große Genie redet alles aus dem Stegreif.“

Sprachgenies heute, so sie Journalisten sind, sollten den Stegreif meiden, damit sie nicht zum Stehen kommen im „Stehgreifspiel“. Sprachbilder, die im Kopf kein Bild mehr malen, sind unnütz, verwandeln sich in leere Redensarten – eben schwierige Wörter.

Kolumne derThüringer Allgemeine, Montagausgabe 27. Mai 2013

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