Korrespondent in Israel: Mittags als Reporter im Krieg, abends als Familienvater zu Hause

Geschrieben am 21. Oktober 2013 von Paul-Josef Raue.

Korrespondent in Israel – das ist wohl der einzige Platz in der Welt, wo man als Reporter von einem ausgewachsenen Krieg berichten und abends bei der Familie schlafen kann. Sagt Christian Sievers, Leiter des ZDF-Studios in Tel Aviv. „Alles ist ganz nah“ – und stellt fest, dass Israel ein flächenmäßig kleines Land ist, umgeben von Ländern mit Krieg, Aufruhr, Terror und instabilen politischen Verhältnissen.

Dennoch stehen Krieg und Unfrieden bei den Nachbarn nicht ganz vorne in den israelischen Medien, sondern mehr die sozialen Unruhen in Israel – die kaum bezahlbaren Mieten, die teure Milch, die schwindenden Karriere-Chancen in der Mittelschicht. „So jagen die israelischen Medien jeden Tag eine neue Sau durchs Land, aber am nächsten Tag ist davon nichts mehr zu sehen. Es fehlt das nachfassende Element“, stellt der ZDF-Korrespondent Sievers fest und nennt diese Art von Aufmachern „One-Day-Stories“.

So träumen immer mehr israelische Jugendliche vom Ausstieg aus dem Land, sind die Flüge von Tel Aviv nach Berlin stets ausgebucht. „Das ist schon fast eine Schieflage, wie begeistert die jungen Israelis von Berlin sind, von Deutschland überhaupt“, kommentiert Gisela Dachs, seit zwei Jahrzehnten Korrespondentin der Zeit in Israel. „Die jungen Deutschen werfen den Israelis ihre Probleme mit den Palästinensern vor; die jungen Israelis werfen den jungen Deutschen nichts mehr vor.“

Für die Enkelgeneration steht die Shoa offenbar nicht mehr im Vordergrund. „Die jungen Israelis interessiert der Rechtsextremismus in Deutschland nicht, auch nicht die Morde der NSU“, stellt Gisela Dachs fest.

Der junge Torsten Teichmann ist Leiter des ARD-Hörfunks in Tel Aviv. „Ich bringe viele Geschichten in den Jugendwellen der einzelnen Sender unter“, erzählt er; offenbar ist das Interesse an Israel bei den jungen Deutschen groß.

Das Interesse an Israel, dem Iran und dem Nahen Osten in Deutschland scheint in der Tag groß zu sein, nicht nur bei den Jungen: So plant Richard Schneider, seit vier Jahren Chef des ARD-Studios in Tel Aviv, für den 31. März einen 90-Minuten (!)-Film über den Nahen Osten.

Schneider ist Jude und wollte schon vor 15 Jahren als Korrespondent nach Israel. „Damals schickte man mich nicht nach Israel, weil ich Jude bin. Vor 8 Jahren schickte man mich doch. Die Zeiten hatten sich geändert.“

Quelle: Diskussion mit Israel-Korrespondenten in Tel Aviv bei einer Reise der Bundeszentrale für politische Bildung anlässlich von „50 Jahren Studienreise nach Israel“

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