Uli Hoeneß, das Bierzelt und der Lokalredakteur

Geschrieben am 26. August 2012 von Paul-Josef Raue.
Geschrieben am 26. August 2012 von Paul-Josef Raue in Aktuelles, Lokaljournalismus, Online-Journalismus, Recherche.

Bayern-Präsident Uli Hoeneß nannte Gomez einen guten Mittelstürmer, aber keinen sehr guten. Der Satz wurde überall diskutiert. Peter Heß stellte im FAZInterview fest: Herr Hoeneß, Sie halten sich nicht aus der Mannschaft heraus.

Hoeneß reagiert nüchtern und sieht den Grund, das solch ein Eindruck entstehen kann, bei den Journalisten:

Ich saß in einem Bierzelt in Regen im Bayrischen Wald mit über 1000 Fans – alle in Rot-Weiß. Früher habe ich hundertmal so einen Satz gesagt, und das hat keinen interessiert. Aber heutzutage sind überall Journalisten dabei.

Wir stellen zu Recht fest: Es gibt immer weniger Redakteure. Dennoch hat auch Hoeneß Recht: Es gibt immer mehr Nachrichten, auch wenn man über deren Wert streiten kann.

Wie ist das zu erklären. Drei Versuche einer Antwort:

1. Schon immer waren überall Journalisten. Schon immer hat sich ein Redakteur der Passauer Neuen Presse oder irgendeiner Lokalzeitung den Auftritt von Hoeneß nicht entgehen lassen. Aber früher stand es nur im Lokalteil, und die hochmütigen Redakteure im Mantel haben es nicht wahrnehmen wollen; doch heute steht es im Internet, wird getwittert, von Suchmaschinen entdeckt. Immer weniger Journalisten verbreiten immer mehr Nachrichten.

2. Durch die Trennung von Blattmachern und Reportern – die einen drinnen, die anderen draußen – gehen mehr Redakteure in die Bierzelte und auf die Straßen, sind weniger Redakteure an Schreibtische gefesselt. Wo man früher den Schüler als freien Mitarbeiter rausschickte, geht heute der Redakteur selbst; und der hat in der Regel schon ein besseres Gespür für wichtige Zitate und Beobachtungen.

3. An den Desks oder Nachrichtentischen, wie auch immer sie genannt werden, ist das Management von Nachrichten professioneller geworden. Die Torwächter (gatekeeper) im Reich der Informationen sind keine Spezialisten mehr, sondern gute Kenner der Welt, der Medien und ihrer Leser. Früher leisteten sich nur die Agenturen und – mit Einschränkungen – die großen Zeitungen und Magazine solche Torwächter, heute schon manch kleine Regionalzeitung.

Quelle des Zitats: FAZ, 23.8.2012

(zu: Handbuch-Kapitel 7 Online Redaktion + 10 Was Journalisten von Bloggern lernen können + 55 Die neue Lokalredaktion + 24 Woraus wird eine Nachricht)

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