Wulff: Ich bin nachtragend bei Journalisten

Geschrieben am 10. Januar 2012 von Paul-Josef Raue.

Ich werde bei Kritik manchmal sehr grimmig“, sprach Christian Wulff, als er Ministerpräsident von Niedersachsen war. Während des Landtagswahlkampfs 2008 antwortete er so auf die Frage eines kleines Mädchens bei der Kinderpressekonferenz der Braunschweiger Zeitung.

Marcel Rosenbach vom „Spiegel“ hat den kurzen Film von dieser Pressekonferenz  im Netz entdeckt bei der Recherche für seinen Wulff-Artikel im aktuellen Spiegel.
Der komplette Wortlaut auf die Kinder-Frage, wie gut er denn Kritik vertragen könne:

„Ich glaube, dass ich mit Kritik gut umgehen kann, wenn sie nur einleuchtend ist. Wenn ich also sage: Okay, der hat Recht, der hat da eine Schwäche bei mir entdeckt, ich hab da einen Fehler gemacht, jetzt wird der Fehler hervorgehoben.

Wenn Kritik unberechtigt ist, bin ich – glaube ich – genauso ärgerlich wie jeder, der sich kritisiert fühlt, aber es nicht einsehen will. Wenn Eure Eltern Euch etwas sagen und sie haben Recht – sagt Ihr auch: Naja, okay. Wenn sie nicht Recht haben nach Eurer Meinung, sagt Ihr auch: Ist überhaupt nicht okay und schmollt und zieht euch zurück. Ich glaube, es ist bei Erwachsenen auch so.

Insofern bin ich bei Kritik, wenn sie unberechtigt ist, manchmal sehr grimmig. Ich weiß es vor allem noch 20 Jahre später. Manchmal schaffe ich Redakteure, die in der Zeitung etwas geschrieben haben und sage: Damals, 1981, linke Spalte, dritte Seite – und das nehmen die mir manchmal übel, 20 Jahre später, dass ich das noch weiß und nicht vergessen habe.

 Wenn Journalisten mal kritisiert werden, dann kann ich Euch sagen, dann ist was los. Die können überhaupt keine Kritik ertragen, die kennen das gar nicht. Wir Politiker werden ja ständig kritisiert. Wir haben ein ganz dickes Fell.

 Ich möchte aber, dass Menschen mit dünnem Fell in der Politik sein können. Das ist manchmal schwierig. Man liest jeden Tag was über sich in der Zeitung und das ist nicht immer positiv.“

 Die Braunschweiger Zeitung organisierte und organisiert viele solcher Leser-Debatten, -Interviews und –Foren; sie bekam für das Konzept der „Bürgerzeitung“ 2010 den Deutschen Lokaljournalistenpreis, im Braunschweiger Dom verliehen von Wulffs Vorgänger im Amt des Bundespräsidenten, Horst Köhler. Die Kinderpressekonferenz mit allen Spitzenkandidaten ist eine von mehr als 50 BZ-Leseraktionen, ins Leben gerufen während eines langweiligen Landtag-Wahlkampfs.

(Zu Handbuch-Kapitel 56 Service und Aktionen in „Die Zukunft der Zeitung“)

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