Polizisten und Behörden sollen die Wahrheit sagen, erklärt Thüringens Innenminister
Es gibt bisweilen seltsame Pressemitteilungen aus Ministerien, das ist eine davon:
„Thüringens Innenminister Holger Poppenhäger spricht sich für bessere Kommunikation aus“ lautet die Überschrift zu einem Treffen des Innenministers mit Vertretern des Bundes der Kriminalbeamten (die namenlos bleiben), der Deutschen Polizeigewerkschaft (die namenlos bleiben) sowie der Gewerkschaft der Polizei (die namenlos bleiben). Dann folgen drei Sätze, die bemerkenswert sind:
- Der Innenminister und die Vertreter der Gewerkschaften waren sich einig, dass für die Pressearbeit in den Polizeiinspektionen das Thüringer Pressegesetz sowie der Pressekodex des Presserates maßgeblich sind.
- Öffentlichkeitsarbeit erfolgt dann, wenn sie geboten ist, der Vorfall von öffentlichem Interesse ist und die allgemeinen Persönlichkeitsrechte dabei gewahrt bleiben.
- Landesbehörden sind dabei grundsätzlich gegenüber Journalisten zur wahrheitsgemäßen Auskunft verpflichtet, so lange keine Ermittlungsergebnisse gefährdet oder persönliche Angaben ohne öffentliches Interesse preisgegeben werden.
Was ist bemerkenswert:
1. Ein Minister muss hervorheben, dass seine Beamten die Wahrheit sagen sollen.
2. Der Minister beruft sich auf den Pressekodex, der Journalisten zur Wahrheit verpflichtet – und der nicht für den Staat geschrieben wurde, sondern für die Kontrolleure des Staates.
3. Nach so viel bewunderswerter Offenheit und Wahrheitsliebe tritt der Minister gleich den Rückzug an: Die Polizei entscheidet, was geboten ist, sie entscheidet, was von öffentlichem Interesse ist, und sie entscheidet, was Ermittlungen gefährdet. Bleibt dann doch nur der Wild-Unfall auf der Kreisstraße übrig?
Immerhin stellte der Minister klar, dass er keinen politischen Einfluss nehme und der Polizei keinen Maulkorb mehr umbinden wolle. Hintergrund des Treffens und der Presseerklärung ist die Empörung über einen Maulkorb-Erlass des Ministers, den Kai Christ öffentlich gemacht hatte, der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Thüringen: Die Polizei solle nicht über Einsätze in Asylbewerber-Heimen berichten. Das sei politisch nicht erwünscht, hatte der Gewerkschafts-Chef mehrfach erklärt.
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