Interviews mit Despoten: Auf die eigene Haltung kommt es an (Gespräch mit Dieter Bednarz)

Geschrieben am 5. August 2016 von Paul-Josef Raue.
Dieter Bednarz ist der Nahost-Experte des Spiegel

Dieter Bednarz ist der Nahost-Experte des Spiegel. Foto: Marc Fraser

Politiker in Europa wollen die Gespräche mit der Türkei abbrechen: Mit Diktatoren niemals! Gilt das auch für Journalisten? Franz Josef Wagner, Kolumnist der Bildzeitung, meint: „Gott, für ein Interview lächelte ich selbst mit dem Teufel.“ Auch Dieter Bednarz, Nahost-Experte des Spiegel, interviewt jeden: „Ich hätte keine Scheu, morgen auch nach Nord-Korea zu reisen, wenn ich dort einen Termin bekommen könnte. Wichtig ist doch, die richtigen Fragen zu stellen.“

Wohl kein anderer Reporter hat so viele Interviews mit Despoten geführt wie Bednarz. Im Kress-Gespräch, veröffentlicht in meiner Journalismus!-Kolumne, geht er auf die Haltung ein, die ein Reporter mitbringen sollte:

Wer sich so mit dem Land auseinandersetzt, geht natürlich mit einer eigenen Position in einen solchen Termin, kommt als kritischer Frager und scheut auch den Schlagabtausch nicht. Auf diese eigene Haltung kommt es – neben Fachwissen – an…. Meine einzige Sorge ist mitunter, dass eine zu harte Frage, womöglich wie bei Motakki gleich als Einstieg, zum Abbruch des Termins führt.

Bednarz hatte das Interview mit dem iranischen Außenminister Motakki mit der Frage begonnen: „Herr Außenminister, Sie sind der oberste Diplomat der Islamischen Republik Iran. Sie vertreten eine Nation, die sich einer Kulturgeschichte von über 2500 Jahren rühmt. Beschämt es Sie nicht, dass in Ihrem Land Menschen gesteinigt werden?“ Manutschehr Motakki hatte die Frage auch bei der Autorisierung nicht gestrichen.

Für Bednarz sind solche Interviews auch ein Grund, warum er Journalist geworden ist:

Mich interessieren politische Entwicklungen sowie Menschen und deren Schicksale. Das gilt nicht nur für die Mächtigen, sondern auch für Oppositionelle. Eine großartige menschliche Bereicherung waren die zwei Stunden Interview mitten in der Nacht, die mir Ahmadinedschad-Gegenspieler Mehdi Karroubi, der unter Hausarrest stand, gewährt hat. Und wenn Sie zweieinhalb Stunden mit einem wie dem ägyptischen Staatschef Sisi reden, dann bekommen Sie schon eine Ahnung davon, wie diese Person tickt und welche Botschaft sie zum Beispiel an die Bundesregierung übermitteln will. Wenn das Gespräch gut geführt wird, dann erschließt sich das auch dem Leser und ist ein Gewinn für ihn.

„Ein Journalist scheut den Schlagabtausch nicht“ ist das Gespräch überschrieben, das in voller Länge bei kress.de nachzulesen ist.

 

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