Neonazis stellen Lokalredakteur unentwegt nach: Die ganze Geschichte

Geschrieben am 27. Oktober 2015 von Paul-Josef Raue.

Dortmunder Neonazis brandmarken den Ruhr-Nachrichten-Redakteur Peter Bandermann im Netz als „Volksverräter“, stellen eine Todesanzeige mit seinem Namen ins Netz, werfen Farbbeutel auf sein Haus. Als Peter Bandermann ein Brötchen beim Bäcker kaufen will, wird er von statdtbekannten Neonazis umstellt, bedrängt und genötigt. Er zeigt sie an, doch die Staatsanwaltschaft sieht nur eine subjektive Belästigung und keine „schwerwiegende Beeinträchtigung der Lebensgestaltung“. Sein Chefredakteur Kiwit veröffentlicht in seinem Newsletter den Brief der Staatsanwaltschaft und  kommentiert: „Ein rechtsstaatliches Armutszeugnis und ein Freibrief für die Neonazis“.

Nachdem in diesem Blog der Fall dokumentiert worden war, gab es auch kritische Stimmen und den Vorwurf, unfair gegenüber der Staatsanwaltschaft zu sein: Was ist genau passiert? Was heißt „bedrängen und nötigen“? Hat die Staatsanwaltschaft nicht einfach „vorschriftsmäßig“ gehandelt?

Peter Bandermann selber schildert ausführlich die Anfeindungen der Neonazis in einer Mail an diesen Blog:

Bis dahin ertragene Anpöbeleien auf Demonstrationen oder Verunglimpfungen im Internet waren Vorläufer für eine Verschärfung der Repressionen. Ende November 2014 veröffentlichten Dortmunder Neonazis im Internet eine Liste mit 10 Dortmunder Namen, die als Volksverräter gebrandmarkt wurden. Vor ihren Privathäusern sollten Demonstrationen stattfinden. Über die Auswahl von drei „Nominierten“ sollte abgestimmt werden.

Die Wahl fiel auf den Dortmunder Oberbürgermeister Ullrich Sierau, auf ein weiteres SPD-Mitglied und auf mich als Redakteur der Ruhr Nachrichten. Ich beobachte und berichte in Dortmund seit 15 Jahren.

Nach einem von der Polizei ausgesprochenen Verbot gegen den Demo-Anmelder, die Versammlung direkt vor meiner Haustür stattfinden zu lassen, gab es Aufrufe im Internet, mich dennoch zu „besuchen“. Zunächst wurden in meiner Nachbarschaft Flugblätter über mich verteilt. In der Nacht zum 2. Weihnachtstag 2014 kam es zu einem Farbanschlag auf das Haus, in dem ich zur Miete wohne. Die Täter wurden nicht ermittelt. Das Verfahren wurde sechs Wochen später eingestellt.

Im Februar 2015 wurden im Internet eine Todesanzeige mit meinem Namen und die Ankündigung meines bevorstehenden Todes veröffentlicht. Ein Ermittlungsergebnis gibt es bislang nicht.

Ende August 2015 veranstaltete das Zentrum für politische Schönheit in Berlin vor einem von mehreren Neonazis bewohnten Haus im Dortmunder Stadtteil Dorstfeld ein Schauspiel. Dafür war ich als Reporter eingesetzt. Nach Beendigung dieser Kunstaktion war ich auf dem Weg zum versteckt abgestellten PKW. Neonazis erkannten, verfolgten und stellten mich überraschend in einem Ladenlokal und veröffentlichten die gefilmte Szene im Internet.

Wir erhalten anonyme Anrufe mit elektronisch verstellten Anrufen und erhalten Post, u. a. ein Infoblatt über das Gefängnis in Bautzen sowie Kataloge mit Nazi-Devotionalien. Hinzu kommen online veröffentlichte „Hinweise“ auf den Umgang mit Volkverrätern in früheren Zeiten.

In einer der Anzeigen ist umfangreich dargestellt worden, welche Methoden die Bedroher wählen.

 

 

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