Wie Leser mit Facebook & Co den Redakteuren helfen
Lars Wienand (38), Social-Media-Redakteur der Rhein-Zeitung, gibt in einem Interview mit „istlokal.de“ Beispiele, wie Leser den Redakteuren helfen können mit Themen-Anregungen, Nachrichten und Meinungen, Bildern und Videos:
1. Videos von einem eindrucksvollen Unwetter kamen von Lesern; ein Drittel der Videos hatte die Redaktion allerdings auch selber im Netz gefunden.
2. Fünf Minuten nach der Meldung „Tankstellen verlangen jetzt Geld für Luft in Reifen“ hatten Leser zwei Fälle von Tankstellen im Verbreitungsgebiet gemeldet. Wienand: „Die Suche wäre ohne diese Hilfe wohl sehr mühsam gewesen. Das zeigt, dass Social Media nicht nur Arbeit, sondern auch Arbeitserleichterung bedeuten kann.“
3. Ein Dutzend Leser meldeten sich, als die Koblenzer Lokalredaktion der Rhein-Zeitung per Tweet erfahren wollte, wie Amazon mit seinen Beschäftigen umgeht.Nach dem Artikel in derZeitung meldeten sich auch zufriedene Amazon-Mitarbeiter.
4. Auf den Tweet der Kollision eines Autos mit einem Traktor reagiert eine Leserin: Ist die mehrspurige Straße überhaupt für Traktoren zugelassen? Die Redaktion postet die Frage bei Facebook und fragt gleichzeitig bei der Polizei. Doch auf die Antwort der Polizei, der Traktor dürfe nicht fahren, reagiert ein Fahrlehrer: Die Polizei irrt. Die Redaktion ruft noch einmal bei der Polizei an, korrigiert den Text und macht den Ablauf transparent. Lars Wienand: „Der Zugriff auf das Informationsbedürfnis (Dürfen da Traktoren fahren?) und die Expertise (Auskunft der Polizei ist falsch!) vieler Quellen macht uns besser. Zur Ehrlichkeit gehört aber auch: Es nimmt auch die Zahl der Hinweise zu, die sich interessant anhören, sich aber bei Nachfragen in Luft auflösen.“
5. Auf „Google+“ können Leser Bilder posten, etwa bei einem Hochwasser, aber auch die schönsten „Sonnenuntergänge“.
Lars Wienand nennt als Regeln, wie genau man Leser-Reaktionen überprüfen muss, dieselben Regeln, die schon immer im Journalismus galten:
Wenn es ein leichtes Erdbeben gab, dann taugt auch die Dame, die sagt, dass ihr Hund eine halbe Stunde vorher bereits verrückt gespielt hat, für einen Satz – ohne weitere Überprüfung. Wenn aber eine Frau berichten will, dass ihr Nachbar ihr von unhaltbaren skandalösen Zuständen bei Amazon erzählt hat, dann bitten wir sie um Verständnis, dass wir das schon vom Nachbarn selbst hören möchten. Mit dem Gewicht einer Nachricht oder von Vorwürfen wachsen auch die Anforderungen an die Quelle und der Aufwand, die Glaubwürdigkeit zu checken.
Twittern mit und ohne Langostinos
Christian Lindner, Deutschlands eifrigster Twitterer unter den Chefredakteuren, möchte das neue Jahr mit einem kleinen Shitstorm beginnen. Er twitterte kurz vor Mitternacht seinen Lieblings-Vorsatz:
2013? Weniger twittern. Mehr leben.
Da waren um Mitternacht einige schon ganz wach und reagierten prompt, wohl ohne Sektglas in der Hand:
twittern ist leben! // Twitter ist Leben. 🙂 // Lebe und twittere! nur Mut! Ich habe erst begonnen // Lebendiger twittern!
Da lobe ich mir Anton Sahlender, Vize-Chefredakteur und Leseranwalt der Mainpost, der zweiteifrigste Twitterer. Er schreibt aus Katalonien in die Welt kurz vor Mitternacht:
Langostinos, gebraten in Knoblauch und Petersilie. Gleich gehts los
Dazu gibt’s ein Foto. Ja, das ist Leben!
Sind Deutschlands Chefredakteure bestechlich?
Christian Lindner, Chefredakteur der in Koblenz erscheinenden Rhein-Zeitung, zeigt sein Honorar bei Twitter an (18.11.12, 19:28):
Zeige hiermit mein Moderations-Honorar beim #forumWHU an: Eine Flasche Nahe-Riesling. Mit Blindenschrift auf Etikett.
(zu: Handbuch-Kapitel 38 Die Satire)
„iDarwinismus“
Schießerei auf der Straße. Reaktion der Passanten 1992: Deckung suchen. 2012: Handy zücken und filmen. Man nennt es auch iDarwinismus.
Tweet des Tages in Welt Kompakt (9.8.2012), geschrieben von „Privatsprache“
(zu: Handbuch-Kapitel 5 Der Online-Journalismus + 56 und Aktionen + Anhang-Service H Lexikon journalistischer Fachausdrücke)
Das Scharia-Internet
Google spioniert Euer Privatleben aus! Boykottiert Google!
Mit solchen Warnungen begründen die Mächtigen im Iran die staatliche Blockade von weiten Teilen des Internets wie Facebook oder Twitter und kündigen an, ein Scharia-Internet aufzubauen. (SZ, 4. April 2012)
(zu: Handbuch-Kapitel 5: „Die Internet-Revolution“ / Das Internet wirbelt die Mächtigen durcheinander, Seite 25)
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