Die Überheblichkeit der Internet-Gurus und der Kleinmut der Journalisten (Zitat der Woche)
Es ist schade, dass Journalisten oft defensiv und kleinlaut auf die wirren Stimmen der Wut im Netz, auf die irrealen Visionen überheblicher Internet-Gurus oder die wichtigtuerischen Belanglosigkeiten klickreicher Youtube-Stars reagieren. Journalisten – auch wenn die meisten ,digital immagrants‘ im ,Neuland‘ sein mögen – können (und sollten!) mit Recht darauf verweisen, dass es in einer demokratischen Gesellschaft ohne sie nicht geht.
Laszlo Trankovits, ehemals Korrespondent der dpa in Washington, Afrika und im Nahen Osten in: „Journalismus 2020 – die Macht der Medien von morgen“, herausgegeben von „Deutsche Gesellschaft Qualitätsjournalismus“
Juli Zeh im Zitate-Labyrinth: Habe ich überhaupt einen Satz selbst geschrieben? (Zitat der Woche)
Ist die ganze Welt ein Plagiat? Man könnte eine komplette Philosophie als Antwort entwerfen. Juli Zeh, als Schriftstellerin erfolgreich, aktuell mit dem Roman „Unterleuten“, stellt die Frage in einem FAZ-Interview – auf die Fragen von Jan Wiele, ob es den, den sie plagiiert hat, überhaupt gebe.
Manchmal frage ich mich, ob es überhaupt irgendeinen Satz gibt, den ich selbst geschrieben habe. In diesem Zitate-Labyrinth findet sich doch kein Mensch mehr zurecht.
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Quelle: FAZ, 18. April 2016 „Warum sollte Gortz nicht existieren?“
SZ-Chefredakteur über die unsozialen Netzwerke: Schnellstgerichtsbarkeit (Zitat der Woche)
Die manchmal in die Nähe der Existenzvernichtung gehende digitale Schnellstgerichtsbarkeit ist eine der unangenehmsten Erscheinungen in der schönen neuen Welt der Allzeit-sofort-Kommunikation.
Kurt Kister in seinem Leitartikel „Moral und Moralisten“ (SZ, 4. März 2016), in dem er auch eine Politiker-Typologie entwirft:
Auf der einen Seite die Moralisten, Fundis und „Gutmenschen“ (meistens links), auf der anderen Seite die flexiblen Pragmatiker, ich-bezogenen Machiavellisten und effizienten Verwalter.
Die Furcht der Unterhaltungschefs vor guten Kritiken im Feuilleton! (Zitat der Woche)
Ich bin nicht scharf auf einen Grimme-Preis. Mein alter Spruch gilt immer noch: Wenn ich eine gute Kritik in der Süddeutschen Zeitung bekomme, habe ich etwas falsch gemacht
Wolfgang Rademann, der Erfinder von ZDF-Schwarzwaldklinik und Traumschiff, im Interview mit der ZEIT (19.3.2008); er starb am 31. Januar 2016.
NRW-Ministerpräsidentin über Information, Demokratie und die Teilhabe der Bürger (Zitat der Woche)
Information ist das Grundrauschen der Demokratie
Sagte Hannelore Kraft, NRW-Ministerpräsidentin, bei einem Hintergrund-Gespräch mit Chefredakteuren. Sie meint „seriöse, glaubwürdige Information“, schreibt Wolfram Kiwit, der Chefredakteur der Ruhr-Nachrichten, in seinem morgendlichen Newsletter und fügt an:
„Hannelore Kraft sorgt sich um unsere Demokratie. Um das Wissen der Menschen, um die Teilhabe an politischen Prozessen.“
Passend dazu, in Kiwits Newsletter, eine Anzeige der Zeitungsverleger:
Enthüllungsjournalisten wie Leyendecker und objektive Berichterstatter wie Prantl (Zitat der Woche)
Enthüllungsjournalismus ist ja so etwas wie die Königsklasse unseres Berufs… Leserinnen oder Lesern, die sich über Artikel von mir ärgern, schreiben gerne in Briefen, ich solle man so gründlich recherchieren wie Leyendecker. (Viele schreiben auch, ich solle mal so objektiv berichten wie Heribert Prantl.)
Nico Fried, SZ vom 11. Juli, in der preiswürdigen Kolumne „Spreebogen“, jeden Samstag versteckt auf Seite 46 oder ähnlich weit hinten in der „Gesellschaft“. Die Kolumne ist meist besser, auf jeden Fall humorvoller als alle Streiflichter der Woche zusammen. Was mir nicht gefällt: Dass Fried seinen ehemaligen Chef nicht mehr erwähnt; es gibt Sätze, die man einfach lieb gewonnen hat.
Christian Krachts Rat an junge Schriftsteller und Journalisten (Zitat der Woche)
Schreiben Sie kürzere Sätze. Lesen Sie Joseph Roth.
Ausnahmsweise keine Empfehlung von Wolf Schneider, sondern die Antwort von Christian Kracht, der vor 20 Jahren Faserland“ geschrieben hatte, auf der FAZ-Frage: „Was raten Sie denen, die heute Schriftsteller werden wollen?“
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Quelle: FAZ 25. April 2015
„Geo“-Schaper: Groteske Geldvernichtung in der Nannen-Ära beim „Stern“ (Zitat der Woche)
Ich habe die Nannen-Zeit beim Stern noch miterlebt, und die Verschwendung damals war wirklich unfassbar. Mag sein, dass der “stern” eine Zeitlang auch deshalb erfolgreich war, dennoch war das oft eine groteske Geldvernichtung. So arbeiten Chefredakteure aber schon seit mindestens 25 Jahren nicht mehr.
Michael Schaper, Chefredakteur von Geo Wissen, in einem Interview mit Peter Turi. Schaper gehörte dem legendären ersten Jahrgang der Hamburger Journalistenschule an, geleitet von Wolf Schneider, der am 7. Mai vor neunzig Jahren in Erfurt geboren wurde und in seinem nächsten Buch auf „mein langes, wunderliches Leben“ zurückblickt („Hottentotten Stottertrottel“ erscheint am 24. April bei Rowohlt).
Zitat-der-Woche-verdächtig ist auch Schapers Antwort auf die Kress-Frage: „Sehnen Sie sich manchmal danach, einen schnellen, oberflächlichen Artikel zu schreiben?“
Ist das ein Angebot zur freien Mitarbeit?
Wo leben und arbeiten die Print-Grufties? (Zitat der Woche)
Die Redaktionen der Funke-Mediengruppe sind die „Heimstätte bemitleidenswerter Print-Grufties“, so zitiert der kressreport ungenannte Kritiker (22. August 2014).
Warren Buffett und der Schwimmer ohne Badehose (Zitat der Woche)
Wenn die Ebbe kommt, sieht man, wer ohne Badehose geschwommen ist.
Dies Sprachbild erfand der weltbekannteste Investor Warren Buffett, als er von Kollegen sprach, die in guten Zeiten viel Geld verdienen und in schlechten Zeiten viel mehr verlieren. Buffett hat in denen vergangenen Jahren einige US-Regionalzeitungen gekauft.
Quelle: Süddeutsche Zeitung, 3. Januar 2014
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