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Spagat zwischen Print und Online (Noske-Interview 3)

Geschrieben am 17. Februar 2012 von Paul-Josef Raue.
0 Kommentare / Geschrieben am 17. Februar 2012 von Paul-Josef Raue in Aktuelles, Ausbildung, Online-Journalismus.

Der schönsten Beruf der Welt, die deutsche Sprache,  die Zukunft des Journalismus und schriftlich geführte Interviews: Das sind die Themen im dritten Teil des Interviews, das Paul-Josef Raue mit Henning Noske  über dessen Buch „Journalismus“ führte.

Raue: Wenn ein Journalist wie Sie so intensiv über seinen Beruf nachdenkt, wenn er Leidenschaft zeigt: Ist dies nicht hinderlich in der täglichen Arbeit? Messen Sie sich nicht unentwegt an den eigenen Maximen, auch unter Zeitdruck und bei Kopfschmerzen?

Noske: Ja, davon schreibe ich auch. Es ist die kleine Mühe, der wir uns für den schönsten Beruf der Welt unterziehen. Es bleibt ein Privileg, Journalist zu sein und die Chance zu erhalten, erfolgreich zu arbeiten und zu wirken. Und das entschädigt. Am Ende aber geht es nicht um mich, sondern es sind viele angesprochen: Volontäre, aber auch Redakteure, Online-Redakteure, freie Mitarbeiter, feste Mitarbeiter, Autoren, potenzielle Schreiber, Schüler, Studenten, Eltern, Lehrer, Öffentlichkeitsarbeiter, Pressesprecher, Blogger, Web-Texter, Wissenschaftler.

Eigentlich alle, die einen Traum haben – und bereit sind, auch etwas dafür zu geben. Verständliches Schreiben, unterhaltendes Informieren, übersetzen und kommunizieren mit hoher Glaubwürdigkeit – das ist für sie und für mich gerade in komplizierten Zeiten das Gebot der Stunde. Verstärkung wird noch gesucht.

Raue: Viele Redakteure mögen keine Theorie, sie mögen den Satz „Wir machen hier Zeitung“ und sagen damit: Prinzipien sind was für Seminare und Festreden von Verlegern und Chefredakteuren, sie taugen nicht für den harten Zeitungsalltag. Mögen Sie Ihre Kollegen noch?

Noske: Ja.

Raue: Sie schätzen die deutsche Sprache, widmen sich über viele Seiten der Verständlichkeit. Doch Sie nennen das Geschichten-Erzählen trotzdem „Storytelling“, den Erzähler „Storyteller“ und nennen den Zeitungs-Redakteur „Print-Redakteur“. Können selbst wir uns nicht mehr, sogar in lange durchdachten Texten, gegen die Anglizismen wehren?

Noske: Nein. Dafür sorgt online.

Raue: Sie tummeln sich auch selber in der digitalen Welt, tummeln sich bei Facebook und haben einen eigenen Blog. Dennoch kommt der Online-Journalismus nur am Ende des Buchs in einem Interview vor. Auch im – ungewöhnlich reichen – Glossar findet der Leser nur wenige Online-Begriffe. Ist Online doch nur eine wenig spektakuläre Ableitung des Zeitungs-Journalismus?

Noske: Nein, aber mein Buch bewegt sich gewissermaßen in der Vorstufe. Da, wo alle anfangen. Im Urgrund von Print. Wo wir uns mit ein paar ganz grundlegenden Fragen beschäftigen müssen:
– Was treibt mich eigentlich an?
– Welche Qualitäten muss ich haben?
– Wie finde ich Themen?
– Wie komme ich an Informationen?
– Wie bereite ich Themen und Informationen auf?
– Wie schreibe ich gut?
– Wie mache ich Bilder und gute Überschriften?
– Wie entstehen Fehler und wie kann ich sie vermeiden?
– Wie sichere ich meine Qualität?

Danach kommt dann erst die Entscheidung Print oder Online – ob wir sie selbst treffen oder ob sie für uns getroffen wird. Das Interview, das Sie ansprechen, ist übrigens ein besonderer Werkstattbericht: Mein Kollege Andre Dolle schildert ausführlich, wie er vom Print- zum Online-Redakteur wurde. Das passt prima ins Buch.

Raue: Wir quälen uns alle mit der Frage: Welche Zukunft hat der Journalismus? Welche Zukunft hat die Zeitung? Wer liest uns noch, vor allem wenn wir an die Jungen denken?

Noske: Ich bin sehr optimistisch, vor allem, wenn uns der Spagat zwischen Print und Online wirklich gelingt. Wenn beide irgendwann anfangen, wirklich voneinander zu profitieren. Online to print und print to online, um es auf gut deutsch zu sagen. Die magischen Synergien nicht aus Verlegenheit, sondern mit Plan und Konzept. Dann machen wir ein Buch nur darüber. Abgemacht?

Raue: Wir führen dies Interview schriftlich: Ich schicke Ihnen die Fragen, Sie schreiben per Mail zurück. Sicher, wir beide haben lange zusammen gearbeitet und schätzen uns. Dennoch: Ist das die vorbildliche Art, ein Interview zu führen?

Noske: Am liebsten wandere ich mit Ihnen natürlich auf den Brocken oder auf der ehemaligen deutsch-deutschen Grenze und lausche Ihnen stundenlang. Das geht natürlich nicht immer, also ist diese Form auch nicht schlecht. Es hat den Vorteil, dass Sie nicht widersprechen können. In der journalistischen Praxis ist das der Nachteil.

Raue: Ja, zu Zeitung und Online: abgemacht. (nicht autorisierter Schlußsatz)

Das Buch: Henning Noske, Journalismus – Was man wissen und können muss. Ein Lese- und Lernbuch. Klartext-Verlag, Essen, 234 Seiten, 17.95 Euro

Teil 1Teil 2

Kommentare, Hinweise, Fundsachen – bitte!

Geschrieben am 20. Januar 2012 von Paul-Josef Raue.
2 Kommentare / Geschrieben am 20. Januar 2012 von Paul-Josef Raue in Aktuelles, Vorbildlich (Best Practice).

Ein Klassiker: Tiefpunkt der Interviewtechnik (Welt am Sonntag, 19. 12. 1982)

Die IG Metall fordert in einigen Tarifgebieten, die Löhne im nächsten Jahr um bis zu 7,5 Prozent anzuheben. Die Metall-Lohnrunde hat Signalwirkung für die Lohnerhöhung auch in anderen Branchen und im öffentlichen Dienst.
WELT am SONNTAG fragte Dieter Kirchner, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Gesamtmetall: In der schwersten Wirtschaftskrise der Nachkriegszeit solche Forderungen aufzutischen, ist doch wohl ein Scherz?
Kirchner: Da haben Sie ein mildes Wort gewählt.
WELT am SONNTAG: Warum verhandeln Sie überhaupt über solche unsinnigen Forderungen?
Kirchner: Wir müssen verhandeln. Dazu sind wir vertraglich verpflichtet. Die Firmen und ihre Belegschaften würden ein anderes Verhalten
auch nicht verstehen.

 So steht es im Kapitel 26 „Das Interview“ im neuen Handbuch. Das Beispiel ist exzellent, aber bald dreißig Jahre alt. In diesem Blog bitte ich um neue Beispiele zu allen Themen: Einfach „Kommentare“ anklicken.

Erwünscht sind Hinweise auf bemerkenswerte Artikel in Zeitungen und Zeitschriften, besonders solche, die – positiv wie negativ – das Zeug zum Klassiker haben; Sprachperlen und Sprachsünden; vorbildliche Aktionen und  Checklisten; Buchhinweise usw.

Die Artikel in diesem Blog bekommen bei Facebook manches „Gefällt-mir“-Zeichen, aber die Leserinnen und Leser geizen mit Kommentaren. „O Kommentare“ steht unter der Überschrift; ich würde mich freuen, wenn der eine oder andere Aufgeregte, Begeisterte, Neugierige auf „Kommentare“ klicken würde.

 

 

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