Alle Artikel mit dem Schlagwort " Sprachbild"

Noch einmal: Lob der Kürze (Zitate des Journalismus 7)

Geschrieben am 29. Oktober 2013 von Paul-Josef Raue.

Kürze ist die Seele des Verstandes

William Shakespeare, englischer Dramatiker (Stratford-upon-Avon, 1564-1616)

***

Geiz isst Gaul

Hamburger Morgenpost, Aufmacher-Überschrift am 19. Februar 2013 anlässlich des Fleischskandals, bei dem u.a. Pferdefleisch in Fertiggerichten entdeckt wurde

Quelle: Jahresprogramm der ABZV

Sprachbilder: Der Ozean und der Wassertropfen

Geschrieben am 19. Oktober 2013 von Paul-Josef Raue.
0 Kommentare / Geschrieben am 19. Oktober 2013 von Paul-Josef Raue in D. Schreiben und Redigieren.

Das war ein Gefühl, als ob ich einen Ozean in einen Wassertropfen reinbringen müsste.

Die Medienmanagerin Christine zu Salm, als sie in der Ausbildung zur Sterbebegleiterin ihren eigenen Nachruf schreiben sollte – in fünfzehn Minuten. (Zu lesen in einem beeindruckenden SZ-Interview, 19. Oktober 2013)

Sprachbild + Habermas: Kein Tanz auf dem Vulkan

Geschrieben am 25. August 2013 von Paul-Josef Raue.
0 Kommentare / Geschrieben am 25. August 2013 von Paul-Josef Raue in Aktuelles.

Deutschland tanzt nicht, es döst auf dem Vulkan.

Jürgen Habermas im Spiegel vom 5. August

Die Unlogik der Sprache und die Untiefen der Wörter (Friedhof der Wörter)

Geschrieben am 24. August 2013 von Paul-Josef Raue.
1 Kommentar / Geschrieben am 24. August 2013 von Paul-Josef Raue in Aktuelles, Friedhof der Wörter.

„Ich bin ein Betriebswirt und kenne den Fachbegriff Unkosten nicht“, schreibt ein Leser verärgert, als er in seiner „Qualitätszeitung“ gelesen hatte: „In Unkosten stürzen sich Studenten für die eigentlich teure Technik.“

Nur weil umgangssprachlich dieser betriebswirtschaftlich unsinnige Begriff genutzt wird, muss der nicht in der Zeitung stehen. Was kommt als nächstes?

Ich schlag gern bei Goethe nach, wie er mit den Wörtern hantierte. Er schrieb in seinen frühen Tagebüchern:

Es fiel mir dabei die königliche Grille Ludwigs des Großen ein, der so viel Unkosten verschwendete, um eine Wüste zum Paradies umzuschaffen.

Offenbar sind die „Unkosten“ keine Liederlichkeit unserer Tage. Die Brüder Grimm listen in ihrem Wörterbuch die „Unkosten“ schon in Rechnungen aus dem 14. Jahrhundert auf und in einer Mainzer Chronik aus dem 15. Jahrhundert.

Unsere Sprache ist eben bisweilen unlogisch und – vor allem bei Verneinungen – komplett verrückt: Die Schwester der „Unkosten“ ist die „Untiefe“: Sie kann Gegensätzliches bezeichnen, eine besonders seichte wie eine besonders tiefe Stelle im Meer.

Fürst Pückler, der Gartenkünstler aus der Lausitz, schrieb vor knapp zweihundert Jahren in einem Brief:

Wer die Flut nutzt, erreicht den Hafen des Glücks, und wer sie vorüberlässt, dessen ganze Lebensreise geht durch Untiefen und Elend.

Eigentlich bedeutet die Vorsilbe „un“ eine Verneinung: Eine Untiefe ist das Gegenteil der Tiefe; die Unkosten das Gegenteil von Kosten; die Unmenge das Gegenteil der Menge.

Aber „un“ kann auch bekräftigen – wie bei den Unkosten: Sie bezeichnen nichts Kostenloses, sondern besonders hohe oder nicht geplante Kosten. Es ist also ein Kreuz mit der Verneinung und der Sprache – aber dies schon seit einigen Jahrhunderten.

Thüringer Allgemeine, Kolumne „Friedhof der Wörter“ 26. August 2013

Die meisten Journalisten sind nicht kritikfähig (Zitat der Woche)

Geschrieben am 23. August 2013 von Paul-Josef Raue.

Jürgen Klopp, Trainer von Borussia Dortmund:

Ich bin kritikfähig bis zum Umfallen. Das sind die meisten Journalisten nicht. Wenn ich mal sage, dass jemand keine Ahnung vom Fussball hat, ist er beleidigt. Ich hab‘ in meinem Leben mehr Kritik abbekommen, als man sich vorstellen kann. Das vergessen heute nur alle.

(Interview mit der Süddeutschen Zeitung „Guardiola und ich arbeiten komplett anders“, 23. August 2013)

Sprachbild der Woche (in demselben Interview); Klopp über seinen neuen Star „Pappa“ Sokratis, der unbedingt in der Borussen-Mannschaft spielen will:

Pappa ist darauf heiß wie Frittenfett.

Wenn Rezensenten metaphern: Lynchen und Demolieren in Bayreuth

Geschrieben am 31. Juli 2013 von Paul-Josef Raue.

Wie drastisch und menschenverachtend darf die Sprache sein? Die Sprache des Feuilletons? Ist „Lynchen“ ein Sprachbild, das angemessen ist in der Besprechung einer Opern-Inszenierung? In der Süddeutschen Zeitung schreibt Reinhard J. Brembeck über den „Siegfried“ in Bayreuth:

Als der Vorhang fällt, setzt ein Buhgeschrei ohnegleichen ein. Hätte sich Castorf gezeigt, er wäre gelyncht und das Festspielhaus demoliert worden.

Der Rezensent, so ihn einer fragte, rechtfertigte sich wohl: Ist doch Ironie! Ist doch nur ein „Spaß“! Ist doch Kunst!

Das ähnelte dem Verhalten von Hundebesitzern. Rast ihr Liebling auf einen Jogger zu und freut sich aufs Zupacken bereit, ruft der Besitzer: „Keine Angst, der will doch nur spielen.“

SZ, 31. Juli

Die Dürre in Interviews mit Sportlern (Sprachbilder)

Geschrieben am 23. März 2013 von Paul-Josef Raue.
0 Kommentare / Geschrieben am 23. März 2013 von Paul-Josef Raue in Aktuelles.

Die kriminalechnischen Berichte waren in etwa so ergiebig wie ein Interview mit einem verletzten schwedischen Leichtathletikstar.

Hakan Nesser, Am Abend des Mordes, Seite 56

Eiszeit der Bilder: Sibirische Polarpeitsche und russische Kältepeitsche

Geschrieben am 26. Januar 2013 von Paul-Josef Raue.

Wenn es eisig wird in Deutschland, blühen die Sprachbilder, die an den Kalten Krieg erinnern. Die Süddeutsche zählt im Streiflicht die „rhetorischen Schneekanonen“ auf: „Russische Kältepeitsche“ und „Sibirische Polarpeitsche“, ergänzt durch das amerikanische „Snowmageddon“ oder „Snowpocalypse“ oder „Snowzilla“.

Der sprachlichen Gewaltspirale müssten Grenzen gesetzt werden (was für ein Bild!):

Die Herstellung, Lagerung und Verwendung martialischer Wintermetaphern muss international geächtet werden. Denn Tauwetter ist nicht in Sicht.

SZ, 25. Januar 2013

Sprach-Bilder: Der überalterte Zauberlehrling

Geschrieben am 18. Dezember 2012 von Paul-Josef Raue.
0 Kommentare / Geschrieben am 18. Dezember 2012 von Paul-Josef Raue in Aktuelles.

Wir werden von Klischees begleiten. Nur selten gelingt es Journalisten und Dichtern, neue, anschauliche, treffende und Überraschende Vergleiche in Bildern zu ersinnen. Wir sammeln sie – wie diesen:

Er lachte so gut wie nie, aber wenn, dann über das ganze Gesicht. Doch selbst dann sah er nie besonders fröhlich aus, sondern lediglich wie ein überalterter Zauberlehrling, der kichernd unheilvolle Weissagungen erstellte.

Haruki Murakami in „1984“ ( btb-Taschenbuch Seite 39)

Wenn Bilder in Überschriften aus dem Ruder laufen

Geschrieben am 18. September 2012 von Paul-Josef Raue.
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„Bund will Wind aus dem Propeller-Bau nehmen“ lautet die Aufmacher-Überschrift (Freies Wort, 18.9.2012). Redakteure erfreuen sich an solchen Sprachspiele. Leser mögen diese Überschrift nicht, die Redakteure feuilletonistisch nennen. Leser wollen wissen, was der Redakteur zu sagen hat.

„Weil die Strompreise aus dem Ruder laufen, will Bundeskanzlerin Angela Merkel den Ausbau der Windenergie bremsen“, lautet der Vorspann. Das ist die Nachricht: Kanzlerin bremst den Ausbau der Windenergie, also weniger Windräder in die Landschaft. Das wäre die Überschrift für die Leser.

Drei Bildsphären bemüht die Redaktion für die Aussage „Merkel will weniger Windräder“, das sind mindestens zwei zu viel; so kommt es zum Bildbruch:

1. Flugzeug-/Windrad: Wind aus dem Propeller/Flügel nehmen
2. Sport: aus dem Ruder laufen
3. Motor: bremsen.

(zu: Handbuch-Kapitel 44 Die Überschrift)

Seiten:«12345»

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