Alle Artikel der Rubrik "Aktuelles"

Die Entdeckung der Lesernähe – und Recherche

Geschrieben am 29. April 2013 von Paul-Josef Raue.

Lesernähe wird entscheidend für die Zukunft der Zeitungen. Worauf legen Sie besonderen Wer? Und wie setzen Sie das um?

fragt Claudia Mast, Professorin der Kommunikationswissenschaft und Journalistik an der Universität Hohenheim. Meine Antwort, die kurz sein soll:

Lesernähe war immer schon entscheidend, aber gefahrlos zu ignorieren, als Zeitungen nahezu konkurrenzlos waren.

Leser wollen mitreden, aber nicht jeden Unsinn anderer lesen (wie es im Netz geschieht); sie schätzen die Moderation der Redaktion, wenn sie fair ist, offen und tolerant.

Zuvor wollen Leser verstehen, um was es geht, wollen einschätzen können, ob es für sie wichtig ist. Also, wie immer schon: Erst die Recherche, dann die Analyse und Einordnung, dann die Debatte.

Die zweite Frage der Professorin:

Welches Selbstverständnis führt die Tageszeitungen erfolgreich in die Zukunft? Worin sehen Sie im Vergleich zu anderen Medien ihr spezielles publizistisches Leistungsangebot?

Meine Antwort:

Das Selbstverständnis ist das bewährte: Wir kennen die Welt unserer Leser und lassen sie die Welt kennenlernen. Kennen wir die Welt unserer Leser nicht, werden sie uns ignorieren. So einfach ist das.

Was wir leisten müssen? Intensiver und tiefer recherchieren als bisher. Wir entdecken die Nachrichten, die andere posten; wir führen unsere Leser in den Hintergrund der Nachricht und analysieren, was die Welt im Innersten zusammenhält.

Und das tun wir am besten in der Provinz, wo unsere Leser leben und arbeiten und ihre Heimat schätzen.

Journalist – ein Traumberuf ohne Festanstellung

Geschrieben am 28. April 2013 von Paul-Josef Raue.

Online! Online! Online! Nein, am Lehrplan der Deutschen Journalistenschule hat sich grundlegend nichts geändert:

Eine Nachricht ist eine Nachricht, ein Kommentar ist ein Kommentar, ganz gleich, für welches Medium man arbeitet.

sagt Jörg Sadrozinski, Leiter der Journalistenschule und Ex-Chef von tagesschau.de, in einem FAZ-Interview . Was ist neu im Lehrplan?

  • Selbstvermarktung von freien Journalisten, weil nur noch 30 Prozent der Abgänger eine feste Stelle bekommen;
  • Tipps zur Gründung von Redaktionsbüros;
  • Online-Technik (CMS), denn „ohne Technik geht im Journalismus nichts mehr“.

Immerhin bewerben sich jedes Jahr noch 1500 junge Leute für einen der 45 Plätze an der Schule, ein Viertel weniger als vor einigen Jahren. Also, sagt Jörg Sadrozinski, „Journalist ist nach wie vor ein Traumberuf“.

Es gibt laut Sadrozinski viele Freie, die gut leben können; die meisten arbeiten ein Drittel ihrer Zeit in einer Nachrichtenredaktion, ein Drittel an Buchprojekten, ein Drittel an Magazingeschichten.

Auf die Frage von Julia Löhr, ob es ihm weh tue, wenn Journalisten PR machten und für Unternehmen arbeiteten, kommt die Antwort „relativ gelassen“:

Wichtig ist, dass sie ihren Job gut machen, also präzise recherchieren, verständlich schreiben und mit Begeisterung bei der Sache sind. Die Kundenmagazine einiger großer Unternehmen unterscheiden sich in ihrem Anspruch und ihrer Aufmachung kaum von den klassischen Publikumszeitschriften. Das ist mitunter richtig guter Journalismus.

Quelle: FAZ, Beruf und Chance, 27. April 2013

Anton Sahlender hat auf Facebook kommentiert:

Eine Nachricht ist zwar eine Nachricht, aber ihre Online-Präsentation, ihre Sprache und ihr Aufbau sollten in vielen Fällen wohl anders aussehen. An dem, was j
journalistische Sorgfalt betrifft, darf sich nichts ändern…

*

Ich denke, es lohnt sich auch über eine Veränderung der „Ansprache“ in meinungsbetonten Beiträgen ernsthaft nachzudenken.

Ein Wirtschaftsminister liebt die Anglizismen (Friedhof der Wörter)

Geschrieben am 27. April 2013 von Paul-Josef Raue.

Sind Sie fit für die Zukunft? Sind Sie innovativ? Dann wissen Sie sofort, was diese Wörter bedeuten:

  • Green Tech
  • Life Science
  • Meetingcenter
  • Highlights
  • Mentoring-Advisory-Funktion
  • E-Government

Diese Wörter lesen wir im „Zukunfts- und Innovationsprogramm Thüringen 2020“ von Wirtschaftsminister Matthias Machnig (SPD), das gerade erschienen ist. Diese Wörter sollen zeigen, so ahnen wir: Dieser Minister und seine besten Beamten leben in einer modernen Welt, sind international, plagen sich nicht mehr mit unserer alten deutschen Sprache – kurz: Ein neues Thüringen braucht eine neue Sprache!

Dabei ist alles nur Wortgeklingel. Diese Anglizismen sind unnötig, denn sie verdrängen deutsche Wörter, die jeder versteht, die klar sind – aber meist alt:

  • Green Tech ist: Grüne Technik
  • Life Science: Lebens- oder Biowissenschaft
  • Meetingscenter: Konferenz- oder Beratungs-Zentrum
  • Highlights: Höhepunkt
  • Mentoring-Advisory: Förderer-Beirat
  • E-Government: Digitale Verwaltung oder Netz-Verwaltung.

So ganz möchte das Ministerium aber nicht auf deutsche Wörter verzichten: „Thüringen goes middle-classes“ steht so eben nicht an der zentralen Stelle des Zukunft-Programms, sondern „Thüringen goes Mittelstand“.

Was würde der Engländer dazu sagen: „Anything goes“ – alles ist erlaubt.

geplant für 29. April in der Thüringer Allgemeine

Politiker nach Boston-Anschlag: Worthülsen und Betroffenheit (Friedhof der Wörter)

Geschrieben am 21. April 2013 von Paul-Josef Raue.

Wenn Schreckliches in der Welt passiert, ziehen die Redenschreiber der Mächtigen die Schublade „Mitgefühl und Entsetzen“ auf. Diese Schublade ist im Computer-Zeitalter eine Datei mit Textbausteinen, sofort nutzbar wie nach dem Anschlag in Boston.

„Unser Mitgefühl gilt den Familien und Freunden der Opfer“, teilt unser Außenminister mit, bevor er das „fröhliche Sportereignis“ in den sprachlosen Kontrast zur „Tragödie“ setzt. Nach dem gleichen Schema reagiert die Kanzlerin: Erst „Entsetzen“, bevor auch sie „den Angriff“ in den Kontrast zur „friedlichen Sportveranstaltung“ setzt.

Stets gleich sind die Adjektive: „Heimtückisch“ nennt die Kanzlerin den Anschlag, „hinterhältig“ der Innenminister, der noch „feige“ hinzufügt, „sinnlos“ fällt einem Ministerpräsidenten ein (wie übrigens auch auch dem Papst).

Die höchsten Vertreter des deutschen Volks ringen nicht um Worte, sie sammeln die Hülsen auf. Sie sind nicht nur „betroffen“, der Innenminister ist sogar „zutiefst betroffen“. Und da er ahnt, wie leer dies Allerweltswort ist, setzt er noch eins hinzu: „menschlich zutiefst betroffen“.

Wir einfachen Leute, wenn wir den Tod beklagen, greifen auch zu Trauerkarten mit vorgestanzten Beileids-Sätzen. Es ist ein Dilemma.

„Zum Tod fall dir nichts ein“, schrieb die Dichterin Ingeborg Bachmann und schloss mit dem Vers:

Und nur nicht dies: ein Bild

im Staubgespinst, leeres Geroll

von Silben, Sterbenswörter.

Kein Sterbenswort,

Ihr Worte!

Wäre Schweigen nicht tröstender, wenn uns tröstende Worte fehlen? Nur – ist das überhaupt noch möglich in unserer geschwätzigen Welt?

„taz am wochenende“: Fällt der Weltuntergang sonntags aus?

Geschrieben am 21. April 2013 von Paul-Josef Raue.

Am Wochenende darf man sich doch auch mal des Lebens freu’n,oder?

Ines Pohl, taz-Chefredakteurin.

Das Zentralorgan des deutschen Weltuntergangs bringt in der 3,20 Euro teuren Wochenend-Ausgabe zwei Seiten nur mit „Fortschritts“-Nachrichten, Positives eben, unglaubliche zwei Seiten Positives – um neue Leser ans Blatt zu binden.

(Quelle: SZ 20. April 2013, „Die Entdeckung der Langsamkeit“)

Der Dativ und die DDR oder: Wer ging besser mit der Sprache um?

Geschrieben am 19. April 2013 von Paul-Josef Raue.

Die Gebildeten in der DDR waren sicher, sie achteten mehr auf die korrekte Sprache als die Menschen im Westen. Im Leseland DDR schrieben die Leute besser, genauer und regelgerecht, so die auch heute noch vorherrschende Überzeugung. Der Blick in die Zeitungen genüge, dass Schludrigkeit nach der Wende eingezogen sei.

Ein Erfurter Leser der Thüringer Allgemeine schrieb zu einer Überschrift auf der Titelseite vom 15. April:

Sie schreiben: „Mädchen ertrinkt in Ententeich“. In der DDR hätte man geschrieben: „Mädchen ertrinkt im Ententeich“.

Merke zu den Präpositionen: Mit dem Dativ stehen sie so, wenn man fragen kann: Wo? (Lehrstoff 3. Klasse, Grundschule). Aber DDR zählt heute nicht mehr! Oder vielleicht doch?

Der TA-Chefredakteur greift in der Samstags-Kolumne „Leser fragen“ das Thema auf und antwortet (20. April 2013):

Sie haben Recht – mit der Präposition. „Mädchen ertrinkt im Ententeich“ ist korrekt.

Dabei haben wir nicht den Dativ unterschlagen, sondern den Artikel: „Mädchen ertrinkt in einem Ententeich.“ Das Weglassen des Artikels in einer Überschrift ist eine Medien-Eigenart: Da in eine Überschrift nur wenige Buchstaben passen, geizen Journalisten mit jedem als unnötig erachteten Wort und Buchstaben. Sie können es ruhig eine Medien-Schlamperei nennen.

Diese Überschrift „Mädchen ertrinkt in Ententeich“ fanden Sie an diesem Tag dutzendfach im Internet – bei fast allen Medien vom „Focus“ über „Die Zeit“ bis zu RTL und T-Online. Dieser journalistische Herdentrieb macht es aber weder besser noch richtig.

Was das Mädchen, im Ententeich ertrunken, mit der Achtung vor der DDR zu tun, ist schon schwerer zu verstehen. Der Dativ war im Westen und in Österreich ebenfalls geachtet und wurde in den Schulen gelehrt.

Gerade in der Sprache blieb Deutschland einig – trotz Mauer. Der in Wismar geborene Sprach-Professor Harald Weinrich stellte 1983 in einem Göttinger Vortrag über die Zukunft der deutschen Sprache fest: Nach einer Generation getrennter Sprachentwicklung kann festgestellt werden, die deutsche Sprache ist ungetrennt und ungeteilt.

Er folgerte daraus. „Es ist offenbar einfacher, einen neuen Staat als eine neue Sprache zu gründen.“

Kommentar eines TA-Lesers:

Als interessierter Leser insbesondere der Leserbriefseite der TA heben sich – wie ich es empfinde – bestimmte Beiträge häufig wiederkehrender Leserbriefschreiber hervor; der o.g. Leserbrief stellt jedoch ob seiner entlarvenden Schlichtheit alles in den Schatten.
Umso beeindruckender habe ich Ihre nüchterne, pointierte Antwort empfunden.

Wissenschaft: Wer muss sich quälen? Der Leser oder der Autor?

Geschrieben am 18. April 2013 von Paul-Josef Raue.

Dürfen Wissenschaftler kompliziert schreiben und so Distanz zum Bürger schaffen? Bei einem Germanisten-Kolloquium in Hannover bejahte dies offenbar der Berliner Germanist Steffen Martus und unterstrich laut FAZ-Bericht, „dass die Gegenstände der Forschung naturgemäß schwierig seien und die schwierige Sprache dieser Tatsache geschuldet sei“.

Wilhelm Krull, der Generalsekretär der Volkswagen-Stiftung, will dagegen die Verständlichkeit fördern und Bewerber für ein Stipendium ermutigen, „ohne spezielle Antragsprosa und Fachjargon die Ziele ihrer Forschung aufzuschreiben“. (FAZ,17. April 2013: „Medienkulturlehrerbildung oder Dienst am Text?“)

Krulls Forderung, verständlich zu schreiben, folgt der Forderung im „Handbuch des Journalismus“: Nicht der Leser muss sich quälen, sondern der Schreiber. Der Journalist übersetzt Kompliziertes in einfache Sprache, findet den roten Faden durch ein Labyrinth.

Wer Politik für die Bürger macht (und das soll in einer Demokratie so sein), wer also das Volk vertritt, muss auch vom Volk verstanden werden. Wenn es einem Politiker nicht gelingt oder er absichtlich vernebelt, dann schafft der Journalist Klarheit.

In der Wissenschaft, erst recht in der Germanistik, ist es ähnlich: Die Bürger bezahlen die Forschung und wollen wissen, wie die Forscher ihre Welt und ihren Alltag verändern. Im besten Fall wollen sie mitreden – und das setzt voraus, dass die Bürger verstehen, was die Experten treiben.

Zur Qualitäts-Debatte ein Kuriosum am Rande: Die FAZ schrieb am 17. April im Feuilleton in einer Überschrift: „Die Londoner Buchmesse flüchtet sich in Qualität.“

Eine Flucht in die Qualität? Nein, es ist ein handwerklicher Fehler: Die FAZ nutzte ein Zitat, auch sinnwidrig – denn es bezog sich auf Amazon und nicht auf die Buchmesse.

FACEBOOK-Kommentar:

Raphael Raue:

Eine vernünftige Forderung. Allein mir fehlt der Glaube daran, dass es tatsächlich möglich ist, Komplexitäten jederzeit soweit zu reduzieren, dass sie gemeinhin verständlich sind. Reduktion bleibt eben Reduktion. Und das ist nicht die einzige Aufgabe von Wissenschaft. Und Wissenschaft darauf zu reduzieren würde Wissenschaft in ihren Grundfesten abschaffen, eben in jeglicher Hinsicht sinnlos sein zu dürfen; sicherlich ohne dieses Privileg immer in Anspruch nehmen zu müssen ;)“

Antwort:

Wissenschaftler untereinander können (und müssen wohl auch) Komplexes komplex beschreiben, um eine Genauigkeit zu erreichen, die für Laien schwer verständlich ist. Da dürfen sie selbstverständlich auch eine Spezialsprache nutzen, um von allen in der wissenschaftlichen Gemeinschaft genau verstanden zu werden.

Am Ende müssen Wissenschaftler jedem verständlich machen, was sie tun – auch auf die Gefahr hin,nicht mehr hochpräzise zu sein. Die Menschen in einer Demokratie müssen erfahren, wer die Gene manipuliert und warum er es tut usw.

Henning Noske per Facebook:

Die besten Wissenschaftler können buchstäblich in Bildern und Geschichten sprechen. Sie profitieren davon auch für ihre wissenschaftliche Arbeit. Die besten Journalisten erzählen in Bildern und Geschichten. So wird ein Schuh draus.

Gehört der Doktor-Titel zum Namen? Nein

Geschrieben am 15. April 2013 von Paul-Josef Raue.
2 Kommentare / Geschrieben am 15. April 2013 von Paul-Josef Raue in Aktuelles, D. Schreiben und Redigieren.

Schreiben wir in der Zeitung prinzipiell „Dr. Müller“ – weil der Dr.-Titel zum Namen gehört?

Nein. Die Thüringer Allgemeine erklärte es ihren Lesern im Blatt:

Warum ein „Dr.“ seinen Titel verliert – Nachrichtenagenturen geben die Regeln vor

Ein Arzt aus Nordthüringen bittet um Antwort:
„Ich frage mich, wieso die Redaktion meinen Doktortitel unterschlagen hat. Laut der Pressewartin unseres Vereins war mein Titel in dem Artikel an Sie noch vorhanden. Ich hätte hierzu gerne eine Erklärung. Vor allem in Zeiten, da Promotionen immer wieder hinterfragt werden, kann ich mir nicht verkneifen, hier eine Böswilligkeit zu vermuten.“

Chefredakteur Paul-Josef Raue antwortet:
Akademische Titel wie Prof. oder Dr. werden nicht erwähnt. In Meldungen über wissenschaftliche Themen kann der Professorentitel genannt werden.“

So lautet eine Regel im Stilbuch der Nachrichtenagentur dapd. Ähnlich formuliert es die Deutsche-Presse-Agentur (dpa) in ihrem Handbuch: „Akademische Titel sind zwar Bestandteil des Namens, doch verzichten wir auf die Nennung, sofern der Titel nicht für das Verständnis wichtig ist.“

Regeln im Journalismus werden von den großen Nachrichten-Agenturen aufgestellt, die jeden Tag Hunderte von Nachrichten verbreiten für Zeitungen, Radios und Fernsehsender. Redaktionen, wie auch unsere, halten sich an diese Regeln − in der Regel.

Die amerikanische Nachrichtenagentur AP weist in ihrem Regelbuch darauf hin, dass die meisten Leser den Dr.-Titel auf einen Arzt beziehen − und somit die Nennung eines Titels nur Sinn macht, wenn das Fachgebiet des „Dr.“ genannt wird. Interessant für den Leser ist in der Tat nicht der Titel, sondern allenfalls das Fach, in dem jemand promoviert wurde.

Warum soll bei einem Bundesliga- Schiedsrichter der Titel genannt werden, wenn sich der „Dr.“ auf eine Promotion in Zahnmedizin bezieht? Oder bei einem Politiker im Verkehrsausschuss, der in Chemie promoviert wurde?

Da zudem viele Promovierte ihren Dr.-Titel nicht erwähnen oder er der Redaktion nicht bekannt ist, dürften die Nachrichtenagenturen die Regel aufgestellt haben: Wir verzichten auf den Titel − es sei denn er ist für das Verständnis des Textes notwendig.

Einige Leser protestierten dagegen (auch weil Redakteure bisweilen gegen die Haus-Regel verstoßen) und betonten: Der Dr. gehört doch unbedingt zum Namen.

Die FAZ schreibt in „Beruf und Chance“ nicht nur, das der „Herr Dr.“ bald ausgedient habe und die Promotion nicht unbedingt der Karriere nütze, sondern stellt auch fest: Der Doktortitel gehört nicht zum Namen!

Sowohl der Bundesgerichtshof 1962 wie das Bundesverwaltungsgericht 1957 haben entschieden: Ein akademischer Titel, aber kein Namensbestandsteil. In dem Punkt irrt also dpa. Allerdings kann der „Dr.“ seit 1988 in Reisepass und Personalausweis eingetragen werden.

Quelle: FAZ 13. April 2013, Zeit 1/2009 oder SZ 14.7.2011

Offshore-Leaks: Journalisten treiben Europas Finanzminister

Geschrieben am 14. April 2013 von Paul-Josef Raue.

Ohne die Steueroasen-Recherchen und -Enthüllungen der Süddeutschen hätten sich die Finanzminister in Brüssel nicht auf eine Initiative gegen Steuerflucht geeinigt. An diesem Wochenende ist durch den Druck der Offshore-Leaks in Europa mehr bewegt worden als in den Jahren zuvor.

Das beweist dreierlei:

1. Wichtiger als alle Online-Print-Debatten, wer die Schönste sei im Land, ist die Qualität des Journalismus, ob lokal, national oder weltweit.
2. Tiefe und unabhängige Recherche macht die Qualität des Journalismus aus. Sicher müssen Medien auch Orientierung geben und die Welt verständlich machen, aber dies ist ohne Recherche von geringerem Wert.
3. Demokratie gelingt nur durch freien Journalismus, der seine Quellen schützen darf und dabei auch vor und von dem Staat geschützt wird, und der aufwändige Recherchen finanzieren kann.

Dies ist mein Leitartikel, geplant für die Thüringer Allgemeine (15. April 2013)

Endlich wollen Europas Finanzminister, fast geschlossen, Steuerflüchtlinge jagen, also Millionäre, die ihr Geld in Oasen verstecken – ohne an die Gesellschaft zu denken, in der sie leben und von der sie leben.

Milliarden Euros werden gar nicht versteuert. Deutschland und anderen Ländern können so Geld, das den Bürger zusteht, weder in Bildung oder Entschuldung stecken noch zum Stopfen der Schlaglöcher in den Straßen.

Die Finanzminister, voran Wolfgang Schäuble, zeigten sich am Wochenende entschlossen, um jeden Steuer-Euro zu kämpfen; nur Österreichs Finanzministerin kämpft noch für das Schwarzgeld, das ihr Land reicht macht.

Warum erwachen die Minister? Sind Steueroasen nicht lange bekannt? Schüttelt die Finanzkrise Europa nicht seit Jahren?

Es sind Journalisten, die sie treiben. Sie haben detailliert aufgespürt, wer seine Millionen versteckt. Journalisten sind über zwei Millionen Dateien zugespielt worden. Da Journalisten ihre Informanten nicht preisgeben, bekommt Wolfgang Schäuble die Dateien nicht – und muss selber Initiative entwickeln.

Wer einen Beweis braucht, wie notwendig und nützlich freier Journalismus ist, der schaue nach Brüssel, wenn sich die Finanzminister treffen.

Pressekonferenz mit Reh-Steak und bunten Wildspießen

Geschrieben am 13. April 2013 von Paul-Josef Raue.
0 Kommentare / Geschrieben am 13. April 2013 von Paul-Josef Raue in 21 Die Pressekonferenz, Aktuelles.

Pressekonferenzen sind bisweilen nicht nur Pressekonferenzen, sondern auch Lustspiele. Die schönsten Einladungen sind eine Sammlung wert. Beginnen wir mit dieser:

Im Anschluss an den informativen Teil der Pressekonferenz können Sie sich gemäß dem Motto „Wild(es) Grillen“ auf Köstlichkeiten aus Wildbret wie Reh-Steak, gegrillte Wildschweinrippchen und bunte Wildspieße freuen… Wir freuen uns, wenn Sie diese Einladung annehmen und bitten um eine Rückmeldung per E-Mail.

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