Rituale des Zeitungslesens
Beim Frühstück wird nicht viel geredet – beide sind sie morgens eher wortkarg und lesen lieber Zeitung statt Konversation zu treiben.
Don Winslow, Tage der Toten (Krimi des Jahres 2010)
Der „Stern“ schafft die meisten Ressorts ab
Die Stern-Redaktion zieht die Zugbrücken hoch, beendet die Kleinstaaterei, schließt ihre Ressorts bis auf vier (Deutschland + Welt + Leben + Wissen), erschwert offenbar das Spezialistentum und lässt die Reporter für alle Themen zuständig sein, verbindet Zeitschrift und Internet, sucht neue Chefs. Betrieben hat es der neue Chefredakteur Dominik Wichmann.
Nun herrscht Aufruhr in der Redaktion? Ist Aufstand geplant? Nein, im Gegenteil. „Leichte Aufbruchstimmung“ stellt die Süddeutsche fest (24.Januar 2013), ohne die Quelle zu verraten.
Der Grund sei der Auflagenschwund. Mit dem Rücken zur Wand fällt es halt leichter, selbst eine selbstbewusste Redaktion umzukrempeln.
Schon 2009 sollte es keine Zeitungen mehr geben
So sah David Havermann 1910 in die Zukunft, als er eine Geschichte erfand, die hundert Jahre später spielt:
Zeitungen gab es 2009 nicht mehr. Der gesamte Nachrichtendienst auf der Erde, und auch vom Mars herüber wurde durch ein weit angelegtes System drahtloser Telegraphie vermittelt.
Gerhard Matzig zitiert Havermann in der Titelgeschichte des SZ-Wochenende „“Nach vorne schauen“ (19. Januar 2013). Am Vorabend des Ersten Weltkriegs beherrschte übrigens Optimismus die Propheten. Heute, in friedlichen Zeiten, beherrsche Pessimismus die Propheten, findet Matzig heraus.
Drei Jahre nach Havermann formulierte dagegen Wolfgang Riepl das Permanenz-Gesetz der Medien: Etablierte Formen des Nachrichtenwesens werden von Neu- und Höherentwicklungen nicht verdrängt.
Microsoft-Gründer Bill Gates prophezeite dennoch 1990 für das Ende des Jahrhunderters das Ende der Zeitungen. Monkeyboy Steve Ballmer, der aktuelle Microsoft-Chef, gibt den Zeitungen noch ein wenig mehr Lebenszeit: 2018 soll das Ende drohen.
(zu: Handbuch-Kapitel 53-57 Die Zukunft der Zeitung)
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