Alle Artikel mit dem Schlagwort " Feuilleton"

Kritiker als etablierte Spießer und – ein Lob der Verrisse

Geschrieben am 16. Februar 2014 von Paul-Josef Raue.
0 Kommentare / Geschrieben am 16. Februar 2014 von Paul-Josef Raue in 37 Kommentar, L 47 Newsdesk und Ressorts.

Meine Karriere gründet auf Verrissen. Das würde heute nicht mehr gehen. Das ging in den Sechzigern, als es noch „Wir gegen die“ hieß und die Kritiker etablierte Spießer waren. Die schluckten den Köder. Heute sind alle Kritiker hip… Jeder ist nun einmal hip heute. Das ist auch der Grund, weshalb ich kein heute „Outsider“ mehr sein will… Jeder versteht sich heute als Outsider, sogar Obama! Früher wollte niemand so genannt werden, das war eine Beleidigung, jetzt ist das umgekehrt.

Der Regisseur John Waters (67) in einem SZ-Interview vom 8. Februar 2014

Feuilleton schlägt Politik beim Wettstreit um den längsten Satz des Jahres (Friedhof der Wörter)

Geschrieben am 25. Januar 2014 von Paul-Josef Raue.

Warum schreiben Politiker lange unverständliche Sätze? Tragen Sie eine Meisterschaft aus: Wer schafft den längsten Satz? Schauen wir uns den Wettkampf an: Wer ist Deutscher Satzlängen-Meister 2103?

Im Wahlkampf gaben sich die Politiker, die ihre Wahlprogramme schrieben, viel Mühe, lang und unverständlich zu formulieren – doch reichte es nur für die Bronze-Medaille: 71 Wörter.

Mehr Mühe gaben sich die unbekannten Autoren, die „Geisterschreiber“ des Koalitionsvertrags: Die Silbermedaille für 87 Wörter in einem Satz plus eine Zahl.

Sobald der Aufbau eines europäischen Abwicklungsmechanismus beschlossen ist, kann, nachdem der deutsche Gesetzgeber eine entsprechende Entscheidung getroffen und die EZB die Aufsicht operativ übernommen hat, als Zwischenlösung ein neues Instrument zur direkten Bankenrekapitalisierung auf Basis der bestehenden ESM-Regelungen mit einem maximalen Volumen von 60 Mrd. Euro und insbesondere mit der entsprechenden Konditionalität und als letztes Instrument einer Haftungskaskade in Frage kommen, wobei sichergestellt ist, dass vorher alle anderen vorrangigen Mittel ausgeschöpft worden sind und ein indirektes ESM-Bankenprogramm mit Blick auf die Schuldentragfähigkeit des Staates ausgeschlossen ist.

Nur – was ist ein Politiker gegen einen Journalisten, einen Theaterkritiker? Nichts, wenn es um die Satzlänge geht. Gerhard Stadelmaier brachte es auf 208 Wörter: Das ist der deutsche Rekord 2013, schon einmal gewürdigt in diesem Blog:

Abgesehen davon, dass Jens im Jahr 1998 zu Mozarts „Requiem“ (KV 626) Zwischentexte, Reflexionen schrieb, die den ewigen protestantischen Aufklärer Jens und Auf-Verbesserung-der-Welt-Hoffer als doch etwas leichtfertigen Um- und Gegendeuter und Verharmloser der gewaltigen katholischen Totenmesse zeigt, die das Jüngste Gericht und die Flammen der Verdammnis und die Sühne für alle Sünden und die Gnadenlosigkeit eines Gottes beschwört, bei dem allein die unberechenbare Gnade liegt; abgesehen auch davon, dass Jens im Jahr 2006, als er zur „Reqiem“-Musik seine „Requiem“-Gedanken vortrug, plötzlich das Vermögen, etwas vorzulesen, verließ, er stockte und stotterte und sich so seine Demenz, an der er über die Jahre ohne Sprache und Gedächtnis hinweg verdämmerte, offenbarte; abgesehen auch davon, dass die Stiftskirche, in der einst die Universität Tübingen gegründet wurde und die sozusagen deren erster öffentlicher Raum war, zum Tübinger Öffentlichkeitsspieler- und Nutzer Walter Jens doch wunderbar passt: Es ist ein seltsam Empfinden, wenn jenseits aller Rhetorik und jedes Meinens und Polemisierens und Kritisierens, jedes Forschens und Ergründens und jeder Buchgelehrsamkeit ein Satz in die vollbesetzte Kirche fährt: „Liber scriptus proferetur“ (Und ein Buch wird aufgeschlagen, treu darin ist eingetragen jede Schuld auf Erdentagen), wo sich dann „solvet saeclum in favilla“ (das Weltall sich entzündet) und „quantus tremor est futurus“ (ein Graus wird sein und Zagen).

Im neuen Jahr entdeckt Gerhard Stadelmaier im FAZ-Feuilleton wieder den Reiz und die Kraft der kurzen Sätze, in denen wir kurze Wörter finden voll emotionaler Wucht – wie in der Kritik einer Luc-Bondy-Inszenierung in Paris:

„Die Sterne funkeln im Theaterhimmel. Jetzt beginnt ihr wahrer Traum: die Geschichte, die aus den beiden Schmetterlingen wird. Ein Nachtstück? Eine Eintagsfliegenaffäre? Eine Ehe? Eine Katastrophe? Eine Seligkeit? Alles ist möglich. Nichts ist ausgeschlossen. Aber so, wie es jetzt gerade ist, ist es das pure Glück. Mehr muss auch nicht sein. Ovationen.“

Wir staunen: Ja, kurz ist in der Regel besser! Also – ein Kompliment für den Kritiker. Wäre da nur nicht die „Eintagsfliegenaffäre.

Erweiterte Fassung eines „Friedhof der Wörter“ in Thüringer Allgemeine 27. Januar 2014

Was die Leser immer wieder stört: Das Elend der Fremdwörter

Geschrieben am 29. September 2013 von Paul-Josef Raue.

Die Leser klagen, die Leser zürnen, die Leser wenden sich ab – wie Silke Müller aus Erfurt, die seit 29 Jahren die Thüringer Allgemeine liest und sich immer wieder über die Fremdwörter ärgert. In einem Leserbrief schreibt sie:

In einer Kolumne habe ich bei „Allochthonen“ das große Fremdwörterbuch bemüht, heute bin ich in der Publikumskritik(!) zu „Don Carlo“ über „evoziert“ und „inauguriert“ gestolpert. Muss denn so etwas sein?

Ich habe nach dem Abitur studiert, kenne also etliche Fremdwörter. Aber die hier genannten Fremdwörter finde ich nicht mehr lustig, sondern nur noch ärgerlich und völlig fehl am Platz. Ich habe keine Lust, in der Zukunft ständig das Fremdwörterbuch oder „Google“ in der Nähe haben zu müssen, wenn ich Ihre Zeitung lese.

In seiner Samstags-Kolumne „Leser fragen“ antwortet TA-Chefredakteur Paul-Josef Raue:

Die Kenner der Schriften von Karl Marx werden die „Inauguraladresse der Internationalen Arbeiter-Assoziation“ von 1864 gelesen haben, die mit dem Satz beginnt: „Es ist Tatsache, dass das Elend der arbeitenden Massen nicht abgenommen hat.“

Die meisten werden die Schrift weder gelesen noch von ihr gehört haben. So unbekannt wie diese Schrift von Marx ist auch das Wort: Inaugural meint schlicht „Einführung“; inauguriert meint „eingeführt“ oder „angekündigt“.

Sie haben Recht, verehrte Frau Müller, es ist ein Elend mit den Fremdwörtern. Sie gehören nicht in eine Zeitung, die von allen verstanden werden will – und nicht nur von Bildungsbürgern mit Abitur, die beim „Allochthonen“ auch nur noch den Kopf schütteln.

Es gibt Zeitgenossen, besonders zahlreich in der Kultur, die wollen nicht verstanden werden: Sie wollen sich abheben vom einfachen Volk, sie sind stolz auf ihre Bildung und freuen sich, wenn nicht jeder sie versteht. Wir Redakteure denken anders – aber schreiben nicht immer so, leider.

Bisweilen scheut man sich, etwa „Ausländer“ zu sagen, und flüchtet in Begriffe wie „Allochthonen“, mit denen Sozialwissenschaftler Ausländer bezeichnen, die in Deutschland leben.

Wer „evoziert“, der beschwört oder ruft hervor. Es gibt also gute und verständliche deutsche Wörter statt der fremden. Wir müssen nur den Mut haben, uns der deutschen Sprache zu bedienen.

Thüringer Allgemeine, 28. September 2013

Reich-Ranickis Stillehre in vier Worten: Keine Wissenschaft! Keine Fremdwörter

Geschrieben am 20. September 2013 von Paul-Josef Raue.

Silke Scheuermann wartet in einem Münchner Hotelzimmer auf ihre Lyrik-Lesung und ruft „extrem nervös“ Marcel Reich-Ranicki zu Hause an. Sie möchte für die „Frankfurter Anthologie“ ein Gedicht von Friederike Mayröcker interpretieren.

Sie ruft an, nimmt sich vor, keine Anglizismen zu benutzen und redet vom Mayröcker-Sound und vom Event. „Wie sprechen Sie denn?“, bellt der Meister, „Sie sind doch kein kleines Mädchen mehr.“ Aber nach kurzem Gespräch bittet er um einen Text mit dem Hinweis:

Aber na gut, machen Sie, schreiben Sie auf, was Ihnen persönlich an diesem Gedicht gefällt. Keine Wissenschaftsprosa! Keine Fremdwörter! Was Ihnen gefällt!“

Keine Wissenschaftsprosa! Keine Fremdwörter! Das ist Reich-Ranickis Stillehre in vier Worten. MRR starb am 18. September 2013.

Quelle: FAZ 20. September 2013

Wenn Rezensenten metaphern: Lynchen und Demolieren in Bayreuth

Geschrieben am 31. Juli 2013 von Paul-Josef Raue.

Wie drastisch und menschenverachtend darf die Sprache sein? Die Sprache des Feuilletons? Ist „Lynchen“ ein Sprachbild, das angemessen ist in der Besprechung einer Opern-Inszenierung? In der Süddeutschen Zeitung schreibt Reinhard J. Brembeck über den „Siegfried“ in Bayreuth:

Als der Vorhang fällt, setzt ein Buhgeschrei ohnegleichen ein. Hätte sich Castorf gezeigt, er wäre gelyncht und das Festspielhaus demoliert worden.

Der Rezensent, so ihn einer fragte, rechtfertigte sich wohl: Ist doch Ironie! Ist doch nur ein „Spaß“! Ist doch Kunst!

Das ähnelte dem Verhalten von Hundebesitzern. Rast ihr Liebling auf einen Jogger zu und freut sich aufs Zupacken bereit, ruft der Besitzer: „Keine Angst, der will doch nur spielen.“

SZ, 31. Juli

Hamburger Abendblatt mit riesiger weißer Fläche – statt Foto von Cecilia Bartoli

Geschrieben am 7. Juni 2013 von Paul-Josef Raue.

Die Kultur-Seite des Hamburger Abendblatt ließ in der Donnerstag-Ausgabe (6. Juni 2013) viel Raum für Notizen. Das geplante 4-spaltige Foto zur Rezension des Cecilia-Bartoli-Konzerts kam nichts ins Blatt, stattdessen gab es weißen Raum und den Hinweis:

An dieser Stelle hätten wir gern ein Konzertfoto der Sängerin gezeigt. Doch das Schweizer Management stellte unannehmbare Bedingungen: Fotos in der Pause zur Auswahl vorlegen, die nicht genehmen löschen? Darauf haben wir uns nicht eingelassen.

Der Boulevard im Feuilleton: Ist Wulff grauer geworden?

Geschrieben am 24. November 2012 von Paul-Josef Raue.
0 Kommentare / Geschrieben am 24. November 2012 von Paul-Josef Raue in Aktuelles, Lexikon unbrauchbarer Wörter.

Christian Wulff spricht wieder, öffentlich. Die großen Zeitungen sind dabei, die Zeitungen, die sich Qualitätsmedien nennen. Was er in der Alten Aula der Heidelberger Uni sagt, wird nur am Rande erwähnt.

Das Feuilleton wird zum Boulevard. Der Ex-Präsident hat, beobachtet Jan Wiele in der FAZ, eine neue Brille, randlos „wie in der Zeit vor der Katastrophe“, er ist sichtlich schmaler geworden – und er ist ein bisschen grauer (Anzug und Haare).

In der Welt hat Ulrich Exner den anderen Blick, den Anti-Blick: Wulff wirkt nicht ausgezehrt, nicht so verhärmt; und er bekennt sich zu seiner Scham – für die Mordserie des NSU.

Auch Exner sucht das Graue an Wulff: Dunkelgraue Hose, graues Jackett und graue Krawatte. Und die Haare? Da spielt Exner mit seiner Reporter-Rolle:

Sind da vielleicht ein paar mehr graue Haare? Man kann sich auch lächerlich machen als Beobachter. Christian Wulff sieht ziemlich genau so aus, wie Christian Wulff immer ausgesehen hat.

Ein Lob für die Reporter, der sich selbst mit leiser Ironie beobachten kann!

Ironisch wird auch Jan Wiele in der FAZ: Er nennt Wulffs Rede „postinformativ“; und er legt seine Bibel-Kenntnisse offen und schreibt „wahrlich“ in einer kommentierenden Anmerkung zu Wulffs Honorar, das dieser nicht bekommen hat.

Oder meint er es wahrlich ernst, weil es im Feuilleton steht, dem postinformativen Feuilleton?

(FAZ 23.11.2012 „Der Anfang nach dem ende ist schnell gemacht“ + Welt 23.11.2012 „Der neue alte Wulff“)

(zu: Handbuch-Kapitel 32-33 Die Reportage + 16 Lexikon unbrauchbarer Wörter)

Ude (2): Die hohe Kunst des Lokaljournalismus

Geschrieben am 19. November 2012 von Paul-Josef Raue.
0 Kommentare / Geschrieben am 19. November 2012 von Paul-Josef Raue in Lokaljournalismus, Presserecht & Ethik, Recherche.

Wenn Münchens Oberbürgermeister verstehen will, was seine Verwaltung schreibt, schaut er in den Lokalteil der Zeitungen: „Ich verstehe viele Vorlagen nicht. Aber seriösen Zeitungen gelingt es, den wesentlichen Inhalt zu vermitteln.“ Das eine, die Leistung der Lokaljournalisten, sei eine Kunst; das andere, die Verwaltungssprache, ein Milieu-Schaden.

So sprach Christian Ude bei der Lokaljournalismus-Konferenz des Netzwerk Recherche in München (9. November 2012). Daraus abzuleiten ist die Forderung an die Lokaljournalisten: Übersetze die Verwaltungssprache in ein verständliches Deutsch, damit es nicht nur der Oberbürgermeister verstehen kann, sondern jeder Bürger deiner Stadt!

Eine weitere Kunst, die Lokaljournalisten beherrschen, lobte Ude: Aus einer neunstündigen Sitzung das Wesentliche zu destillieren. „Wir profitieren davon!“ – und meinte mit „wir“ die Politiker. Auch daraus kann man eine Forderung formulieren.

Eine dritte Kunst hob Ude hervor: „Als Korrespondent in Südamerika ist es völlig wurscht, was sie schreiben, im Lokaljournalismus muss jede Zahl und jeder Vorname stimmen, zumindest bei einem Stadtrat. Die öffentliche und soziale Kontrolle ist nirgends so enorm wie im Lokaljournalismus.“ Daraus folgert Ude: „Das hohe Selbstwertgefühl der Lokaljournalisten ist durchaus berechtigt.“

So lassen sich die Ude-Regeln der Lokaljournalisten-Kunst formulieren:

1. Schreibe so, dass dich jeder versteht, sogar der Oberbürgermeister!
2. Hole das Wesentliche aus jeder langen Sitzung, aus jeder Versammlung heraus!
3. Recherchiere sorgfältig, weil dich jeder kontrollieren kann!

Eine vierte Regel fügte er an: Kontrolliere die Mächtigen! Sei Wächter der Demokratie! Diese Regel formulierte Ude als Kompliment: „Man muss Lokaljournalisten fürchten!“

Die Wächterfunktion sei notwendig, denn – so Ude – „alle Menschen jeglicher Couleur neigen zum Machtmissbrauch, wenn sie nicht von außerhalb kontrolliert werden.“ Zu schreiben, was verschwiegen werden soll, sei die vornehme Aufgabe der Lokaljournalisten.

Wie er selber einmal in seiner Jugend wenig sorgfältig, aber dennoch erfolgreich gewesen war, erzählte er vor hundert Gästen im Restaurant der Süddeutschen Zeitung:

Ich habe eine Musikkritik in der SZ geschrieben, ohne dabei gewesen zu sein. Ich hatte keine Lust, bin ins Textarchiv gegangen, habe mir eine entsprechende Kritik von Joachim Kaiser angesehen, die besten Passagen abgeschrieben – und mir stattdessen einen unvergesslichen Abend im Biergarten gegönnt.

Der Konzertverein hat sich bedankt: „Der Kritiker hat mit viel Herzblut geschrieben.“ Die Plattenfirma hat meine Kritik aufs nächste Plattencover gesetzt.

Die Macht des Lokaljournalisten erlebte Ude bei den großen Studenten-Demonstrationen 1968, bei denen die Schätzungen der Teilnehmer zwischen Polizei und Zeitung immer stark differierten – bis eines Tages der Polizeichef auf Ude zukam und ihn fragte: „Wären Sie mir 3000 einverstanden?“

Der Lokaljournalismus ist für Ude kein Sprungbrett nach oben, er ist schlicht der folgenreichste Journalismus, der Ernstfall, wo es auf jedes Wort ankommt. „Nirgendwo ist die publizistische Wirkung so erfolgreich.“

Ude plädierte für Seriosität und Hintergründigkeit gerade im Lokaljournalismus: „Ich wundere mich, wie viele Journalisten sich auf den Wettlauf um Aktualität einlassen, statt auf Qualität und Ausführlichkeit zu setzen. Der recherchierende Journalist wird immer wichtiger – und deswegen sage ich es auch in Anwesenheit der Geschäftsführung.“

(zu: Handbuch-Kapitel 48-49 Presserecht und Ethik + 55 Der neue Lokaljournalismus + 3 Warum die Gesellschaft bessere Journalisten braucht)

Überregional Denkende gegen Patrioten des Lokalen – Wie sich ein Ex-FR-Redakteur an seine Zeitung erinnert

Geschrieben am 15. November 2012 von Paul-Josef Raue.
0 Kommentare / Geschrieben am 15. November 2012 von Paul-Josef Raue in Aktuelles, Lokaljournalismus.

Als Redakteur eines überregionalen Ressorts fehlte mir wohl das Verständnis, wie sehr ihre lokalen Wurzeln die Zeitung prägten. Ich nahm sie als das, was sie fern von Frankfurt gewesen war: als eine Bühne der intellektuellen Auseinandersetzung, die in Feuilleton und Politik stattfand, als eine harte Währung im intellektuellen Diskurs – und womöglich war auch das in den Neunzigern schon mehr Nimbus als Realität.

Peter Körte in der FAZ in seinem Nachruf auf die FR „Der Tag der lebenden Toten“ (14. November 2012), in dem er auch über die Debatten berichtet zwischen den „überregional Denkenden“ und den „Patrioten des Lokalen“.

(zu: Handbuch-Kapitel 57 Wie können Zeitungen überleben + 55 Der neue Lokaljournalismus + Welche Zukunft hat der Journalismus)

Süddeutsche: Leserbriefe werden Kultur

Geschrieben am 17. August 2012 von Paul-Josef Raue.
Kommentare deaktiviert für Süddeutsche: Leserbriefe werden Kultur / Geschrieben am 17. August 2012 von Paul-Josef Raue in Aktuelles.

Das neue Design der Süddeutschen Zeitung hat den Leserbriefen einen neuen Ort geschenkt: Das Feuilleton-Buch vor der Wissens-Seite. So adelt die überregionale Zeitung die Meinung der Leser, bringt auf der Seite „Forum & Leserbriefe“ auch die Korrekturen, einen Rückblick „Vor zehn Jahren“ oder eine Auswahl der Leserbeiträge von Facebook, Google Plus und Twitter – stets mit komplettem Namen, aber nicht mit Ort und nicht mit Nickname.

Nicht mehr zur Kultur zählt die SZ die „Medien“, die Seite ist verbannt auf die vorletzte Seite des Sportbuchs, zwischen „Bayern“ und dem Fernsehprogramm.

(zu: Handbuch-Kapitel 53 Was die Leser wollen + 55 Der neue Lokaljournalismus)

Seiten:«1234»

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