Der neue Duden: Rabaukin ist ein Vollpfosten (Friedhof der Wörter)
Der erste Duden erschien 1880, er listete knapp dreißigtausend Wörter auf. Der neue Duden erscheint in diesen Tagen, er listet fast fünf Mal so viele Wörter auf.
Der Duden wird immer dicker. Unsere Sprache entwickelt sich so völlig anders als unsere Bevölkerung: Mehr Geburten als Beerdigungen.
Immer mehr Wörter, aber immer weniger Wissen, wie unsere Wörter korrekt geschrieben werden – so lautet ein lauter werdender Vorwurf der Liebhaber der deutschen Sprache, auch in vielen Briefen an den Friedhofs-Wärter. Ob alle, die so klagen, auch alle Veränderungen kennen und verstehen?
Ob Liebhaber oder Ignorant: Testen Sie Ihr Wissen! Dies sind zwölf Wörter, die erstmals im Duden stehen: a) Was bedeuten Sie? b) Sind sie korrekt geschrieben?
1. abzippen
2. Compi
3. Enkeltrick
4. fremdvergeben
5. gentrifizieren
6. Low-Carb-Diät
7. nanoskalig
8. performant
9. Rabaukin
10. Schüttelbrot
11. Spacko
12. Vollpfosten
Das Rechtschreib-Programm markiert übrigens elf dieser zwölf Wörter als falsch oder unbekannt
Kubicki: Am besten wäre ein Prozess in den USA – nicht nur für Snowden
Was wäre, wenn Snowden vor ein amerikanisches Gericht gestellt würde? fragt Wolfgang Kubicki. Dann müsste sich die amerikanische Gesellschaft intensiv damit beschäftigen: Was darf der Staat überhaupt? Wie tief darf er in das Private der Menschen eindringen, um die Sicherheit der Bürger zu garantieren? Welche Rolle spielen die Medien in der Aufklärung solcher Staats-Affären?
Es ist Unsinn, Snowden in Deutschland politisches Asyl zu geben. Die USA sind ein Rechtsstaat mit strengen Regeln, die man auch einklagen kann. Statt politisches Asyl in Deutschland zu fordern, wäre es sinnvoller, wir in Deutschland ein paar Millionen zu sammeln, Snowden die besten Anwälte zu besorgen und ihm ein gutes Verfahren in den USA zu ermöglichen.
Das sagte Wolfgang Kubicki am Rande eines TA-Gesprächs mit jungen Wähler in Nordhausen. Kubicki kandidiert für den Bundestag, ist FDP-Chef in Schleswig-Holstein und Mitglied des Präsidiums der Bundes-FDP.
Der längste Satz und die meisten Klicks
Ich freue mich, dass sich viele Journalisten um die Sprache sorgen:
– ECHO –
Meistgeklickter Link am Freitag Morgen war der bisher längste Zeitungssatz 2013. Er kommt von „FAZ“-Feuilletonisten Gerhard Stadelmaier und ist 208 Wörter lang.
journalismus-handbuch.de
Turi2, 1. Juli 2013
Lange Sätze, kurze Sätze und das Drei-Sekunden-Gesetz
Es geht nicht darum, ob Sätze lang sind oder kurz. Es geht darum, ob wir sie beim ersten Lesen leicht verstehen. Wer gelesen werden will, sollte sich darum bemühen.
Lange Sätze müssen nicht unverständlich sein, aber die Wahrscheinlichkeit ist hoch.
Lange Sätze können auch schön sein – beispielsweise in Caroline Emckes preisgekrönter Afrika-Reportage, die ich in diesem Blog gelobt habe. Sie schrieb 120 Wörter in einem Satz: Nur kurze Hauptsätze.
Kurze Sätze können unverständlich sein, aber die Wahrscheinlichkeit ist gering.
Auf dem Schild vor einem Rathaus steht:
Vor vor dem Rathaus unbefugt vorfahrenden Kraftfahrzeugen wird gewarnt.“
Der Satz ist kurz, aber schwer verständlich. Dagegen sind die ersten Sätze der Bibel kurz und leicht verständlich:
Am Anfang schuf Gott Himmel und Erde. Und die Erde war wüst und leer, und es war finster auf der Tiefe; und der Geist Gottes schwebte auf dem Wasser.
Wenn man die Erschaffung der Erde in kurzen Sätzen schildern kann, dann auch eine Trauerfeier in Freiburg.
Heinz W.Pahlke schreibt in seinem Sprachrand-Blog: Ein Satz mit 208 Wörtern kann zwar einen Durchschnittsleser überfordern, aber keinen Leser des FAZ-Feuilletons.
Das sieht der Psychologie-Professor Ernst Pöppel anders, und er begründet das mit wissenschaftlicher Erkenntnis:
Wir haben ermittelt, dass es in allen Bereichen, die wir untersucht haben, die merkwürdige universelle Konstante von ein paar Sekunden gibt. Wir sprechen von einem Operationsbereich von maximal zwei bis drei Sekunden, der mit menschlichem Willen nicht verlängert werden kann…
Satzkonstruktionen liegen in diesem Zeitbereich. Dieses Phänomen gilt für alle Sprachen dieser Welt, so dass wir sagen können: Diese Rhythmik ist eine universelle Konstante.
Auf die Frage, ob diese Konstante auch auf die Poesie zutreffe, antwortete der Psychologe:
Interessanterweise ja. Es gibt Ähnlichkeiten zwischen der temporalen Struktur von Gedichten und der gesprochenen Alltagssprache. Jede Verszeile ist eingebettet in das genannte Zeitfenster…
Unbewusst nutzen die Dichter den Gehirnmechanismus, um optimal Informationen abzubilden.
Dies Interview war 1998 in der Silvesterausgabe der FAZ zu lesen, als sie noch ihr großartiges Magazin beilegte.
Nach Erkenntnis des Wissenschaftlers müsste das Drei-Sekunden-Gesetz auch für FAZ-Leser gelten und nicht nur für Durchschnittsleser; mit Willenskraft allein sei dies Naturgesetz des Lesens nicht zu überlisten. Also müsste es auch für einen „wunderbar poetisch formulierten Nachruf“ gelten, wie Heinz W. Pahlke den 208-Wörter-Satz rühmt.
Der Drei-Sekunden-Regel folgen auch alle SMS-und Twitter-Autoren, die also nicht für den Untergang des Abendlands stehen. Die zehn Gebote beispielsweise passen locker in maximal zehn Tweets: „Du sollst nicht töten“ besteht gerade mal aus 21 Zeichen.
Dies sind die Regeln der Verständlichkeit:
1. Schreibe stets so, dass der Leser nicht länger als drei Sekunden braucht, um eine Information zu verstehen.
2. Ein Satz darf durchaus unbegrenzt lang sein, wenn er gut gebaut ist:
a. Er beachtet die Drei-Sekunden-Regel;
b. er ist gegliedert durch Komma, Semikolon, Doppelpunkt und Gedankenstrich;
c. er besteht aus Hauptsätzen;
d. er lässt nur wenige eingeschobene Nebensätze zu oder einen längeren Nebensatz am Ende;
e. er schiebt höchstens sieben kurze Wörter zwischen Subjekt und Prädikat („der Vater auf einem Schaukelpferd lobt…“), zwischen Artikel und Substantiv („der auf einem Schaukelpferd sitzende Vater„) sowie zwischen das zweiteilige Verb („Der Vater hat seinen gehorsamen Sohn gelobt„);
f. er nutzt wenige Ziffern und keine Klammern, es denn am Ende des Satzes (wogegen ich in dieser Aufzählung unter Punkt e verstoßen habe).
3. Journalisten schreiben so, dass ihr Text beim ersten schnellen Lesen zu verstehen ist. Alles andere überlassen sie Poeten, die für eine Minderheit schreiben wollen.
„Frau Zschäpe ist schwanger“ oder: Wie Leser auf den NSU-Prozess reagieren
„NSU-Berichte provozieren Leser. Chefredakteur der Thüringer Allgemeine bringt Abonnenten gegen sein Blatt auf“, schreibt Jens Twiehaus im Kress-Report. Er folgt einer Podiumsdiskussion bei der Jahreskonferenz von Netzwerk Recherche in Hamburg und einem Gespräch mit mir.
Die Überschrift ist zwar ein wenig reißerisch, denn es geht um 30 oder 40 Leserbriefe mit Reaktionen wie: „Wir wollen nicht jeden Tag das Gesicht von Beate Zschäpe sehen“ und „Wir haben doch nichts mit den Nazis zu tun.“ Dennoch haben einige Leser Schwierigkeiten mit dem NSU-Prozess. Ein typischer Leserbrief ist heute (29. Juni) in der Thüringer Allgemeine zu lesen:
Die Wahrheit fällt nicht vom Himmel
Dr. Hans Weigel aus Mühlhausen schreibt zum Artikel: „Post von Zschäpe an einen Dortmunder Häftling abgefangen“ (TA vom 14. Juni):
Ich hatte mir geschworen, keine Kommentare zu diesem unsäglichen Geheimdienst- und Prozess- Vor – (oder besser „Ver“) gehen abzugeben. Diese Meldung übersteigt jedoch alle Vorstellungen, die Frau Zschäpe bisher geliefert hat. Nicht nur, dass sie entsprechend der von ihr gelieferten Modenschau eine „Haft-Suite“ haben muss, nein, sie hat ausreichend Briefpapier (die Briefmarken stellte sicher die Haftanstalt zur Verfügung).
Man entschuldigt sich sozusagen noch, dass man einen 1 bis 1,5 cm dicken Brief an einen auswärts einsitzenden Verbrecher geöffnet hat. Wie nobel, wo doch die CIA alle unsere Telefongespräche ohne Entschuldigung abhören darf.
Jetzt warte ich jedenfalls nur noch auf die Zeitungsmeldung „Frau Zschäpe ist schwanger“, und keiner weiß, wie das geschehen konnte.
Der Brief steht in der Samstags-Kolumne „Leser fragen“, in der der Chefredakteur auf Leserbriefe antwortet:
Sehr geehrter Herr Weigel,
Sie sprechen wahrscheinlich für nicht wenige Leser. Ähnlich lautende Briefe stapeln sich auf meinem Schreibtisch.
Dennoch: In einem Rechtstaat gilt die Unschuldsvermutung. Bevor die Richter ihr Urteil nicht gesprochen haben, müssen alle, die Verantwortung tragen, von der Unschuld der Angeklagten ausgehen.
Das gilt auch für uns Journalisten: Es ist nicht Aufgabe von Zeitungen, Vorurteile zu bestätigen; wir haben zu zeigen und zu kontrollieren, wie ein Urteil entsteht. Nur so werden aus Vorurteilen, die von Gefühlen überwuchert sind, vernünftige Urteile.
Ein solch schwerer und komplizierter Prozess, in dem die Angeklagte schweigt – was ihr gutes Recht ist -, ein solcher Prozess, der ein Jahr dauern wird, ist zäh und ermüdend. Dennoch berichten wir ausführlich, um der Wahrheit nahe zu kommen. Wir brauchen Geduld, wir brauchen Zeit, weil die Wahrheit nicht vom Himmel fällt.
Über hundert Artikel sind in unserer Zeitung schon erschienen, noch viel mehr im Internet; die Zahl wird bis zur Verkündung des Urteils, wahrscheinlich im Sommer nächsten Jahres, erheblich wachsen.
In diesen Berichten erfahren wir auch viel über uns, über die Gesellschaft, in der das NSU-Trio aufgewachsen ist, und über das Milieu, in dem die braunen Gedanken, die Abneigung gegen Fremde wachsen konnten ebenso wie die Entscheidungen für den Terror. Darüber werden wir gemeinsam diskutieren müssen: Was hat die NSU, was hat der Prozess mit uns zu tun?
Verdrängen hilft nicht.
Und mit Verlaub, sehr geehrter Herr Weigel, eingesperrt zu sein, ist schlimm genug. Einem Menschen, der den Himmel nicht mehr sehen darf, keine Briefmarken mehr zu gönnen, ist – sagen wir: gar nicht nett.
Auf dem Podium Netzwerk Recherche wie im Kresshabe ich den Kommentar unseres Gerichtsreporters Martin Debes zitiert, der die heftigsten Reaktionen ausgelöst hatte:
Im Schwurgerichtssaal A101 sitzt auch Thüringen, auf der Anklagebank, weil dies nun einmal das Land ist, aus dem die Täter kommen.
Ein Thema ist auch der Hochmut einiger westdeutscher Beobachter, den ich auf dem Hamburger Podium angesprochen habe: „Wir sind bisweilen etwas verwundert, wie westdeutsche Zeitungen über den NSU schreiben und das Fernsehen berichtet. Es schwingt häufig im Unterton ein ,Das musste ja im Osten passieren‘ mit.“
Ist das Gewissen für Journalisten ein charakterliches Handicap? (Zitat der Woche)
Als Journalist hatte Henning Ritter mit einem charakterlichen Handicap zu kämpfen: Er war nur bereit zu schreiben, was er vor dem strengsten ihm bekannten Gerichtshof, seinem Gewissen, verantworten konnte, und so zögerte er oft, zu der in seinem Gewerbe als notwendig empfundenen Konklusion zu gelangen.
Martin Mosebach über Henning Ritter, der am 23. Juni in Berlin gestorben ist. Der FAZ-Redakteur redigierte die Seite „Geisteswissenschaften“, schrieb Sachbücher über Grausamkeit, Mitleid und sein großes Vorbild Rousseau. Er notierte sich unentwegt seine Gedanken und gab sie 2010 als Buch heraus: „Notizhefte“
Im FAZ-Essay berichtet Mosebach von seinen Begegnungen am Freitagnachmittag im Kaffeehaus, wo Ritter „unter einer Glasglocke der Konzentration“ seine Notizen schrieb. Sollte man vielleicht den Nachrichtenraum in einem Cafe einrichten?
Bei einem der letzten Gespräche mit Mosebach erzählte Ritter, wie er die Nachricht seines Arztes vom nahen Tod aufgenommen habe: „Ich fühlte eine ungeheure Erleichterung – du musst nie wieder schreiben.“
Quelle: FAZ vom 27. Juni „Unbedingter Glaube an die Kraft des Gedankens“
Die Deutsche Meisterschaft des längsten Satzes: 208 Wörter – Wer findet mehr?
Wir sind auf der Suche nach dem längsten Satz in diesem Jahr, der in einer Zeitung gedruckt wurde. Zur Zeit führt der Feuilletonist Gerhard Stadelmaier, der in seinem Text über die Trauerfeier von Walter Jens 208 Wörter in einem Satz unterbrachte (nach der Word-Wörterzählung):
Abgesehen davon, dass Jens im Jahr 1998 zu Mozarts „Requiem“ (KV 626) Zwischentexte, Reflexionen schrieb, die den ewigen protestantischen Aufklärer Jens und Auf-Verbesserung-der-Welt-Hoffer als doch etwas leichtfertigen Um- und Gegendeuter und Verharmloser der gewaltigen katholischen Totenmesse zeigt, die das Jüngste Gericht und die Flammen der Verdammnis und die Sühne für alle Sünden und die Gnadenlosigkeit eines Gottes beschwört, bei dem allein die unberechenbare Gnade liegt; abgesehen auch davon, dass Jens im Jahr 2006, als er zur „Reqiem“-Musik seine „Requiem“-Gedanken vortrug, plötzlich das Vermögen, etwas vorzulesen, verließ, er stockte und stotterte und sich so seine Demenz, an der er über die Jahre ohne Sprache und Gedächtnis hinweg verdämmerte, offenbarte; abgesehen auch davon, dass die Stiftskirche, in der einst die Universität Tübingen gegründet wurde und die sozusagen deren erster öffentlicher Raum war, zum Tübinger Öffentlichkeitsspieler- und Nutzer Walter Jens doch wunderbar passt: Es ist ein seltsam Empfinden, wenn jenseits aller Rhetorik und jedes Meinens und Polemisierens und Kritisierens, jedes Forschens und Ergründens und jeder Buchgelehrsamkeit ein Satz in die vollbesetzte Kirche fährt: „Liber scriptus proferetur“ (Und ein Buch wird aufgeschlagen, treu darin ist eingetragen jede Schuld auf Erdentagen), wo sich dann „solvet saeclum in favilla“ (das Weltall sich entzündet) und „quantus tremor est futurus“ (ein Graus wird sein und Zagen).
Wetten dass der Autor stolz ist auf diesen Satz? Dass er stolz ist, dass ihn nur wenige verstehen? Dass er stolz ist, dass er klüger als alle, die nur kurze Sätze schreiben?
Trotzdem taugt der Satz für jeden Volontärskurs: Wie zertrümmere ich einen Schachtelsatz?
In demselben Text findet sich auch dieser Satz – ohne Semikolon und Doppelpunkt -, der es auf 54 Wörter bringt:
Der Rhetorikprofessor, Schriftsteller, Polemiker, republikanische Redner, Sich-überall-Einmischer, Pazifist, Praeceptor, Germaniae, Akademiepräsident, Homo politicus, Essayist, Linker und Großaufklärungsgrundbesitzer scheint auf dem Zauberberg am Neckar, den er – eine Mischung aus Nathan der Weise, Vater Courage und wenigstens Worte, wenn schon nicht Wirklichkeiten verändernder Prospero – über Jahrzehnte beherrschte, doch irgendwie eine Figur respektvoll anerkannter Vergangenheit zu sein.
Wer hat das Verb im Hauptsatz entdeckt? Es ist „scheint“ – mittendrin, schlapp und unscheinbar muss es sich gegen starke Hauptwörter durchsetzen wie Polemiker, Linker und das 27-Buchstaben-Wort Großaufklärungsgrundbesitzer. Da haben wir den Anwärter auf die Meisterschaft des längsten Wortes auch schon gefunden.
Beide Sätze erschienen in „Das letzte Wort“, FAZ 18. Juni 2013.
Wer entdeckt noch längere Sätze?
AP-Chef: Regierung muss Journalisten vor Abhör-Aktion warnen
Die amerikanische Regierung soll die Verfassung achten, vor allem die Pressefreiheit beachten, statt sie auszuhöhlen, schreibt AP-Chef Gary Pruitt im Blog seiner Nachrichtenagentur. Er reagiert auf das Abhören gegen AP-Journalisten im vergangenen Monat.
Pruitt stellt fünf Forderungen auf, um die Pressefreiheit dauerhaft zu sichern:
1. Das US-Justizministerium muss die Presse vor Abhör-Aktionen warnen und anhören, bevor es sich Zugriff auf ihre Aufzeichnungen verschafft.
2. Gerichte müssen sicherstellen, dass die Gewaltenteilung ebenso strikt eingehalten wird wie die Verfassung und journalistische Rechte nicht durch die Selbstermächtigung der Exekutive untergraben werden.
3. Die Richtlinien, die besagen, dass Journalisten keiner Auskunftspflicht unterliegen, müssen an die modernen Kommunikationsformen wie Mails oder SMS angepasst werden.
4. Zur Durchsetzung dieser journalistischen Schutzrechte brauchen wir ein strenges Bundesgesetz.
5. Das Justizministerium muss eine Vorschrift erlassen, die auch künftige Regierungen verpflichtet, keinen Reporter zu kriminalisieren, nur weil er seinen Job macht.
(Zusammenfassung und Übersetzung: Felix Voigt)
AP beruft sich auf den ersten Zusatz der US-Verfassung, verabschiedet im Dezember 1791:
Congress shall make no law respecting an establishment of religion, or prohibiting the free exercise thereof; or abridging the freedom of speech, or of the press; or the right of the people peaceably to assemble, and to petition the Government for a redress of grievances.
Der Kongress darf kein Gesetz machen, das die Einführung einer Staatsreligion zum Gegenstand hat, die freie Religionsausübung verbietet, die Rede- oder Pressefreiheit oder das Recht des Volkes einschränkt, sich friedlich zu versammeln und die Regierung um die Beseitigung von Missständen zu ersuchen.
(Übersetzung: Wikipedia)
Luther, Goethe und der Starkregen (Friedhof der Wörter)
„Himmel, Arsch und Starkregen!“ ist kein Fluch, denn Starkregen ist – im Vergleich mit Himmel und Arsch – ein schwaches Wort. Doch der „Starkregen“ war in den vergangenen Wochen eines der am meisten genutzten Wörter; im Wetterbericht stand es an erster Stelle.
Doch wir haben ein starkes Wort, ein Gefühls-Wort, das in Vergessenheit gerät und dem schwachen Starkregen weicht: Wolkenbruch. Vor einem halben Jahrtausend schlüpfte es in die deutsche Sprache.
Martin Luther schwankte noch, gebrauchte erst die damals geläufige „Wolkenbrust“ – wenn er beispielsweise in seinen Tischreden gegen den Oberchristen in Rom wetterte: „Da ist der Papst mit seinen schädlichsten Traditionen herein gefallen wie eine Wolkenbrust und Sündflut.“
Später wechselte Luther zum modernen „Wolkenbruch“, wenn er dem Volk ins Gewissen redete: „Dich überfallen hier nicht allein Tropfen, sondern eitel Wolkenbrüche mit Sünden.“
Paracelsus war ein berühmter Arzt und Zeitgenosse von Luther. Als er vom Aufplatzen einer Wunde sprach, das er „Platz“ nannte, verglich er es so: Ein Platz geschieht wie ein Wolkenbruch.
Drei Jahrhunderte später machte sich der Dichter Friedrich Hebbel seine Gedanken über die leere Speisekammer: „Hat man nichts zu Hause, so kommen die Gäste wie Wolkenbruch und Hagelschlag.“ Übrigens sah man im Wolkenbruch eine Zeit lang eine Frau: Die Wolkenbruch.
Enden wir das Loblied auf den Wolkenbruch mit einem Fluch des Weimarer Dichters Goethe, zu entdecken in einem seiner Lustspiele: „Wolkenbruch und Hagel!“ Und eben kein Starkregen.
Thüringer Allgemeine, Montag, 24. Juni 2013
Was Kinderzeugen mit dem Fernsehen zu tun hat (Zitat der Woche / Wickert-Preis)
Weshalb haben Sie mit Ihrer Frau 14 Kinder gezeugt?
Aus Langeweile. Zu der Zeit hatten wir noch keinen Fernseher.
Aus dem Hörfunk-Feature des freien Journalisten Andreas Boueke: „Patti und ihre 13 Geschwister – eine Familiengeschichte aus Guatemala“. Diese SWR-2-Sendung zeichnete die Jury des Ulrich-Wickert-Preises für Kinderrechte mit dem Gewinn in der Sparte „National“ aus.
Carolin Emcke, Preisträgerin 2012 und Jurymitglied, lobt das siegreiche Feature: „Andreas Boueke erzählt in seiner Hörfunkreportage für SWR 2 Tandem einfühlsam und ohne jedes falsche Pathos vom Leben der 19-jährigen Ana Patricia, Tochter einer kinderreichen Familie in Guatemala. Er beschreibt wie sich Rollenbilder von Frauen als Müttern in patriarchalischen Gesellschaften tradieren und wie junge Mädchen wie Patti andere Bilder und Leben dagegen setzen. Ein großartiges Radiofeature.“
Aus der Pressemitteilung des Kinderhilfswerks Plan, die zum UN-Welt-Mädchentag am 10.Oktober in Berlin die Preisverleihung ausrichtet:
Den Preis in der Sparte International geht an die Reporterinnen Gloriose Isugi und Noella Nbihogo in Ruanda. Mit dem Sonderpreis wird das Kinder-Medienprojekt „Bal Sansar“ von Plan in Nepal ausgezeichnet.
Stifter und Plan-Unterstützer Ulrich Wickert: „Die Sieger des Ulrich Wickert Preises für Kinderrechte 2013 verstehen es, uns mit ihren Beiträgen zu fesseln und den Blick auf die Probleme von Mädchen in Entwicklungsländern zu lenken. Es sind Geschichten, die unglaublich erscheinen, aber in vielen Regionen der Welt leider traurige Realität sind. Darum ist ein Medienprojekt wie „Bal Sansar – Die Welt der Kinder“ in Nepal so wichtig. Es macht jungen Menschen Mut, sich eine eigene Meinung zu bilden und für die Entwicklung ihrer Gemeinden einzusetzen.“
Jurymitglied Renate Meinhof, Süddeutsche Zeitung, sagt: „Gloriose Isugi und Nolla Nbihogo zeigen, wie leicht es für Männer in Ruanda ist, nicht aufgeklärte Teenager zum Sex zu überreden. Ihr Online-Beitrag „Sugar daddies prey on female students headed home for holiday“ berührt durch seine Eindringlichkeit. Die Reporterinnen des Global Press Institute erzeugen Nähe, bewahren jedoch die erforderliche journalistische Distanz.“
Für den Ulrich Wickert Preis für Kinderrechte 2103 wurden Print-, Online-, Hörfunk und TV-Beiträge aus 14 Ländern eingereicht. Mitglieder der Jury sind außerdem Karl Günther Barth (Hamburger Abendblatt), Marko Brockmann (RadiJojo), Karen Heumann (thjnk), Brigitte Huber (Brigitte / brigitte.de), Rudi Klausnitzer (Medienmanager), Christoph Lanz (Deutsche Welle), Markus Lanz (ZDF), Renate Meinhof (Süddeutsche Zeitung), Paul-Josef Raue (Thüringer Allgemeine – der Autor dieses Blogs), Ulrich Wickert sowie Dr. Werner Bauch (Plan International Deutschland).
Ulrich Wickert unterstützt das Kinderhilfswerk Plan seit 1995. 2011 gründete er die Ulrich Wickert Stiftung unter dem Dach der „Stiftung Hilfe mit Plan“. Sie vergibt den Journalistenpreis für Berichte und Reportagen, die in herausragender Weise auf die Kinderrechte (Preis International) und insbesondere auf die Situation von Mädchen (Preis Deutschland / Österreich) aufmerksam machen. Ein Sonderpreis würdigt die Medienarbeit von Kindern in den Partnerländern von Plan.
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