Alle Artikel mit dem Schlagwort " Facebook"

Lügenpresse (9) Meine Chronik des Jahres: Wie Regionalzeitungen reagieren

Geschrieben am 31. Dezember 2015 von Paul-Josef Raue.
Das posteten Leser zum Thema „Lügenpresse“ auf unserer Facebook-Seite.

Thomas Bärsch reagierte mit fünf Punkten in der Zeitung:

1. Unser oberster Anspruch heißt Wahrhaftigkeit

Wer jemanden der Lüge bezichtigt, der beschuldigt ihn, vorsätzlich wahrheitswidrig zu reden oder zu schreiben. Er nimmt zugleich für sich in Anspruch zu wissen, was die Wahrheit ist.Wir Journalisten erheben diesen Anspruch für uns nicht – vor allem aus der Erkenntnis heraus, dass es die eine objektive und unveränderliche Wahrheit oft nicht gibt. Stattdessen haben wir uns die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit zur Aufgabe gemacht.Wahrhaftigkeit heißt, nach der Wahrheit zu streben. Es heißt nicht, in ihrem vollständigen Besitz zu sein oder dies von sich zu behaupten. Wenn wir berichten, dann im Ergebnis von Recherchen, von Informationen aus verschiedenen Quellen und oft auch auf der Grundlage unserer Beobachtungen – zum Beispiel bei Demonstrationen.

2. Wir reklamieren für uns keine Vollständigkeit

Es gehört zur journalistischen Sorgfalt, dass wir unsere Leser erkennen lassen, was recherchierte Fakten, was Aussagen Dritter und was unsere eigenen Beobachtungen sind. Dabei vermeiden wir es, den Eindruck zu erwecken, der von uns gelieferte Bericht, das von uns gezeichnete Bild spiegele die Wirklichkeit bis ins letzte Detail wider. Vielmehr wählen wir oft aus einer Vielzahl von Fakten und Aussagen aus, die es den Lesern ermöglichen, sich ein möglichst ausgewogenes und umfassendes Bild zu machen und eine eigene Meinung zu entwickeln.Wichtig ist dabei für uns vor allem, dass wir keine Fakten weglassen, die entscheidend für das Verständnis eines Sachverhalts sind oder diesen sogar konterkarieren.

3. Weglassen ist keine Fälschung und keine Lüge

Immer wieder sehen wir uns mit dem Vorwurf konfrontiert, wir würden die Wirklichkeit verfälschen, indem wir Fakten oder auch einzelne Meinungsäußerungen nicht veröffentlichen. Dann ist das Wort „Lügenpresse“ schnell gesagt.Tatsache ist, dass wir Fakten und Aussagen nach ihrer Relevanz für die Beurteilung eines Sachverhalts wichten. Darüber, ob unsere jeweilige Entscheidung richtig ist, wird vor allem in der aktuellen Flüchtlingsdebatte oft gestritten – übrigens auch während der Entscheidungsfindung innerhalb der Redaktion.Entscheidend ist für uns, ob Informationen nachprüfbar oder glaubhaft sind. Wenn es etwa  einen Polizeieinsatz in Flüchtlingsheimen gibt, berichten wir darüber.

4. Facebook & Co. sind nicht die Wirklichkeit

Wir berichten nicht über alles, was wir hören oder lesen. Das gilt vor allem dann, wenn es auf Gerüchten beruht, die sich über die sozialen Netzwerke verbreiten. Für uns gilt: dass eine Behauptung oft wiederholt wird, macht sie nicht wahr.Leider beobachten wir eine gewisse Neigung mancher Menschen, Gerüchten und Mutmaßungen zu glauben, dagegen aber von Journalisten recherchierte oder hinterfragte Informationen als Lüge abzustempeln. Stammen diese Informationen gar aus offiziellen Quellen – also zum Beispiel von Behörden –, lässt der Vorwurf der Staatsnähe meist nicht lange auf sich warten.

5. Meinungs- und Pressefreiheit sind zwei Dinge

Gern wird jetzt von diesen beiden Freiheiten gesprochen. Die erste ist ein Grundrecht, das den Bürgern garantiert, ihre Meinung frei und offen zu äußern – auch gegen den Staat. Der AfD-Fraktionschef Björn Höcke nutzt dieses Recht, wenn er etwa auf Demonstrationen spricht.Die Pressefreiheit dagegen ist das Recht der Presse auf freie Ausübung ihrer Tätigkeit – ohne staatliche Zensur oder jedwede andere Form der Einmischung von außen. Zu dieser Freiheit gehört für uns, dass wir selbst entscheiden, ob und in welchem Umfang wir von der Aktuellen Stunde und der Demonstration am Mittwoch berichten. Schon jetzt können wir versprechen, dass wir dies ausführlich tun werden. Nicht versprechen können wir dagegen, dass unsere Berichterstattung allen passen wird.

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Zum guten Schluss für alle Chefredakteure, die 2015 wenig zu lachen hatten. Thomas Bärsch ist amtierender Chefredakteur der Thüringer Allgemeine, der das Schmunzeln nicht verlernt hat; er schrieb am 13. Dezember diesen Tweet

Ist das laute Abspielen von Heino eigentlich noch Ruhestörung oder schon Landfriedensbruch?

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Im Dezember ist dieser Blog zum Tausender geworden: Über tausend Blog sind  seit der Gründung 2012 von 160.000 Besuchern gelesen worden. Es ist ein kleiner Blog geblieben, bewusst auf eine kleine feine Leserschaft von Journalisten konzentriert und auf Leser, die  Journalismus als Garanten der Demokratie verstehen.

Ich wünsche allen Lesern, Kommentatoren und Kritikern meines Blogs ein gutes Jahr 2016, in dem sie das Lachen und Lächeln nicht verlernen sollten.

Die Facebook Themen 2015: Deutsche interessen sich vor allem für Deutschland

Geschrieben am 11. Dezember 2015 von Paul-Josef Raue.

Die Flüchtlinge sind das Top-Thema der deutschen Facebook-Nutzer in diesem Jahr. Weltweit steht dagegen das Vorspiel zur US-Präsidenten-Wahl vorn: Kandidiert Hillary Clinton? oder kandidiert sie nicht? Was hat sich Trump als nächste Dummheit ausgedacht?

Dies Thema schaffte es in Deutschland nicht einmal in die Liste der Top 10 ebenso wenig wie das Erdbeben in Nepal (weltweit Platz 4), die Ehe von Homosexuellen (Platz 6), der Anschlag auf die Redaktion von Charlie Hebdo in Paris (Platz 8) und die wieder aufgeflammten Rassenunruhen in der USA: Proteste in Baltimore nach dem Tod des 25-jährigen Freddie Gray im Polizeigefängnis (Platz 9) und der Amoklauf von Charleston, nachdem ein Rassist neun Menschen in der Emanuel-Kirche ermordet hatte (Platz 10)

Das sind die deutschen Themen, die weltweit dagegen wenig interessierten: Die Wahlen in der Türkei (Platz 4), die Bahn- und Lufthansa-Streiks (Platz 7), die Ukraine (Platz 8), Fußball: DFB-Pokal (Platz 9) und der Absturz der German-Wings-Maschine im März (Platz 10).

Neben den Flüchtlingen, dem Krieg in Syrien und dem Krieg gegen den IS gibt es nur zwei Themen, die in Deutschland und der Welt gleichermaßen interessieren: Die griechische Schuldenkrise (Platz 2 in Deutschland, Platz 5 weltweit) und die Anschläge in Paris ( Platz 6 in Deutschland, 2 weltweit).

Auf Ministerpräsident Ramelows Facebook-Seite: Hat OTZ-Chefredakteur beim „Völkischen Beobachter“ gelernt?

Geschrieben am 4. August 2015 von Paul-Josef Raue.

Darf man über den Chefredakteur einer deutschen Regionalzeitung urteilen: “ Ich habe den Eindruck, er hat sein Handwerk beim ‚Völkischen Beobachter‘ gelernt.“ Ja, auch wenn Staatsanwälte mittlerweile Ungeheuerliches tun, würden sie in diesem Fall nicht einschreiten.

Darf ein Ministerpräsident einen solchen Kommentar auf seiner Facebook-Seite dulden? Ungelöscht und unkommentiert? Ja, auch das ist nicht verboten. Aber schon bemerkenswert.

Bodo Ramelow ist der deutsche Ministerpräsident, der am meisten twittert, retweetet, kommentiert, lobt und tadelt und auf Facebook schreibt und – so drängt sich der Eindruck auf – weniger regiert als unterwegs ist in den sozialen Netzwerken. Aber das kann ja die Regierung der Zukunft sein.

Bodo Ramelow, der Sozialist aus Thüringen, zeigt auch gerne den Journalisten, wo es lang geht. Er ruft schon mal beim Nachrichtensprecher des MDR an und weist ihn an, wie er eine Nachricht zu formulieren hat – so jedenfalls wird im Funkhaus erzählt; er schreibt einen Kommentar gegen einen Kommentar des Chefredakteurs der Ostthüringer Zeitung. Unter der Überschrift „Regierung fern des Rechts“ hatte Chefredakteur Riebartsch die Flüchtlingspolitik von Rot-Rot-Grün in Thüringen scharf kritisiert.

Ramelow schreibt dazu auf Facebook: „Es wird immer verrückter. Jetzt behauptet der OTZ-Chefredakteur einfach wahrheitswidrig, dass die Thüringer Landesregierung die Rechtslage nicht einhalten würde.“ Darüber hinaus macht Ramelow den Journalisten indirekt für anschwellenden Fremdenhass verantwortlich: „So wird die Stimmung einfach mit Unwahrheiten angeheizt.“

Solch eine Replik dürfte zumindest ungewöhnlich sein.

Und um diesen Kommentar, auf Ramelows persönlicher Facebook-Seite veröffentlicht, geht es. Kaum erschienen, vergleicht ein Sympathisant den OTZ-Chefredakteur mit dem  Nazi-Hetzblatt Völkischer Beobachter, dessen Chefredakteur nach dem Krieg wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit hingerichtet wurde. Bodo Ramelow, der sonst schnell kommentiert,  lässt laufen.

Der Eintrag steht seit dem 1. August auf Ramelows Facebook-Seite. Aus einem anderen der vielen Kurzkommentare spricht  freundschaftliches Mitleid mit Ramelow: „Es ist doch schlimm, mit welchem Blödsinn Du Dich leider beschäftigen musst!!!“

Keiner der Tweets findet den Nazi-Hetzblatt-Vergleich zumindest unpassend. Immer wieder wird dagegen suggeriert, dass Personen, die die Flüchtlingspolitik der Landesregierung kritisch sehen, Fremdenhass förderten. Eine Frau schreibt: „Hauptsache, die Stimmung wird weiter gegen Asylsuchende angeheizt, … wissen die Menschen wie dieser Redakteur eigentlich, was sie da tun?“

Eine weitere Frau merkt an: „Unverschämt!!! Solche Schreiberlinge entlassen und als Sachbearbeiter in einem Asylbewerberheim einstellen, aber gleich noch einen Verantwortlichen daneben, damit er dort keinen Unfug mehr anstellen kann.“

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Berichterstattung und Kommentar in der Thüringer Allgemeine 5. August 2015

 

 

Im Zweifel gegen die Pressefreiheit: Auch Generalbundesanwalt ermittelt gegen Journalisten

Geschrieben am 15. Juli 2015 von Paul-Josef Raue.
 Staatsanwälte in Deutschland gehen  gezielt gegen Journalisten vor, um sie einzuschüchtern und kritische Berichterstattung zu verhindern: Man mag die Ermittlungen gegen den Nordkurier in der Rabauken-Affäre als Petitesse abtun (was sie nicht ist), aber die Ermittlungen gegen netzpolitik.org   sollen signalisieren: Redakteure lasst die Finger von geheimen oder auch nur geheim eingestuften Dokumenten des Staates! Und was „geheim“ ist, bestimmen wir, die Diener des Staates.

Vor allem sollen Informanten abgeschreckt werden, Kontakt zu Redaktionen zu suchen. So ermittelt der Generalbundesanwalt gegen die Redaktion von netzpolitik.org, die über Pläne für  eine neue Rasterfahndung des Geheimdienstes berichtet hatte:Im geheimen Haushalt des Verfassungsschutzes sollen knapp drei Millionen Euro eingestellt werden, um Internet-Inhalt, auch bei Facebook, auszuwerten.

Die Diener des Staates erweisen sich so als Gegner der Verfassung. Constanze Kurz zitiert aus einem Urteil des Verfassungsgerichts:

Constanze Kurz schreibt regelmäßig  „Aus dem Maschinenraum“ in der FAZ, der stärksten Internet-Kolumne der deutschen Tageszeitungen. Die Ermittlungen des Generalbundesanwalts kommentiert sie in netzpolitik.org:

Nur weil es sich mehr und mehr einbürgert, dass es als normal angesehen wird, dass das Handeln der Geheimdienste undurchschaubar ist und viel zu viele Aspekte von deren Arbeit „geheim“ gestempelt wird, heißt das für die Arbeit von Journalisten mit Informanten noch lange kein devotes Duckmäusertum, jedenfalls nicht bei uns. Dass wir Informationen oder uns möglicherweise anvertraute Dokumente über das Bundesamt für Verfassungsschutz oder andere intransparente Behörden auf netzpolitik.org bringen, wird auch in Zukunft so bleiben.

Wir lassen uns natürlich nicht einschüchtern.

 

 

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Lutz Schumacher per FacebooK:

Offenbar verführt der „General“ im Ttel. Habe da ja gerade erst entsprechende Erfahrungen machen dürfen… #Rabauke

Wolfgang Bok am 15. Juli um 13:57 auf Facebook:

Dieser „Enthüllungsjournalismus“ besteht bsp. darin, brav die gezielt platzierten Empörungsnews von Snowden & Co. abzudrucken, ohne diese zu überprüfen. Erfüllungsgehilfen wäre der treffendere Ausdruck. Lesenswert dazu: Spionageexperte Sandro Gaycken in der FAZ vom 10.7.15, Seite 10: „Wer steckt hinter den NSA-Enthüllungen?“ Aber so weit geht der deutsche „Enthüllungsjournalismus“ natürlich nicht. Dann würde ja das Feindbild nicht mehr stimmen…

Wolfgang Blau: Verlage sind risikoscheu; gehen sie aber ins Risiko, heißt es: sie verjuxen die Zukunft (Zitat der Woche)

Geschrieben am 23. Juni 2015 von Paul-Josef Raue.

In einem Interview mit dem Standard in Österreich rechtfertigt Wolfgang Blau, Online-Chef des Guardian, die Kooperation mit Facebook – „um von neuen Lesern weltweit entdeckt zu werden – vor allem von den Lesern, die nie aus freien Stücken zum Guardian gekommen wären“. Facebook sei nur ein „Vehikel, um den Guardian quasi in die Wahrnehmungszone von Lesern zu schmuggeln, die andernfalls keine ausländischen und schon gar keine linksliberalen Medien lesen würden“. Dies bedeute nicht, dass der Guardian Facebook geheiratet habe.

Und selbst Ehen sind heute etwas anderes als früher. Wissen Sie, vor allem europäischen Zeitungsverlagen wird stets vorgeworfen, sie seien risikoscheu, und geraten, sie sollten sich endlich mehr wie Start-ups verhalten. Wann immer Verlage aber etwas ausprobieren, dessen Ausgang sie selbst noch nicht absehen können, wird ihnen vorgehalten, sie würden ihre Zukunft verjuxen. Was denn nun?

 

Wolfgang Blau ist Direktor der Digitalstrategie beim britischen Guardian; von 2008 bis 2013 war er  Chefredakteur von Zeit Online.

Im Web informiert man sich nicht übers Lokale: Plädoyer für die Zeitung und gegen den Video-Hype

Geschrieben am 21. Mai 2015 von Paul-Josef Raue.

Konzentriert Euch auf den Lokalteil! Auf die gedruckte Zeitung! Das empfiehlt einer, der Videos macht und damit im Netz erfolgreich ist: Christoph Krachten, Geschäftsführer Videodays, in einem Interview mit Jenny Filon vom „Kölner Stadt-Anzeiger“ (erschienen auf newsroom.de).

Ein eigener Youtube-Kanal lohnt sich laut Krachten nicht für Lokalredaktionen, zudem entfalten Videos im Lokalen kaum Wirkung (es sei denn sie zeigen ein Ereignis von nationalem Interesse) – und sie sind nicht refinanzierbar. Und den Lokaljournalisten, der alles macht, werde es nicht geben. Christoph Krachten: „Was macht der Journalist vor Ort? Schreibt er, recherchiert er, twittert er, postet er etwas auf Facebook oder macht er Fotos oder Videos? Alles kann er nicht machen. Wir sind bei einer Multimedialität angekommen, die für den Einzelnen einfach nicht mehr zu leisten ist.“

Lokaljournalismus hat einen Inhalt, über den nationale Medien nicht verfügen. „Wenn es ein Argument für die gedruckte Zeitung gibt, ist es der Lokalteil. Deswegen müssen sich die Zeitungen darauf konzentrieren… Für Lokaljournalismus ist das gedruckte Papier immer noch das optimale Medium. Die Frage ist ja: Wo informiert man sich über lokale Ereignisse? Das macht man eigentlich nicht im Web, weil die Ereignisse eben nicht diese Relevanz haben. Wobei diese Relevanz natürlich auch für den Inhalt eines Lokalteils gilt. Darin sehe ich auch die Herausforderung für den Lokaljournalismus.“

Nicht überraschend ist der Hinweis: „Der Lokalteil muss einfach gut gemacht sein – von den Themen über die Rechtschreibung bis zur Überschrift. Und diese Geschichten müssen dann auch auf der Seite 1 einer Zeitung stattfinden – denn das sind die eigenen Geschichten.“ Dies wäre leicht zu verwirklichen, aber geschieht nur in wenigen Zeitungshäusern.

Krachten verweist auf die Schwierigkeiten der Lokalzeitung: Da die junge und ältere Generation unterschiedlich informiert sein will, ist es gefährlich für die Auflage, die Zeitung zu verjüngen und den Alten vor den Kopf zu stoßen. Auf jeden Fall, so Krachten, ist nicht mehr die Aktualität, mit der die Zeitungen punkten können, sondern die Analyse. „Den Lesern muss ein Mehrwert geliefert werden, der im Internet nicht zu finden ist. Das passiert noch viel zu selten.“

Lügenpresse (2): Chef der Wügida gibt der Main-Post kein Interview

Geschrieben am 7. Februar 2015 von Paul-Josef Raue.

Elias nennt sich der Student im Internet. Er kommt aus Thüringen und ist ein ehemaliger freier Mitarbeiter der Main-Post in Würzberg, die er heute auf Kundgebungen eines Pegida-Ablegers als Lügenpresse beschimpft. Mit den Redakteuren spricht er nicht, verweigert selbst ein schriftliches Interview.

Michael Czygan porträtiert ihn in der Main-Post

Der blonde Student ist das Gesicht von Wügida, des Würzburger Ablegers der Anti-Islam-Bewegung Pegida. Der Mann, der sich weigert, seinen Namen zu nennen, organisiert die Demonstrationen, hält Kontakt zu den Behörden – und ist der Hauptredner bei den Kundgebungen. Wenn er zu seinen Gesinnungsgenossen spricht, markiert der Student den Kämpfer für Meinungsfreiheit und Demokratie. Doch es kostet ihn sichtbar Mühe, diese Fassade durchgehend aufrecht zu halten. Immer wieder bricht plumpe Hetze in seinen Reden durch, gegen die „Lügenpresse“, gegen Politiker, die er gern mal „Verbrecher“ nennt und gegen Asylbewerber, die pauschal zu „Gewalttätern“ werden. Aber nein, er habe nichts gegen Flüchtlinge und andere Ausländer, sagt er dann, wenn er sich wieder bieder und staatstragend gibt.

So lautstark Kaupert vor seinen Gesinnungsfreunden auftritt, so kleinlaut wird er, wenn er von Journalisten angesprochen wird. Er, der sich in seinen Reden zu den „Mutigen und Ehrlichen“ zählt, weist Gesprächsanfragen der Redaktion zurück. Allenfalls könne er sich vorstellen, auf schriftliche Fragen zu antworten, lässt er einen Mittelsmann ausrichten. Ungewöhnlich für jemanden, der im Schutze seiner Anhänger regelmäßig ruft: „Wir haben die Antworten, wir haben den Weg, wir haben die Wahrheit.“

Statt seiner reagiert eine „Wügida-Mediengruppe“ und gibt sich basisdemokratisch: Erst lese man die Fragen, dann berate man – und dann schweigen sie. Persönliches zu Elias gebe man sicher nicht preis: „Er ist ein eher ruhiger Typ, keinesfalls pressegeil“.

Ruhiger Typ? Michael Czygan recherchierte in den sozialen Netzwerken:

Auf Facebook wettert er gegen „wertelose Homo-Partnerschaften“, verunglimpft Muslime als „Musel“, Gegendemonstranten als „Terroristen“ und „Antifapestilenz“. In einem anderen Post brüstet er sich damit, schon mal „Farbbeutel und Eier“ gegen ein Haus geworfen zu haben, in dem „autonome Linksfaschisten“ wohnen. 

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Quelle: Main-Post 5. Februar 2015

Stephan Thurm: Das Internet ist keine Bedrohung für Zeitungen

Geschrieben am 24. Januar 2015 von Paul-Josef Raue.

Es gehört also immer mehr zu den Aufgaben der Redaktionen, für die „soziale“ Verbreitung Ihrer Artikel zu sorgen. Belohnung ist, dass auch ein Dialog mit den Lesern entsteht und die Publizisten dabei viel erfahren können.

Stephan Thurm ist Geschäftsführer von Funke-Digital in Berlin: Er soll die Zeitungen wie WAZ oder Hamburger Abendblatt ebenso in die digitale Zukunft führen wie die Zeitschriften von Hörzu bis Die Aktuelle. Diesen Vortrag hielt er beim Symposium „25 Jahre Thüringer Allgemeine“ in Erfurt:

Ich beschäftige mich beruflich seit 17 Jahren intensiv mit dem digitalen Wandel unserer Medienwelt. Meine Tochter hat die guten alten Kodak-Filmröllchen nicht mehr kennen gelernt und würde nicht mehr auf die Idee kommen, eine CD zu kaufen, wenn man doch mit Spotify alle Titel hören kann. Aber man muss sagen, dass es mittlerweile keine Branche mehr gibt, die vom digitalen Wandel nicht unmittelbar betroffen ist:

> Der Handel musste sich auf Amazon einstellen, deren letztes Weihnachtsgeschäft zu 60% über mobile Plattformen abgewickelt wurde.
> Dienstleister wie Friseure, Handwerker, Taxis und Restaurants werden per Handy gebucht und bewertet;
> Autos und Ferienwohnungen muss man nicht mehr besitzen, mittels „App“ lässt sich der Besitz effizient teilen;
> und natürlich hat sich die Mediennutzung in den letzten 25 Jahren stark verändert. 

Fakt ist: Insbesondere junge Menschen nutzen Medien anders als noch vor 10 Jahren und haben einen veränderten Zugang zu Nachrichten. Doch Medien sind kein beliebiges Produkt, denn wie wir auch hier in Thüringen sehen, ist die Entwicklung unserer Demokratie ohne kritische Journalisten nicht vorstellbar. Das haben letztes Jahr eindrucksvoll auch wieder die Enthüllungen von Edward Snowden gezeigt.

Wenn wir über „Zeitungen“ sprechen, haben sich die Medienmacher weltweit längst abgewöhnt, das Produkt nur noch mit Papier zu verbinden. Denn unabhängig von der Darreichungsform zählt der Inhalt, egal ob man seinen Goethe auf Papier oder auf Kindle liest. So haben finden sich alle starken Zeitungsmarken im Internet oder auf dem Smartphone und erreichen auf diese Weise auch junge Menschen. So wurde auch das Zeitungshaus Thüringen zum Medienhaus.

Reicht es also, wie bisher mit guten Journalisten relevante Nachrichten zu produzieren und diese schlicht zu digitalisieren? Sicher nicht, denn jedes Medium hat eigene Gesetze, und wir würden auch nicht auf die Idee kommen, im Radio die Zeitung vorzulesen.

Geschichten müssen anders erzählt werden, denn häppchenweise Lesen auf dem Handy erinnert sich eher an ADHS als ans entspannte Zeitungslesen am Frühstückstisch. Es reicht auch nicht mehr aus, wenn Journalisten Ihre Geschichten schreiben und dann zufrieden nach Hause gehen: Mehr als die Hälfte der Online-Leser finden die Geschichten über Google, Facebook oder Twitter. Es gehört also immer mehr zu den Aufgaben der Redaktionen, für die „soziale“ Verbreitung Ihrer Artikel zu sorgen. Belohnung ist, dass auch ein Dialog mit den Lesern entsteht und die Publizisten dabei viel erfahren können. 

Zwar ist nach einer BBC-Studie Deutschland eines der wenigen Länder, das bei Nachrichten mehr auf Gedrucktes als auf TV vertraut. Starke Marken – wie hier in Thüringen – sind wichtig. Aber was könnte wichtiger sein, als die Empfehlungen meiner Freunde?

Auch die Zeiten von Meinungsmonopolen sind vorbei: Jeder kann publizieren und die Nachrichtenströme organisieren sich blitzschnell, wie man in Paris zuletzt sehen konnte: 5 Millionen Twitter-Meldungen mit dem Hashtag #jesuischarlie haben die News kanalisiert und Journalisten hatten auf diese Weise Zugang zu Tausenden von Quellen.

Als Anmerkung sei gestattet: Lassen wir die Kirche im Dorf, alleine die Tageszeitungen unserer Gruppe erreichen täglich mehr als 5 Mio Leser…!

Einzelne Twitter-Meldungen gehen dabei um die Welt, wie das Foto einer Mutter von ihrem Neugeborenen beweist: Auf dem Namensschild, um das Ärmchen gebunden, steht „Je suis Charlie“. Das alles ist übrigens nicht ungefährlich, denn Terroristen wissen die sozialen Medien für Ihre Propagandazwecke trefflich zu missbrauchen.

Ist das eine Bedrohung für die Zeitungen? Nein, denn plötzlich tun sich guten und schnellen Journalisten viele neue Quellen zur Recherche auf, deren Einordnung und Bewertung die meisten „Normalverbraucher“ immer noch gerne der Redaktion Ihres Vertrauens überlassen. So haben Zeitungen einerseits die Herausforderung, auf das geänderte Mediennutzungsverhalten zu reagieren, das nach „live news“ und Informationshäppchen auf dem Handy verlangen.

Andererseits gilt es, den Markenkern der Zeitung mit einer reflektierten Berichterstattung neben diesem hektischen „news stream“ zu wahren. Denn die klassische Stärke der Zeitung liegt im täglichen Informationspaket der Redaktion meines Vertrauens, kompakt und übersichtlich, pünktlich geliefert. Ein Paket, das einen Anfang und ein Ende hat. Das mir hilft, das Weltgeschehen einzuordnen und mit einem guten Gefühl informiert in den Tag zu gehen. Es wäre schön, wenn die Zeitungen bei allem Wandel auf Ihre Stärken nicht vergessen.

Eine besondere Herausforderung für die Zeitungen ist das Geschäftsmodell: Lässt sich Qualitätsjournalismus in der digitalen Welt noch finanzieren? Daran arbeitet die gesamte Branche, und es wird sich bezahlen lassen, wenn die Leser bereit sind, für die Nutzung unserer Produkte auch eine Zahlungsbereitschaft zu entwickeln.

Dafür gibt es viele positive Beispiele und ich bin sehr zuversichtlich, dass dies auch hier in Thüringen gelingen wird.

 

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Das Symposium fand am 12. Januar 2015 in Erfurt statt.

Facebook – die neue Ära des Journalismus? Nein, weil die eigene Medien-Marke zu wichtig ist

Geschrieben am 13. November 2014 von Paul-Josef Raue.

Journalismus in Zeitungen ist tot. Journalismus in Blogs auch. Journalismus auf Homepages ist tot und bei Google und auch in den sozialen Netzwerken – bis auf Facebook. Die New York Times ruft die neue Ära des Journalismus aus – denn unter einer neuen Ära tun wir es nicht mehr. Früher dauerte eine Ära noch Jahrhunderte, heute nur noch ein paar Jahre.

David Carr schreibt in der New York Times, zitiert von Socialmediawatchblog:

Facebook ist wie ein riesiger Hund. Du weißt nie genau, ob er einfach nur spielen oder Dich fressen will – am Ende leckt er Dich womöglich tot.

Diese drei Gründe nennt David Carr, warum Facebook den Journalismus aufsaugen wird:

1. Facebook bietet Verlagen an, ihren Journalismus komplett und schön gestaltet auf Facebook zu platzieren. Die Werbe-Erlösen sollen sich Facebook und Verlage teilen.

2. Mark Zuckerberg will im nächsten Jahrzehnt erreichen, dass Nachrichten die entscheidende Rolle bei Facebook spielen: “News is a very big priority“.

3. Der RSS-Miterfinder Dave Winer arbeitet, in Kooperation mit Facebook, an einem neuen Werkzeug, Artikel oder Foto gleichzeitig im Blog und auf Facebook zu platzieren.

Raphael Raue, SEO bei RP-Online, kann die Meinung von Carr überhaupt nicht teilen und schreibt:

Das alte Märchen vom großen Traffic über Facebook wird geschickt von zu vielen Social-Media-Beratern gestreut. Es gibt viele gute Social-Media-Experten, aber die manische Fokussierung der deutschen Medienwelt auf Social Media ist durch die Fakten nicht zu rechtfertigen. Denn richtig ist:

> Die meisten deutschen Nachrichtenseiten haben nicht mehr als 10% Facebook-Traffic

> Aber rund 30% Google-Traffic.
Quelle https://twitter.com/thorebbe/status/517344192318558209?s=03

> Entschiede man sich für Facebook, verlöre man 30% und gewönne vielleicht 10%. Unternehmerisch wäre das eine mehr als gewagte Entscheidung.

Dazu kommt: Journalistische Inhalte funktionieren nicht wirklich gut auf Facebook – außer große Meldungen, Todesfälle, ein wenig Regionales und vor allem Buntes, Boulevard und Sport. Die Konzepte von Buzzfeed und Heftig kann man nicht einfach auf Nachrichten übertragen.

Der Tod der Homepage wurde im Netz schon oft, zu oft, ausgerufen. Alle sind zu ihr zurückgekehrt, auch Social-Media-Berater. Zudem würde ich meine Marke nie von einer anderen allein abhängig machen. Mit einer eigenen Seite kann ich die Marke klassisch – offline und online – vermarkten, auf Google stärken, auf Facebook stattfinden lassen, Instagram, Tumblr und Pinterest nicht zu vergessen und auf allen künftigen großen Plattformen.

Wenn ich einmal zu Facebook wechsle oder mich nur auf Google verlasse, bin ich verloren, wenn sich das Netz ändert. Und es ändert sich ständig. Vor 20 Jahren konnte sich auch niemand vorstellen, dass man mal irgendwann anderes als Microsoft und Yahoo nutzen würde.

Ich halte diese Theorie, Journalismus werde bald nur noch auf Facebook stattfinden, weder kurzfristig noch langfristig eine auch nur bedenkenswerte Option. Genauso wenig würde ich irgendjemandem empfehlen, seine Seite nur auf Google auszurichten und Inhalte dort zu hosten und nicht mehr irgendwo anders auszuspielen.

Nachrichten müssen überall stattfinden, auf manchen Kanälen funktionieren sie besser, auf anderen weniger, wichtig ist aber, dass man sich die technische wie inhaltliche Unabhängigkeit bewahrt, ach wenn dafür noch nicht allerorts das Geschäftsmodell gefunden wurde.

 

Was ist der Unterschied zwischen Meinungsfreiheit und Pressefreiheit?

Geschrieben am 16. September 2014 von Paul-Josef Raue.

Meinungsfreiheit ist das Recht eines jeden Bürgers, das er ausüben kann oder lassen.

Meinungsfreiheit liegt auch der Pressefreiheit zugrunde, sie ist aber auch eine Pflicht: Ein Journalist kann nicht selbst entscheiden, ob und wie er eine Nachricht bringt; er handelt im Auftrag der Verfassung, er ist Treuhänder des Bürgers, dem er alles, was für ihn wichtig ist, mitteilen muss.

Aus einem Leitartikel zur Thüringenwahl „Das Elend der Politik – und die AfD“ entstand auf Facebook eine kleine Debatte um die Pressefreiheit, die hier in Auszügen dokumentiert ist:

Mario Schattney
Das Elend der Politik wäre vielleicht auch das Elend einer mit der Politik symbiotisch verstrickten Medienklasse? Muss sich der Bürger in krisenhaften Zeiten wie diesen am Ende von beiden verschaukelt fühlen? Erstaunlich und bemerkenswert ist doch, wieviel politisch-mediale Häme und Geringschätzung in unserer vorgeblich demokratischen Kultur der AfD entgegen bläst …

Raue:
Sicher sind die Medien mit der Politik verbunden. Wir haben die Mächtigen zu kontrollieren und – wie das Verfassungsgericht bestimmte – Diskussionen in Gang zu halten, um als orientierende Kraft zu wirken. Die kritische Nähe von Medien und Politik ist also ein Verfassungsauftrag: Die Presse als Verbindung zwischen Volk und Politik. Die Frage heute ist: Reicht das? Müssen wir nicht selber aktiv werden, Konzepte entwickeln? Dann bewegen wir uns aber in vermintes Gebiet und könnten selber zum Akteur von Politik werden. Dürfen wir das? Müssen wir das tun?

Wolfgang Kretschmer:
Selbstverständlich ist die verfassungsmäßig aus guten Gründen unklar definierte Schnittmenge von Politik und Medien ein „vermintes Gebiet“. Diesen Begriff hätte ich derzeit allerdings nicht gewählt.

Medien und Politik, Medien und Wirtschaft, diese Verhältnisse sind Hochspannungssektoren in der Meinungsbildung demokratischer Gesellschaften, die auch wegen allerlei irrlichtender Gestalten unter „Strom“ Stehenden einiges ethisch aushalten müssen, weil sie jeweils teils einig in der Meinung teils kontrovers sind, aber auch von einander lernen, jedenfalls im besten Falle.

Journalistenjob ist es nun, abgesehen von Meinungsumfragen, herauszufinden, wo sind die Abstimmungshochburgen der AfD und dort vor Ort herumzuforschen. Je nach gutem Journalismus wird dies dann für „Volk und Politik“ aufschlussreich sein. Kurz und gut, wir sind irgendwie immer „Mitakteure“, im Sinne der aus der Ethnologie und aus anderen Disziplinen bekannt problematischen wissenschaftlichen Figur der „teilnehmenden Beobachtung“. Und wenn wir unsere Meinung sagen wollen, tun wir dies in einem fundiert furiosen Kommentar, der das Blatt fürs Publikum interessant macht. Pressefreiheit ist Meinungsfreiheit.

Raue:
Einverstanden, aber Pressefreiheit ist mehr als Meinungsfreiheit, ist Verantwortung für die Demokratie und die Gesellschaft, ist Verantwortung für die Freiheit.

Wolfgang Kretschmer
Pressefreiheit ist in einer Demokratie Meinungsfreiheit (Kommentieren, das begann mal mit Flugbättern), das Recht, möglichst ungehindert investigativ zu recherchieren, Aktenzugang zu haben, im Gespräch mit Menschen die Hintergründe von bedeutenden Ereignissen zu eruieren oder durch journalistische Arbeit zunächst Unbedeutendes als wichtig ins öffentliche Bewusstsein zu transportieren. Insofern nehmen wir Verantwortung für Demokratie, Gesellschaft und Freiheit wahr, sind daher auch politische Akteure und Beförderer demokratischer Prozesse.

Um mal im Bild zu bleiben: Andere haben ein Interesse daran, ihr Terrain zu verminen, wiederum andere aus unserer Branche legen Minen. Das geneigte Lesepublikum macht sich ja auch selber so seine Gedanken, ob per Paper oder zunehmend online. Die sind auch mitunter schlauer als unsereins. Wir sind doch gar nicht weit auseinander. Oder?

Harald Klipp
Die Verantwortung für die Grundwerte darf aber nicht dazu führen, dass wir selbst mitmischen. Ich bin nach wie vor der Meinung, dass ein Journalist mit Parteibuch seiner Rolle als Journalist nicht mehr gerecht werden kann. Das Beispiel Susanne Gaschke zeigt, dass es ein Riesenunterschied ist, ob man als Journalist beobachtet, bewertet und kommentiert oder selbst zum politischen Akteur wird. Wenn es beim HSV in der Fußball-Bundesliga nicht läuft, biete ich mich ja auch nicht als Trainer oder Torwart an. Und das ist gut so.

Paul-Josef Raue
Zu Wolfgang Kretschmer: Meinungsfreiheit und Pressefreiheit sind zwar in einem Artikel des Grundgesetzes erwähnt, aber unterscheiden sich: Jeder, der eine Meinung hat, darf sie äußern – es ist ein Recht, das nur an den Rändern eingeschränkt ist (z.B. Beleidigung, üble Nachrede, Leugnung des Holocaust); die Meinungsfreiheit ist keine Pflicht: Wer seine Meinung nicht äußern will, kann nicht dazu gezwungen werden.

Die Pressefreiheit wird von Journalisten wahrgenommen; ihnen gilt der Schutz vor Eingriffen des Staates wie Zensur, Beugehaft o.ä. Die Pressefreiheit ist nicht nur ein Recht, sondern auch eine Pflicht. Wir handeln im Auftrag der Bürger – das ist eben der Verfassungsauftrag – und wir besorgen den Bürgern alle wichtigen Informationen, wahrheitsgemäß und unverzüglich. Das müssen wir tun.

Auch beschränken wir freiwillig, dem Verfassungsauftrag folgend, unsere Meinungsfreiheit: Der Pressekodex ist über weite Strecken eine solche Einschränkung. Jeder darf sagen: Metzger Schweinebrust hat die besten Schnitzel und nirgends gibt es bessere; wir dürfen es nicht schreiben usw.

Wolfgang Kretschmer
Meinungs- und Pressefreiheit sind im Grundgesetz nicht erwähnt, sondern hammerhart festgeschrieben.Grauzonen gibt es im alltäglichen Schreibgeschäft. Ich sehe gar nicht, wo wir auseinander sind! Unsere Texte zum Thema dienen eher einer notwendigen reflektierenden Selbstvergewisserung. Unser langsam dahinschwindener Beruf genießt ja nicht den allerbesten Ruf. Und as ist auch gut so.

Ich bleibe dabei: Wir sollten zu den AfD-Hochburgen gehen und nachschauen, was die Menschen bewegt und in ihren Köpfen haben. Darüber kann man ganz sanft und viele Aspekte betrachtend und beobachtend schreiben. Selbst dann, wenn man was von Habermas und Luhmann gelesen hat. Wir müssen als Redakteure und Journalisten manches auch verständlich machen und überraschende Varianten und Widersprüche aufdecken. Das gibt interessanten Lesestoff und ändert vielleicht gängige Meinungen. Womöglich könnte unsereins auch mal darüber nachdenken, dass wir in unserem Job auch in sich ebenso seelisch wie seelig hin- und hergerissene Figuren sind (Kir Royal, Heidemann etc etc.)..

Schnitzel: Meine Recherchen etwa zur Südtiroler Speckproduktion oder meine Meinung zum geplanten Seilbahnprojekt in Brixen bringe ich jeweils anderswo unter (Textsorten). Und immer ist selbst dabei klar ersichtlich, dass ich ein spezielles forschendes Erkentnisinteresse habe. Und wenn Metzger Schweinebrust bei seiner Werbung für die besten Schnitzel pfuscht,, dann haue ich den selbst als Kunden einer Tageszeitung in die Pfanne. Dies wird dann im Verlag durchgestanden

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