Vom „Dönermord“ zum „Neonazi-Mord“ (Friedhof der Wörter)
In der TA (Thüringer Allgemeine)-Kolumne „Friedhof der Wörter“ stand dieser Text am 5. Dezember:
Der „Dönermord“ wird das Unwort des Jahres, so fürchte ich.
Es ist ein grässliches Wort, spätestens, wenn aus dem Dönermord ein Dönermörder wird. Es ist ein Unwort, wenn man die wahren Täter kennt. Doch viele sprachen vom „Dönermord“, als der Abgrund des braunen Landesverrats nicht offen vor uns lag. Wer widersprach damals?
Sicher hätte uns auffallen können, dass der „Dönermord“ die Gewalt verniedlicht oder sogar verachtend gemeint war, dass wir jedem kleinen Döner-Griller Mafia-Verbindungen unterstellten oder, wie die Polizei argwöhnte, ein Banden-Mord wahrscheinlich sei. Da ließen wir schon deutsche Arroganz spüren, als wir das Wort prägten und nutzten. Vom Vorurteil zur Fremdenfeindlichkeit ist ein gerader Weg, den wir zuerst mit Worten gehen – oder wieder verlassen.
Gleichwohl ist die Selbstgerechtigkeit derer, die auf die „Dönermord“-Erfinder zeigen, unaufrichtig. Über Wörter sollen wir sprechen, wir müssen erklären, wie der Untergrund der Wörter beschaffen ist. Wer mit Wörtern richten will statt aufzuklären, der baut mit Sprache keine Brücken der Verständigung, sondern reißt sie ab.
Solange wir über die Wörter streiten, verhindern wir das Schlimmste. Der „Dönermord“ gehört heute, da wir die Täter kennen, auf den Friedhof der Wörter. Wir wissen es genau: Es sind Neonazi-Morde − und die Opfer waren Menschen, die ermordet wurden, weil sie Fremde waren.
US-Verhältnisse nach der Wulff-Affäre
Es dürfte bald kein unveröffentlichtes Details mehr geben in Wulffs Amts- und Privatleben, vor allem in der Vermischung der Leben. Es gibt einen Grund, warum die Opposition so milde ist in der Verurteilung Wulffs: Kein Politiker will dasselbe erleben und erleiden wie der Bundespräsident.
In den USA ist es normal, dass die Medien das Unterste nach oben kehren, wenn ein Politiker Karriere machen will. Wahlkämpfe sind nach unserem Verständnis immer schmutzige Wahlkämpfe.
Diese moralischen Kehrwochen der US-Medien haben zwei Funktionen:
- Sie zeigen, worauf die Bürger anspringen und was sie tolerieren;
- sie ermitteln, ob der Kandidat die Nerven hat für ein hohes Amt.
Nach der Wulff-Affäre, ob mit oder ohne Rücktritt, werden wir wohl US-Verhältnisse haben. Das Internet ist nicht die Ursache: Amerikanische Medien hatten die Kehr-Woche schon immer auf der Tagesordnung.
Allerdings beschleunigt das Internet die Einführung in Deutschland:
• Journalisten sind nicht mehr die einzigen Akteure, die über Berichten oder Verschweigen entscheiden;
• die Bedenkzeit ist extrem kurz geworden, da sich Nachrichten in Minutenschnelle vervielfältigen – ob mit oder ohne die klassischen Medien.
(zu: Handbuch Kapitel 5 „Internet-Revolution (Das Internet wirbelt die Mächtigen durcheinander)“ und Kapitel 10 „Was Journalisten von Bloggern lernen können“ und Kapitel 48 „Wie Journalisten entscheiden“)
Scheibchen-Journalismus
So wie der Bundespräsident die Wahrheit in Scheibchen serviert, tun dies auch einige Zeitungen. Nehmen wir die FAZ. Aus einem Seite-3-Beitrag von Eckart Lohse, „Christian Wulffs Gratwanderung“, in der Sonntagszeitung lässt sich diese Chronik zusammenstellen:
28. November: Die Bildzeitung fragt beim Bundespräsidenten wegen der Finanzierung seines Hauses.
ca. 10. Dezember: Der Bundespräsident bittet die Bildzeitung um Aufschub; er wird gewährt.
12. Dezember: Der Bundespräsident spricht dem Chefredakteur der Bildzeitung auf die Mailbox; er bittet, droht und spricht von „Krieg führen“.
16. Dezember: Die Sonntagszeitung der FAZ schreibt Olaf Glaeseker, dem Sprecher des Bundespräsidenten, eine SMS, wünscht eine Stellungnahme zum Mailbox-Anruf und erwähnt Worte aus dem Anruf wie: „Krieg führen“ und „der Rubikon ist überschritten“.
„Danach“: Olaf Glaeseker informiert die Bildzeitung über die FAZ-Anfrage.
„Erst danach“: Glaeseker schreibt eine SMS an die FAS: „Es gab Differenzen. Diese sind zwischen Christian Wulff und Kai Diekmann sollständig ausgeräumt.“
Offenbar wollte die Bildzeitung nicht direkt mit dem Wulff-Anruf in die Öffentlichkeit. Ihr Chefredakteur hatte offenbar Skrupel (was ihn ehrte); wenn man davon ausgeht, dass Kai Diekmann alle Fäden in der Hand hält, ist zu folgern: Er ließ in aller Eile eine Informations-Brücke zur FAZ bauen. Sie war und ist offenbar stabil, auf jeden Fall war die FAZ gut über die Kontakte zwischen Wulff, der Bildzeitung und der Spitze des Springer-Verlags informiert.
Dies „über-die-Bande-spielen“ ist ein eingeübtes Verfahren unter Rechercheuren:
• Ist der Geschäftsführer oder Verleger gegen eine Veröffentlichung (oder denkt man, er sei es), dann steckt man die Fakten einem bekannten Journalisten;
• versucht ein Chefredakteur eine Recherche zu verhindern, spricht man mit einem Kollegen und bekommt so seine Geschichte doch noch ins Blatt (wenn auch unter einem anderen Namen: „Nach Informationen des SP-Magazins…“);
• will ein Chefredakteur oder Verleger den delikaten Erpressungs-Versuch eines Politikers öffentlich machen, tut er dies in der Regel nicht im eigenen Blatt, sondern nimmt den Politiker noch genauer in den Blick und erzählt den Vorfall anderen; er aber kann nur bei Staatsaffären davon ausgehen, dass andere Journalisten dies veröffentlichen und eine Debatte anstoßen.
Es dürfte für Politiker in Deutschland nahezu unmöglich sein, die stimmige Recherche eines Journalisten zu unterdrücken. Dass er sie in Scheibchen serviert, hat mit der Sorge zu tun, von Richtern gestoppt zu werden.
Es ist für geübte Rechtsanwälte einfach, gegen eine Tatsachen-Behauptung eine Unterlassung zu erwirken mittels einer einstweiligen Verfügung. Da ist es hilfreich, noch weitere Fakten und Vorwürfe recherchiert zu haben, denn Verfügungen können nicht vorbeugend erlassen werden. Da helfen nur Drohungen mit Anwälten, wie es offenbar auch der Bundespräsident in seinem Anruf auf die Diekmann-Mailbox getan hat: Ich werde gegenüber Journalisten Strafanträge stellen; die Rechtsanwälte sind beauftragt.
Erfahrene Rechercheure kennen den Grundsatz: Habe bei schwierigen Recherchen immer noch einen Pfeiler im Köcher. Dies trifft sich übrigens mit der Kriegs-Metapher des Bundespräsidenten: Einige Politiker sehen sich im ständigen „Krieg“ mit Journalisten (umgekehrt aber auch).
Der Unterschied zwischen dem Scheibchen-Journalismus und der Scheibchen-Wahrheit des Bundespräsidenten liegt auf der Hand: Die einen wollen aufklären, der andere will verhindern – alles dazwischen ist Taktik.
(zu: Handbuch Kapitel 17 „Die eigene Recherche“)
Pressefreiheit durch Brüssel in Gefahr
Weitaus gefährlicher für die Pressefreiheit als die Anrufe des Bundespräsidenten bei Chefredakteuren könnte die geplante Verordnung der Europäischen Kommission zum Datenschutz sein. Laut SZ-Montagausgabe (Feuilleton 9. Januar 2012, Seite 2 unten) würde die Verordnung, die wie ein Gesetz wirkt, „die Gewährleistung der Meinungs- und Pressefreiheit dem Bundesverfassungsgericht auch allgemein entwunden werden“. Dies schreibt Johannes Masing, Richter am Bundesverfassungsgericht.
Zudem wird laut Masing ein Datenschutzbeauftragter in Brüssel, den keiner kontrollieren wird, auch die persönlichen Daten zwischen Privaten im Internet kontrollieren. „Bisher befindet sich alles in einem Entwurfsstadium – für eine Diskussion ist es nicht zu spät“, appelliert der Richter.
Debatte dazu : www.internet-law.de
(zu: Handbuch 49 „Wie Journalisten entscheiden sollten“)
Tante Lisa und das „Wulffen“ (Friedhof der Wörter)
Nach Guttenberg schlängelt sich auch Wulff ins Wörterbuch. „Guttenbergen“ bedeutet im Schülerjargon „abschreiben“. So eindeutig ist die Bedeutung von „Wulffen“ noch nicht.
In einem Internet-Tagebuch ist zu lesen: „Meine Ex hat mir am Wochenende unseren Sohn nicht gegeben. Na, die habe ich aber gewulfft.“
Der Mann, der einmal ein Ehemann war, meint offenbar: Ich konnte meiner Ex-Frau nicht in die Augen sehen, aber ich habe ihr in meiner Wut auf der Mailbox so richtig die Meinung gesagt.
Die zweite Bedeutung von „Wulffen“ ist: Die Halbwahrheit geschickt (oder ungeschickt) sagen. Georg M. Oswald, einer der besten deutschen Kolumnisten, erzählte in der FAZ diese Geschichte:
Ein hochrangiger Manager Zett, der ins Gerede gekommen ist, belauscht zu Hause ein Gespräch zwischen seinem Sohn und seiner Frau. „Wer hat Dir das Geld für das teure Handy gegeben“, will die Mutter wissen. „War es Onkel Gerk – oder Dein Vater?“
Der Sohn schweigt, wird bedrängt und sagt schließlich: „Nein, weder der Onkel noch mein Vater.“ Die Mutter bedrängt nun den Vater: „Bring ihn zum Reden!“
Der Vater knöpft sich den Sohn vor: „Du sollst Dich nicht um Kopf und Kragen reden, aber darfst auch nicht lügen! Von mir hast Du das Geld nicht. Von wem also?“
Okay, sagt der Sohn. „Es ist nicht von Onkel Gerk, es ist von Tante Lisa, seiner Frau.“
Der Sohn, in die Enge getrieben, hat gewullft – auch wenn Georg M. Oswald dieses Wort nicht benutzt.
Die dritte Bedeutung für „Wulffen“ ist denkbar: „Eine Affäre aussitzen“. Doch genug – „Wulffen“ wird sich auf Dauer nicht halten, das Grab auf dem Friedhof der Wörter ist schon vorbereitet. Die Affäre ist zu dünn – oder, um neudeutsch zu reden: nicht nachhaltig genug.
Kolumne „Friedhof der Wörter“, Thüringer Allgemeine vom 16. Januar 2012
Journalisten als Skalp-Jäger
Zur Debatte über Bundespräsident Wulff:
Es reicht. Die Frage muss unbeantwortet bleiben, ob ein Freund dem Bundespräsidenten, als er noch in der Jungen Union war, kostenlos die Haare geschnitten hat.
Zum einen war der Wulffsche Haarschnitt nie bemerkenswert, zum anderen wäre solch eine Recherche nur noch peinlich. Seit Tagen kommt nichts ans Licht, das rechtfertigte, die Affäre Wulff durchzuhecheln.
Es ist schon erstaunlich, wie lange ein Hinterbänkler der CDU brauchte, um, den Rücktritt fordernd, in die Schlagzeilen zu streben. Doch der stählerne Politiker Wulff hat fast ein Jahrzehnt als Oppositionsführer in Niedersachsen durchgehalten, er kennt das: ausharren, was auch immer geschieht. Wulff tritt von sich aus nicht zurück.
Ein Rücktritt ist, wenn keine Gesetze grob verletzt werden, eine Frage des Charakters. Köhler ist zurückgetreten, weil er die Nerven verloren hat nach eher milder Kritik. Ministerpräsidenten wie Koch oder Stolpe blieben im Amt, obwohl die Vorwürfe massiv waren.
Nur wenn alle Vorwürfe öffentlich sind und hundertfach abgewogen, dann ist es nicht Aufgabe der Medien, einen Rücktritt zu erzwingen. Journalisten kontrollieren ohne Rücksicht und Pardon, aber sie verachten nicht die Demokratie.
Kontrolliert haben sie exzellent; aufgedeckt haben sie, was aufzudecken war. Der Bundespräsident, für das Volk eigentlich ein Bollwerk der Moral, steht da wie ein armer Sünder. Das reicht.
Journalisten sind keine Skalp-Jäger. Verachtung sollten sie sich nicht leisten, auch das ist eine Frage des Charakters.
(Leitartikel Thüringer Allgemeine“ vom 13. Januar 2012)
Ein Journalist, der anonym bleiben möchte, schreibt dazu:
„Ich möchte Ihnen ausdrücklich danken für Ihren heutigen Kommentar zu Christian Wulff. Dieser Ton war überfällig! Er drückt genau das aus, was mich seit Tagen beschäftigt und zunehmend belastet. Danke vor allem auch für Ihren (hoffentlich erfolgreichen) Versuch zur Ehrenrettung unseres Berufsstandes. Ich hatte eigentlich gehofft, dass mit Überwindung auch der zweiten Diktatur auf deutschem Boden die erbarmungslose Jagd auf Menschen endgültig überwunden worden sei. Haben die denn alle den Verstand verloren?
Dieses unreflektierte Herdenverhalten unter den ach so klugen und fehlerfreien „Journalisten“ kotzt mich mehr und mehr an! Ich vermisse Stimmen wie die Ihre – und habe Angst, dass wir in unserer Zunft ethisch immer weiter abdriften Und ohne Wulff Recht geben zu wollen: Der Rubikon ist überschritten!
(zu: Handbuch Kapitel 3 „Warum die Gesellschaft bessere Journalisten braucht“)
„Wulffen“
Vom „Wulffen“ schreibt Joachim Braun in seinem Blog. Nach „Guttenbergen“ – Schülerjargon für „abschreiben“ – schlängelt sich auch Wulff ins Wörterbuch. Eindeutig ist die Bedeutung von „Wulffen“ noch nicht:
- Ein Wort für: die Halbwahrheit geschickt (oder ungeschickt) sagen
- oder: In der Wut lange auf eine Mailbox einreden
- oder: Eine Affäre aussitzen.
Wahrscheinlich wird sich „Wulffen“ auf Dauer nicht halten. Dafür ist die Affäre zu dünn – oder, um neudeutsch zu reden: nicht nachhaltig genug.
(zu: Handbuch Kapitel 11 „Verständliche Wörter“ und 16 „Lexikon unbrauchbarer Wörter“)
Braun: Leser verzeihen keinen Kampagnen-Journalismus
In seinem Blog „Ankommen in Bayreuth“ schreibt Joachim Braun, Chefredakteur des „Nordbayerischen Kuriers“, über Politiker, die Redakteure einzuschüchtern versuchen:
„Gestern hat’s wieder einer probiert. Nein, keine Drohung, kein Stahlgewitter, und auch vom Rubikon war keine Rede. Obwohl der Mann Lateiner ist. Der Hobbypolitiker sprach lediglich von der “oberfränkischen Version von Pressezensur”, von “Gutsherrenart” (nicht Guttenberg, wohlgemerkt). Irgendwie blöd jedenfalls. Und als ich ihn anrief, schimpfte er am Telefon, dass Kollege M. bei der CSU angeblich nicht schreiben durfte, was er wollte, bei der FDP hingegen schrieb, was er wollte, aber nicht sollte. Das gefiel ihm dann auch nicht. Sie haben Recht, so ein Verhalten ist eher lächerlich. Das ist keine Kriegsdrohung, kein Wulffen – das ist Alltag in der Lokalredaktion.
Kein Lokalredakteur, schon gar kein Chefredakteur wundert sich über das, worüber zurzeit die Republik diskutiert. Dass nämlich Politiker versuchen, Journalisten einzuschüchtern, Berichterstattung zu verhindern, zu drohen. Das war schon immer so, und daran wird sich auch nichts ändern.
Als der Nordbayerische Kurier kürzlich zwei wichtigen oberfränkischen Politikern mitteilte, man werde vor das Verwaltungsgericht ziehen, um eine vom Presserecht gedeckte, von den beiden Herren aber verweigerte Auskunft zu bekommen, da ging erst mal die Post ab.
Einer der beiden, der weniger coole, rief sofort beim Kurier-Geschäftsführer an und schimpfte und drohte: Niemals werde er die gewünschte Auskunft gehen. Lieber gehe er in Beugehaft. Und außerdem: Eine solche Klage werde sich äußerst negativ auf die Beziehungen zwischen seiner Behörde und der Zeitung auswirken. Das sei ja wohl klar.
Mit mir wollte der Mann erst gar nicht sprechen. Schade eigentlich.
Die Sache ging ihren Gang.
Kurz darauf gab’s darum noch einen ”Schlichtungsversuch”. Gesprächstermin bei einem der beiden Politiker. Nun wollte man auch mit mir reden. Eine Stunde Hin-und-Her-Geeiere. Und dann der letzte Coup: “Ich gebe Ihnen jetzt die gewünschte Auskunft, aber Sie versprechen mir, dass Sie sie nicht veröffentlichen.” So etwas Törichtes hätte ja nicht einmal unser Bundespräsident probiert.
Die Klage ist eingereicht. Demnächst ist Verhandlungstermin.
Der (all)tägliche Wulff.
Den probierte weiland auch ein inzwischen pensionierter Landrat aus dem Oberbayerischen, den meine Berichte und Kommentare mächtig ankotzten. Zwei Mal saß er beim Verleger im Büro, und beim Starkbier-Anstich auf dem Andechser Klosterberg ging er erneut auf Tuchfühlung zu meinem obersten Dienstherrn. Den nervte das, zumal klar war, dass die Recherchen stimmten, und die mitgereisten Bürgermeister-Kollegen des Landrats waren beschämt. Wulff regierte da übrigens noch in Hannover.
So ist das seit jeher zwischen (Lokal-)Politikern und (Lokal-)Journalisten. Und daran wird sich auch durch die jüngsten Diskussionen nichts ändern, obwohl auch Landräte und Bürgermeister auf die Verfassung – und damit auf die Pressefreiheit – vereidigt sind.
Warum soll sich auch was ändern? Das gehört zum Spiel. Journalisten können schreiben, was sie wollen – beklagen jedenfalls die Politiker. Und obwohl sie nicht gewählt sind, mischen sie sich in Dinge ein, die sie nichts angehen. Das kann man so sehen, aber nur wenn man das Grundgesetz nicht gelesen hat.
Journalisten sitzen am längeren Hebel, das glauben auch viele Menschen. Die machen Politik, die halten Nachrichten zurück, die kochen ihre eigene Suppe. Wie jetzt die Bild-Zeitung, die Wochen wartete, bis sie die Nachricht von der Mailbox-Botschaft des Bundespräsidenten durchsickern ließ und anschließend deren genaue Inhalte auch noch verbreitete.
Das aber unterscheidet die Bild-Zeitung von regionalen Blättern wie dem Kurier. Wir könnten uns so etwas nie leisten. Wir wüssten auch nicht, warum wir das tun sollten. Unser Regulativ sind unsere Kunden, die Leser. Und die verlangen Offenheit und Glaubwürdigkeit. Die würden uns Kampagnenjournalismus nicht verzeihen. Zu Recht…“
(zu: Handbuch-Kapitel 55 „Der neue Lokaljournalismus“ und 49 „Wie Journalisten entscheiden sollten“)
Auch Journalisten fehlt Respekt vor dem Publikum
Der Blogger Richard Gutjahr sieht Ähnlichkeiten zwischen Politikern und Journalisten, wenn es um die eigenen Unzulänglichkeiten geht. In einem Interview mit Welt kompakt sagt er:
Die Politiker müssen immer wieder beweisen, wie toll sie sind. Sie haben nicht begriffen, dass man heute damit nicht mehr durchkommt. Auch Journalisten werden gezwungen, die Politiker härter anzufassen. Früher wäre die Wulff-Affäre vielleicht in den Hauptstadtclubs weggenuschelt worden. Die alten Spielregeln zwischen den Mächtigen und Kontrolleuren funktionieren heute aber so nicht mehr, denn auch die Kontrolleure haben heute Kontrolleure.
Auf die Frage „Was können Politiker aus der Wulff-Affäre für die Zukunft lernen?“:
Politiker sind darauf trainiert, keine Schwächen zu zeigen. Aus der Wulff-Affäre sollten sie lernen, besser mit eigenen Unzulänglichkeiten umzugehen und ihr Publikum zu respektieren. Ich habe den Eindruck, weder Politiker, noch wir Journalisten haben den nötigen Respekt vor dem Publikum.
Zeitunglesen schützt vor Demenz
„So schützen Sie sich vor Demenz“ überschrieb die Bildzeitung am 9. Januar ihre Ratgeber-Seite und empfahl:
„Auch das morgendliche Zeitunglesen ist ein ideales Gehirntraining. Ständiges Fernsehen schadet dem Gehirn!“
(zu: Handbuch Kapitel 39 „Wie man Leser gewinnt: Ein heikler Souverän“ +53 „Was die Leser wollen “ + 56 „Service und Aktionen“)
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