Jugendliche informieren sich im Internet am liebsten beim „Spiegel“ und den Tageszeitungen

Geschrieben am 19. Februar 2014 von Paul-Josef Raue.

Die Jugend von heute informiert sich nicht mehr in seriösen Quellen? Sie interessiert sich überhaupt nicht mehr für Politik?

Das ist ein Vorurteil, wie es seit Jahrhunderten von Älteren über die Nachgeborenen gepflegt wird. Zwar schauen Jugendliche immer seltener in die gedruckte Zeitung, aber im Internet schlagen sie die Seiten der bekannten Magazine und Zeitungen auf – mit weitem Abstand vor der Tagesschau und anderen TV-Sendern. Das ist das Ergebnis einer Umfrage unter knapp 600 Schülern zwischen 12 und 22 aller Schulformen, die Josephine B. Schmitt von der Universität Hohenheim in den Media Perspektiven (1/2014) vorstellt.

Die Zahlen sind beeindruckend und überraschend: 29 Prozent der Schüler nennen die Online-Angebote von Printmedien, wenn sie gefragt werden „Welche Internetseite nutzt Du aktuell am häufigsten, um dich über das tagesaktuelle politische Geschehen zu informieren?“ Die sozialen Netzwerke folgen mit 15 Prozent, Google-News und ähnliche mit 10 Prozent; die Öffentlich-Rechtlichen erreichen 8 Prozent, knapp hinter den Privaten wie N24 oder ntv.

Josephine B. Schmitt meint: „Offensichtlich wirkt sich die Strahlkraft der auch aus der Offlinewelt bekannten Medienmarken im Internet positiv aus und gibt den jungen Nutzern das Gefühl, dass sie auf den entsprechenden Portalen verlässliche Inhalte finden.“

„Gut lesbar und einfach zu verstehen “ muss das ideale Online-Nachrichtenmedium an erster Stelle sein. Das sind zudem die entscheidenden Kriterien für eine Nachrichtenseite, die Jugendliche gerne nutzen wollen:

2. Aktuell („Es informiert sofort, wenn es etwas Neues in der Welt gibt“)
3. Unterhaltsam und abwechslungsreich
4. Bildergalerien
5. neutral
6. viele Hintergrund-Informationen

Keine große Rolle spielt die Partizipation, allenfalls mögen Jugendliche Umfragen und die Möglichkeit, Artikel zu bewerten.

Allzu sicher können sich die Journalisten von Zeitungen und Magazinen aber nicht sein, dass Jugendliche den hohen Wert von seriösen Angeboten erkennen. „Die Vertrauenswürdigkeit von Nachrichtenquellen sind von geringerer Bedeutung“, stellt Josephine B. Schmitt fest. Daraus folgert sie – für Lehrer und Journalisten: Jugendliche müssen noch intensiver hinsichtlich der Herkunft und Vertrauenswürdigkeit von Informationen sensibilisiert werden.

Fremdwörter und deutsche „Arschkriecherei“: Wo kann man hier repunsieren? (Friedhof der Wörter)

Geschrieben am 17. Februar 2014 von Paul-Josef Raue.

Wenn sich Engländer über uns Deutsche lustig machen, dann amüsieren sie sich über unsere „sprachliche Unterwürfigkeit“ – wie es die „Times“ genannt hat. Walter Krämer, der dem „Verein Deutsche Sprache“ vorsteht, spricht sogar von „Arschkriecherei“:

„Viele Deutsche haben das Bedürfnis, zur Benennung der Welt nicht ihre eigene Sprache, sondern die ihrer Kolonialherren zu verwenden.“

Dazu passt eine Geschichte, die Ludwig Reiners erzählt, der deutsche Sprachpapst, bevor Wolf Schneider das Amt geerbt hat:

Einige Herren treffen sich beim Wein und erfinden aus Spaß ein Fremdwort, das einfach sinnlos ist: „repunsieren“. Sie gebrauchen das Wort, als müsse es jeder kennen – etwa: „Gestern haben wir herrlich repunsiert.“ Und der Angesprochene erwidert: „Oh, war es interessant?“

In einem Lokal fragt einer der Fremdwort-Erfinden: „Herr Ober, wo kann man hier repunsieren?“ Und der antwortet: „Bitte geradeaus, zweite Tür links.“

Ludwig Reiners erzählt diese Geschichte im fünften Kapitel seiner „Stilkunst“: „Ein Streitgespräch über den Gebrauch von Fremdworten“ – und er folgert: „Nur bei Deutschen, die vor jedem fremdländischen Wort auf die Knie fallen, ist dies Experiment möglich.“

Thüringer Allgemeine, Kolumne „Friedhof der Wörter“, 17. Februar 2014

Kritiker als etablierte Spießer und – ein Lob der Verrisse

Geschrieben am 16. Februar 2014 von Paul-Josef Raue.
0 Kommentare / Geschrieben am 16. Februar 2014 von Paul-Josef Raue in 37 Kommentar, L 47 Newsdesk und Ressorts.

Meine Karriere gründet auf Verrissen. Das würde heute nicht mehr gehen. Das ging in den Sechzigern, als es noch „Wir gegen die“ hieß und die Kritiker etablierte Spießer waren. Die schluckten den Köder. Heute sind alle Kritiker hip… Jeder ist nun einmal hip heute. Das ist auch der Grund, weshalb ich kein heute „Outsider“ mehr sein will… Jeder versteht sich heute als Outsider, sogar Obama! Früher wollte niemand so genannt werden, das war eine Beleidigung, jetzt ist das umgekehrt.

Der Regisseur John Waters (67) in einem SZ-Interview vom 8. Februar 2014

Burn-out bei Journalisten

Geschrieben am 15. Februar 2014 von Paul-Josef Raue.
0 Kommentare / Geschrieben am 15. Februar 2014 von Paul-Josef Raue in B. Die Journalisten, Friedhof der Wörter.

Wer ausgebrannt ist, muss vorher gebrannt haben.

(nach einem „Streiflicht“ der Süddeutschen vom 14.2.2014, in dem von einer Langzeit-Studie unter Lehrern berichtet wird: „Viele Lehrer, die sich als ausgebrannt zurückzögen, hätten sowieso nie richtig gebrannt.“)

Showmaster am Händie: Falsche Fremdwörter (Friedhof der Wörter)

Geschrieben am 9. Februar 2014 von Paul-Josef Raue.

Wir Deutschen mögen Fremdwörter, um zeigen: Wir sind modern, global, international, also alles andere als provinziell, wir sind unschlagbar. Und wenn uns kein Fremdwort einfällt, dann erfinden wir eines.

Jürgen Pretzsch ist Aquarellmaler und Graphiker in Erfurt. Zum Geburtstag einer Freundin brachte er ein Quiz mit; eine der Fragen drehte sich um Fremdwörter:

„Was haben diese Wörter gemeinsam? Handy, Oldtimer, Showmaster, Mobbing …“
Die Antwort: Es sind falsche Fremdwörter.

Wer in New York in einen Laden geht und ein Handy kaufen will, der erntet Erstaunen oder Gelächter: Der Verkäufer weiß nicht, was sie wünschen. In Amerika ist unser Handy ein „Mobile“. Wir könnten es also durchaus deutsch schreiben: Händie.

Wer in Chicago einen Oldtimer kaufen will, wird vom Händler dem Opa vorgestellt: Oldtimer ist im Englischen ein alter Mann und kein altes Auto. Dafür ist unser „Beamer“ in Chicago ein BMW. Und unser Beamer heißt im Englischen: Projector. Das klingt für deutsche Ohren zu deutsch, also haben wir den Beamer – den Bihmer – erfunden.

Und wer glaubt, ein Mensch allein könne kein Wort erschaffen, der kennt Rudi Carrell nicht: Er sang „Showmaster ist mein Beruf“ – und schon hatte die deutsche Sprache ein neues Wort, das eine große Karriere gemacht hat.

Thüringer Allgemeine, Kolumne „Friedhof der Wörter“, 10. Februar 2014

„Bewusster Anachronismus“ – oder: Wie man einen Fehler kaschiert

Geschrieben am 5. Februar 2014 von Paul-Josef Raue.
0 Kommentare / Geschrieben am 5. Februar 2014 von Paul-Josef Raue in Aktuelles.

Jeder Fehler, den ein Journalist macht, ist peinlich – besonders wenn es um den Inhalt geht. Verwechselt er Zeit und Ort, irrt er in der Geschichte herum, möchte er sich am liebsten verkriechen. Irrt ein Schriftsteller, dann nennen es wohlmögende Kritiker: „Bewusster Anachronismus“ – und loben es als Stilmittel.

So zitiert Andreas Platthaus in der FAZ einige Kritiker des neuen Romans von Martin Mosebach „Das Blutbuchenfest“. Der lässt seine Figuren ein Dutzend Mal mit dem Handy hantieren, obwohl es 1990/91 in Bosnien – wo der Roman spielt – noch keinen Empfang gab, ja selbst in Deutschland nicht. Eine junge Frau liest auf dem Laptop – auch 1990 – eine Mail, in der ihr Freund die Trennung mitteilt.

Quelle: FAZ 31.1.2014

Leseranwalt startet „Wörterwettbewerbsbeteiligungsaufruf“

Geschrieben am 3. Februar 2014 von Paul-Josef Raue.

„Der Wettbewerb um das längste Wort sollte mit dieser Zeitung nicht gewonnen werden“ schreibt Anton Sahlender in seiner Ombudsmann-Kolumne der Mainpost (Würzburg). Er nimmt eine Anregung aus diesem Blog auf: „Wer entdeckt das längste Wort des Jahres? 31 Buchstaben – oder mehr?“

Anton Sahlender schreibt in seiner wöchentlichen Kolumne:

Dieser Wörterwettbewerbsbeteiligungsaufruf (35 Buchstaben), hat den Nutzen, dass allzu lange Wörter in der Zeitung auch von Lesern entlarvt werden können. Der Aufruf soll zudem die Aufmerksamkeit in der Redaktion weiter schärfen. Denn zum journalistischen Handwerk gehört es, schwer lesbare Wortungetüme zu vermeiden. Deshalb soll sich ein „Fünfunddreißigbuchstabenwort“ (28 Buchstaben) bei mir nicht mehr wiederholen. Ich habe es lediglich zu Demonstrationszwecken (21 B.) gebraucht.

Allen Schreibern sei der Rat gegeben, schwer lesbare zusammengesetzte lange Substantive mit Bindestrich zu koppeln. Das entzerrt und macht sie leichter lesbar. Beispiel: Wort-Ungetüm.

Sinn macht das besonders dann, wenn drei Konsonanten zusammentreffen: Eisschnell-Lauf oder Fußball-Länderspiel. Koppeln sollte man nicht, wenn die zusammengesetzten Wörter durch ein sogenanntes Fugen-s verbunden sind, so wie Beteiligung(s)beitrag.

Erhalte ich viele Zusendungen von zu langen Wörtern aus dieser Zeitung, komme ich darauf zurück. Gut wäre es aber, wenn wir hier keinen Wettbewerbssieger mit Jahresbestleistung hervorbringen.

Anton Sahlender ist Mitglied der Chefredaktion der Mainpost, Leseranwalt, Sprecher der „Vereinigung der Medien-Ombudsleute“ in Deutschland und Mitglied der „Organization of News Ombudsmen“

Ertrinken in den Untiefen von Begriffen oder: Kommunikative Zuspitzung(Friedhof der Wörter)

Geschrieben am 2. Februar 2014 von Paul-Josef Raue.

„Wie viele Worte braucht der Mensch?“ Das ist das „kulturelle Jahresthema“ in Erfurt. Zum Auftakt gab es eine wortreiche Pressemitteilung – um den Bürgern Lust zu machen auf die vielen Wörter.

Schauen wir uns einige Wörter in der Pressemitteilung an:

> Impulsregion
> Gebietskörperschaft
> kommunikative Zuspitzung
> neuer Sinnzusammenhang
> eigenständige ästhetische Formen
> Vermittlung künstlerischen Schaffens
> Potenzial der Sprache
> vielfältige Schnittmengen
> unterschiedlichste Akteure
> umfassender Überblick

Braucht der Mensch diese Worte? Oder fällt er in die „Untiefen von Begriffen“ – und ertrinkt?

Thüringer Allgemeine, Kolumne „Friedhof der Wörter“, 3. Februar 2014

Was ist Journalismus? Mehr Quatschen, weniger Konferenzen

Geschrieben am 31. Januar 2014 von Paul-Josef Raue.
0 Kommentare / Geschrieben am 31. Januar 2014 von Paul-Josef Raue in B. Die Journalisten, L. Die Redaktion.

Journalismus ist Quatschen auf dem Flur.

Henri Nannen, zitiert im SZ-Bericht über neue Redaktionsgebäude: „Deren Architektur verrät viel darüber, wie sich die Bauherren ihre künftigen Geschäftsmodelle vorstellen“ (SZ,25.1.14)

Presserabatt für schlüsselfertige Ein- und Zweifamilienhäuser

Geschrieben am 29. Januar 2014 von Paul-Josef Raue.

Dass es so etwas noch gibt – entdeckt auf Facebook (jouurnalismus.com)::

Für Bild- oder Fotojournalisten:
Die Datacolor AG bietet mit der Spyder4 Produktpalette Monitor- und Kamerakalibrierung, sowie Druckerprofilierung an. Auf alle Produkte gibt es 25 Prozent Presserabatt.

*

Der Elektronik-Versandhändler ELV bietet JournalistenInnen 10% #Presserabatt auf alle Katalogartikel bis auf wenige Ausnahmen.

*

Journalisten erhalten vier Prozent #Presserabatt auf den Netto-Endpreis schlüsselfertiger Ein- und Zweifamilienhäuser der Firma Büdenbender. Mehr Infos hier:
http://www.journalismus.com/_presserabatt/index.php
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