Ramelow & Co: Leser beklagt eine „Angst- und Verunglimpfungs-Kampagne“

Geschrieben am 22. November 2014 von Paul-Josef Raue.

Ein Leser der Thüringer Allgemeine (TA) schreibt:

Ich bin kein Linker, ich bin ein SPD-Anhänger. Wie können Sie es zulassen, dass gegen Rot-Rot-Grün und Herrn Ramelow die Angst- und Verunglimpfungskampagne weitergeht?

Selten war eine Regierungsbildung so heftig diskutiert wird die Rot-Rot-Grüne in Thüringen, die seit Wochen Öffentlichkeit wie Zeitung umtreibt mit Debatten über den Unrechtsstaat DDR und die Last der Diktatur auf den Schultern der Gegenwart überhaupt. Aktueller Anlass für den Leser war ein Foto auf der Titelseite am Montag nach dem Mauerfall-Jubiläum: Es zeigt die Erfurter Domplatz-Demonstration, auf der sich viertausend Bürger mit Kerzen in den Händen gegen die rot-rot-grüne Koalition wandten. Der Leser wollte lieber über die Feiern zum Mauerfall-Jubiläum auf der Titelseite lesen und folgert: „Mit dieser eindeutig parteilastigen Berichterstattung machen Sie die TA zum Sprachblatt der CDU.“

In der Samstag-Kolumne „Leser fragen“ antwortet der Chefredakteur:

Der Vorwurf der „Angstmache- und Verunglimpfungskampagne“ geht an die Ehre eines Journalisten – denn unser Ehrenkodex bestimmt: „Die wahrhaftige Unterrichtung der Öffentlichkeit sind oberste Gebote der Presse.“ Das bedeutet:

Wir schauen bei den Mächtigen genau hin, also auch bei denen, die zu den Mächtigen aufsteigen wollen – dabei interessiert uns keine Partei. Würden wir anders handeln, wären wir wirklich ein Parteiblatt. Wir geben allen eine faire demokratische Chance, wie Sie es fordern: Darum beobachten wir die Politiker, wenn möglich auf Schritt und Tritt. Das ist unsere Aufgabe.

Wir dürfen auch nicht wegschauen: Das Unterdrücken von Nachrichten missachtet das Recht der Leser, sich selber eine Meinung zu bilden. Ob eine Nachricht, eine Diskussion, eine Affäre oder ein Skandal einem Politiker oder einer Partei schadet oder nutzt, das entscheidet der Wähler. Wir liefern nur die Informationen und regen zur Meinungsbildung an.

Den Vorwurf, ein Parteiblatt von SPD oder Linken zu sein, bekamen wir in den vergangenen Jahren von der CDU und CDU-Wählern, als wir die Affären von Zimmermann bis Gnauck aufgedeckt und ausführlich berichtet hatten. Wir machen eben keine Affären, wir berichten über sie. Angst und Verleumdung ist nicht unser Geschäft.

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Thüringer Allgemeine 22. November 2014

Nun erwischt es auch eine Journalismus-Zeitschrift: Message wird nicht mehr gedruckt

Geschrieben am 21. November 2014 von Paul-Josef Raue.

Bisher hat Message die Schwierigkeiten und vor allem Defizite von Zeitungen und Zeitschriften analysiert – und des Journalismus überhaupt. Nun muss Message selber aufgeben und verkauft das Ende als „Schritt in die Zukunft“. Im kommenden Jahr erscheint Message nur noch im Netz, als App oder E-Paper.

Die Abos gehen, wie bei den Zeitungen, zurück. Noch in diesem Jahr sollte der Relaunch den Niedergang stoppen – vergebens. Auch hat die Zeitschrift den Abgang von Gründer Michael Haller vor zwei Jahren nicht verkraftet. Das Projekt der „Rudolf-Augstein-Stiftungsprofessur für Praxis des Qualitätsjournalismus“ hat wohl selber keine ausreichende Qualität liefern können.

Zum 15-Jährigen in diesem Jahr hatte Michael Haller noch einmal die Feder gespitzt – und manchem Medien-Wissenschaftler in seiner gewohnt diplomatischen Art bescheinigt, dass sie nicht in der Lage sind, „ihre Befunde allgemeinverständlich rüberzubringen“:

Unvergessen blieb mir ein über Wochen laufender Mailverkehr mit einem Professorenkollegen, dessen Text im Wissenschaftsjargon abgefasst (aufgeblasen) war und im Zuge unserer Bearbeitung seine gedankliche Trivialität offenbarte. Am Ende zog der Kollege den Text zurück: Wir hätten seinen Gedankengang zerstört.

Auch die Macher, die Chefredakteure, geißelte Haller, der selber kaum am Minderwertigkeits-Syndrom leidet:

Warum wird man Ressortchef, dann Chefredakteur? Auf welche Qualifikationen kommt es an, um den Medienwandel zu verstehen und den heute sogenannten Changeprozess crossmedial zu steuern? Wir haben dieses Thema später dann nur noch mit spitzen Fingern angefasst, weil wir merkten, dass doch viele Redaktionschefs in Deutschland auf Manöverkritik eher beleidigt reagieren, offenbar, weil ihnen, spitz gesagt, die eigene Eitelkeit im Wege steht.

Wenn ich meinen Aktenordner mit Korrespondenzen der vergangenen 15 Jahre durchblättere, begegnen sie mir wieder, die pseudo-coolen, doch im arroganten Ton abgefassten Beschwerdebriefe deutscher Chefredakteure. Es war nicht nur Mangel an Selbstreflexion, der irritierend wirkte, sondern auch deren Weigerung, sich mit dem Wandel der Medienfunktionen praktisch zu beschäftigen und Konsequenzen zu ziehen.

Trotz anhaltendem Reichweitenschwund hielten viele Blattmacher an der Überzeugung fest, ihr persönliches Bauchgefühl sei Garant für erfolgreichen Journalismus.

Diese Arroganz wird uns, zumindest in gedruckter Form, fehlen. Der Abschied vom Druck wird wohl der Abschied von Message überhaupt sein.

PS. Der Autor dieses Blogs hat nie einen Brief an Message geschickt, noch war er Autor der Zeitschrift.

Twitter-Journalismus: Investigative Fragen an Bastian Schweinsteiger

Geschrieben am 16. November 2014 von Paul-Josef Raue.

Bei der Bambi-Preisverleihung langweilt sich Thorsten Schmitz von der Süddeutschen Zeitung, hört „übliche Phrasen“ und sieht „altbackene Choreografien“. Kurzum – das ist nicht seine Welt. So geht er in die Lobby zu den „jungen nervösen Klatschreporterinnen, die ihre Redaktionen mit Twitter-Nachrichten füttern müssen“. Vielleicht will er die schöne neue Welt des Journalismus ahnen, die Zeit nach der Süddeutschen, wenn Papier nicht mehr raschelt und der Leser mit 140 Zeichen zu befriedigen sein wird.

Zwei Worte reichen schon, um die „heimelige Bambi-Welt“ zu zerstören: „Fuck Isis“ steht auf dem T-Shirt eines jungen Sängers. „Zu krass“ findet das eine der jungen nervösen Klatschreporterinnen und twittert es – nicht. Dann kommt der journalistische Höhepunkt, den Thorsten Schmitz sekundengenau schildert:

Als Bastian vor ihr (der jungen nervösen Klatschreporterin) steht, fragt sie investigativ: „Wie geht’s Ihnen?“ Scheinsteiger sagt: „Super!“ Sekunden später ist das Zitat im Umlauf.

Aber richtig zufrieden ist sie auch nicht damit.

„Hast Du schon einen Knaller?“ fragt sie eine Kollegin.

„Nö“, sagt die. „Du?“

Bei so viel Phrasen möchte sich Thorsten Schmitz befreien, er zitiert Arthur Schnitzler, den Senta Berger zitiert: „Wir alle spielen. Wer es weiß, ist klug“; er zitiert Helmut Dietl und nennt es einen „Moment der Authentizität“: „Wüsste ich, wie Glücklichsein geht, wäre ich es damals gewesen“.

Schmitz nennt diesen Satz „Sperrgut im Weichspülermeer vor Bambiland“. Wer viele Phrasen hören muss, versinkt halt auch mal im Sprachbilder-Schlick.

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Quelle: Süddeutsche Zeitung 15. November 2014 „Hast Du schon einen Knaller“

Chefredakteure, die ihre Redaktion führen wie eine Strafkompanie: Nachruf auf Spiegel-Chef Becker

Geschrieben am 16. November 2014 von Paul-Josef Raue.

Die harten Chefredakteure, die „Piss-Geschichte“ mit grüner Tinte auf ein Manuskript schreiben, die ein raues Klima schaffen, eben eine Galeeren-Atmosphäre erzeugen – die werden gerühmt, wenn sie in den Ruhestand gehen, erst in den vorläufigen, dann in den ewigen. Ob da bei den Nachruf-Schreibern auch ein wenig Stolz dabei ist: Ich habe ihn überlebt! Ich bin stark!?

Hans Leyendecker, Chefreporter der Süddeutschen Zeitung, ist einer der besten deutschen Journalisten, ein ruhiger Kollege, keiner aus der „Strafkompanie des deutschen Journalismus“ wie Hans Detlev Becker, auf den Leyendecker einen bewegenden Nachruf schreibt. Becker war lange beim Spiegel, fing 1947 an, in den Gründerjahren also, und schied 1983 aus, nachdem er sich mit Rudolf Augstein überworfen hatte; er war Redakteur, Chefredakteur und später Verlagsdirektor.

Selbst die ruhigen Journalisten schätzen offenbar die harten Chefs: Kann man von ihnen am meisten lernen? Es klingt wie eine Aufforderung, die Härte zu suchen, die Quäler im Volontariat, wenn Leyendecker seinen Nachruf beginnt:

Manchmal klagen junge Journalisten, der Ton sei so rau, das Klima. Sie hätten mal unter Hans Detlev Becker arbeiten sollen… Ein Orden. Eine Galeere.

Was zeichnet einen harten Chef aus? Er bringt „den richtigen Zug und den knappen Stil ins Blatt“; er sorgt dafür, „dass der Apparat immer funktioniert“. Das klingt bei Leyendecker, der selber lange beim Spiegel war, wie ein Hieb auf die, die heute das Sagen beim Spiegel haben.

Heinz Egleder war Dokumentarist beim Spiegel und hat Becker über Jahrzehnte erlebt. Er ernennt im Nachruf auf Spiegel Online Becker zum ersten deutschen Enthüllungsjournalisten, der in den „Ehrenkodex“ für seine „undisziplinierte Redakteursbande“ schrieb:

1. Die Berichte sind „mit Vergnügen und ohne Mühe lesbar“;
2. sie müssen unbedingt stimmen (so dass er die Dokumentation gründete, die heute noch jede Tatsachenbehauptung prüft);
3. sie dürfen keine Unwörter enthalten, so dass er einen Index schrieb mit der Liste aller Wörter, die nicht im Spiegel stehen durften.

Becker starb am 2. November 2014 mit 93 Jahren.

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Quelle: Süddeutsche Zeitung 15. November / Spiegel Online 15. November

Wenn Leser schwarz sehen: Cecilia Bartoli mag offenbar Bilder, auf denen nichts zu sehen ist

Geschrieben am 16. November 2014 von Paul-Josef Raue.
Bartoli in Mannheim

Bartoli in Mannheim

Der Kritiker des Mannheimer Morgen durfte Cecilia Bartoli zuhören, der Fotograf durfte seiner Arbeit nur eingeschränkt nachgehen. Also druckte die Zeitung nur die Kritik und zeigte eine schwarze Fläche statt eines Fotos der Sängerin. In der Bildzeile stand der Grund:

Wir hätten Ihnen gerne Fotos vom Bartoli-Konzert im Rosengarten geliefert. Leider war dies im Rahmen unseres öffentlichen Auftrags nicht möglich. Die Vorgaben des Managements der Künstlerin lauteten:

„Fotografiert werden darf nur während des Schlussapplauses. Und die Fotos müssen vor der Veröffentlichung vom Management freigegeben werden.“

Diese Art von Zensur wollen wir Ihnen nicht zumuten und verzichten deshalb auf Konzert-Bilder.

 

Im Juni 2013 hatte das Hamburger Abendblatt eine riesige, damals weiße Fläche gezeigt statt eines Foto von Cecilia Bartoli nach dem Konzert in Hamburg – mit dieser Bildzeile:

An dieser Stelle hätten wir gern ein Konzertfoto der Sängerin gezeigt. Doch das Schweizer Management stellte unannehmbare Bedingungen: Fotos in der Pause zur Auswahl vorlegen, die nicht genehmen löschen? Darauf haben wir uns nicht eingelassen.

Siehe dieser Blog vom 7. Juni 2013

Darf eine Zeitung das Bild eines rasenden Politikers drucken? Ramelows Blitzerfoto und Quietsche-Enten

Geschrieben am 15. November 2014 von Paul-Josef Raue.

Ein Leser der Thüringer Allgemeine fragt zum „Blitzerstreit des B.R.“, gemeint ist Bodo Ramelow, der erster Ministerpräsident der Linken in Deutschland werden will: „Der Abdruck des Blitzerfotos ist gesetzwidrig, er verletzt das hohe Gut des Persönlichkeitsrechtes – warum dazu kein Hinweis?“ Der Leser bezieht sich auf Berichte und Fotos, zuerst der Bildzeitung, über Bodo Ramelow, der zu schnell gefahren sein soll, wie ein Blitzerfoto beweise (was von ihm bestritten wird: Erst akzeptierte er den Bußgeldbescheid nicht, aber zahlte dann laut eigener Angabe doch, nachdem der Fall ans Amtsgericht weitergeleitet und öffentlich diskutiert worden war).

Auch die Thüringer Allgemeine und der FAZ berichteten ausführlich, FAZ und Bild sogar mit Angabe des Kennzeichens von Ramelows Wagen.

Der Chefredakteur antwortet in seiner Samstags-Kolumne „Leser fragen“ auf der Leserseite:

Es gibt in der Tat ein Recht am eigenen Bild. Doch gibt es auch eine Reihe von Ausnahmen – vor allem für Bürger, die gewählt sind als Vertreter des Volks, für Bürger, die berühmt sind und die sich in der Öffentlichkeit stolz präsentieren.

Blitzerfotos waren sogar Gegenstand einer Klage beim Bundesverfassungsgerichts, das entschied: Sie sind erlaubt, denn sie werden auf öffentlichen Straßen aufgezeichnet und sind jedermann wahrnehmbar – und schließlich gehe es um die Sicherheit im Straßenverkehr, die eine Einschränkung der „grundrechtlichen Freiheiten“ erlaubt.

Vor allem Politiker, die von den Bürgern als Vorbild gesehen werden, müssen akzeptieren, dass sie im Fokus der Öffentlichkeit stehen. Bodo Ramelow nennt dies in einer Facebook-Nachricht sinngemäß: Die Presse spiele mit Quietsche-Enten. Selbst eine Politikerin wie Heidi Simonis, die abgewählt war, musste ertragen, dass sie beim Einkaufen fotografiert wurde. Der Bundesgerichtshof entschied: Die Bürger dürfen erfahren, wie sich ein Politiker verhalte – gerade in spektakulären Situationen. Er könne sich “nicht ohne Weiteres der Berichterstattung unter Berufung auf seine Privatheit entziehen“.

Und dass sich Bodo Ramelow in einer spektakulären Situation befindet, dürfte selbst bei ihm unstrittig sein, wie sein persönliches Engagement in den sozialen Netzwerken beweist.

Zudem: Wen sollte ein Reporter nach der Zustimmung zur Veröffentlichung des Blitzerfotos fragen, wenn unklar ist, wer überhaupt auf dem Foto abgebildet ist?

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Thüringer Allgemeine, Kolumne „Leser fragen“ 15. November 2014 (hier erweitert)

Quellen: Bild 6.11. „Wird hier Thüringens neuer Landeschef geblitzt?“ und FAZ 7.11. von Claus Peter Müller „Zur Akteneinsicht gebracht“

Shitstorm und Putin-Versteher: Sind Journalisten aus dem Osten empfindlicher als die im Westen?

Geschrieben am 15. November 2014 von Paul-Josef Raue.

Ist ein Journalist, aufgewachsen in der DDR, empfindlicher als einer aus dem Westen? Muss man ihn mit Walter Ulbricht vergleichen, weil er keine Lust und keine Nerven mehr hat, in Shitstorms zerlegt zu werden? Kann ein ehemaliger DDR-Korrespondent in Moskau heute nicht objektiv über Putins Russland schreiben?

Paul Schreyer kommentiert auf heise.de einen Beitrag des Spiegel-Autor Christian Neef, der im Medium Magazin beklagte:

Onlinemedien wie Spiegel Online nehmen inzwischen sogar in Kauf, dass die Berichte ihrer Korrespondenten gleich im Anschluss an den Text in den Foren aufs Übelste zerpflückt und als unwahr bezeichnet werden, sie desavouieren damit ihre eigenen Mitarbeiter und liefern sie schutzlos dem Shitstorm aus. Ich habe die Kollegen bei Spiegel Online deswegen gebeten, bei bestimmten Texten, die ich schreibe, die Kommentarfunktion künftig abzuschalten – so wie es andere Webseiten schon länger tun.

Paul Schreyer wundert sich, dass die üblen Kommentare „langsam Wirkung auf einzelne Journalisten zeigt“ und fragt: „Geht es nicht am Ende um den Leser? Ist dieser nicht der Souverän in einer offenen Mediengesellschaft?“

Das sind interessante Ansichten, intelligente Fragen – allemal eine Debatte wert, zumal Günther Nonnenmacher (FAZ) und Hans Leyendecker (SZ) ähnlich wie Christian Neef argumentieren. Nur – was um alles in der Welt – hat das mit der DDR zu tun? Warum wird einer aus dem Osten abgekanzelt, weil er aus dem Osten kommt? Und dies noch auf eine, vorsichtig ausgedrückt, seltsame und unjournalistische Art – unter Berufung auf Widerstand im Spiegel, der unter „vorgehaltener Hand“ geäußert wird. Das ist eher DDR-mäßig: Anonym und hinterhältig.

Schreyer schreibt:

Auch innerhalb des Spiegel regt sich nun Widerstand gegen Neefs Ansichten. Unter vorgehaltener Hand heißt es aus der Redaktion, hinter den Äußerungen des Russlandkorrespondenten stecke „eine Denkweise, die Walter Ulbricht einst auf die Formel brachte, man dürfe ‚die Dinge nicht dem Selbstlauf überlassen'“. Die Pointe dabei: Neef ist selbst in der DDR aufgewachsen, war in den 1980er Jahren Korrespondent des DDR-Rundfunks in Moskau, ist seit der Wende aber beim Spiegel und profiliert sich dort seit vielen Jahren vor allen Dingen mit massiver Russlandkritik. Er war es auch, der den Begriff „Putinversteher“ 2011 erstmals in einer Schlagzeile verwandte.

Und was ist wirklich die Pointe?

Ein Experiment ist gescheitert: „dieredaktion.de“

Geschrieben am 14. November 2014 von Paul-Josef Raue.
0 Kommentare / Geschrieben am 14. November 2014 von Paul-Josef Raue in Aktuelles.

Es gibt die „redaktion.de“ nicht mehr,. Die Deutsche-Post-AG hat entschieden: Der Service wird zum 12. Dezember eingestellt. Die Idee war gut: Die Post sammelt freie Journalisten in einer Journalisten-Börse, in der sie ihre Geschichten, Fotos und Dienste den Verlagen anbieten; die Post garantiert, dass die Freien ihr Honorar schnell und zuverlässig bekommen – direkt von der Post, die wie eine Bank agiert und eine Vermittlungs-Gebühr behält.

Es hat offenbar nicht geklappt: Die Verlage haben offenbar andere Sorgen, die Post hat wahrscheinlich nicht genug verdient. Schade: Ein Experiment ist zu schnell gescheitert.

Ein aktuelles Beispiel aus dem Angebot von „dieredaktion.de“:

Artikel
Azubis: Langfristig binden
Aus dem Ressort »Arbeit & Beruf > Arbeitswelt«. Preis: 35,00 €

Stellenanzeige aufgeben, Bewerbungen abwarten – und schon ist der passende Azubi gefunden? Das war einmal. Wer an die besten Auszubildenden heran will, und diese langfristig ans Unternehmen binden möchte, der beginnt anders. Beispielsweise können sich auch kleine und mittelständische Unternehmen auf Ausbildungsmessen präsentieren. Dort kommt man meist ungezwungen mit dem potenziellen Nachwuchs ins Gespräch. Möglicherweise finden sich so Mitarbeiter, die sich auf eine normale …

Das Naturell von Journalisten: Die Neugier sitzt ihnen permanent im Nacken

Geschrieben am 14. November 2014 von Paul-Josef Raue.

Journalisten sind ein Völkchen, deren Arbeitsbedingungen sich zwar stark verändert haben, deren Naturell jedoch seit über anderthalb Jahrhunderten so ziemlich dasselbe geblieben ist. Die Neugier sitzt ihnen als Sucht und als Quälgeist permanent im Nacken.

Joseph Hanimann bespricht in der Süddeutschen Zeitung den Film über die Tageszeitung Le Monde „Immer noch Jäger“ (13. November 2014). Die Redakteure treffen sich übrigens im Morgengrauen zur legendären Stehkonferenz.

Facebook – die neue Ära des Journalismus? Nein, weil die eigene Medien-Marke zu wichtig ist

Geschrieben am 13. November 2014 von Paul-Josef Raue.

Journalismus in Zeitungen ist tot. Journalismus in Blogs auch. Journalismus auf Homepages ist tot und bei Google und auch in den sozialen Netzwerken – bis auf Facebook. Die New York Times ruft die neue Ära des Journalismus aus – denn unter einer neuen Ära tun wir es nicht mehr. Früher dauerte eine Ära noch Jahrhunderte, heute nur noch ein paar Jahre.

David Carr schreibt in der New York Times, zitiert von Socialmediawatchblog:

Facebook ist wie ein riesiger Hund. Du weißt nie genau, ob er einfach nur spielen oder Dich fressen will – am Ende leckt er Dich womöglich tot.

Diese drei Gründe nennt David Carr, warum Facebook den Journalismus aufsaugen wird:

1. Facebook bietet Verlagen an, ihren Journalismus komplett und schön gestaltet auf Facebook zu platzieren. Die Werbe-Erlösen sollen sich Facebook und Verlage teilen.

2. Mark Zuckerberg will im nächsten Jahrzehnt erreichen, dass Nachrichten die entscheidende Rolle bei Facebook spielen: “News is a very big priority“.

3. Der RSS-Miterfinder Dave Winer arbeitet, in Kooperation mit Facebook, an einem neuen Werkzeug, Artikel oder Foto gleichzeitig im Blog und auf Facebook zu platzieren.

Raphael Raue, SEO bei RP-Online, kann die Meinung von Carr überhaupt nicht teilen und schreibt:

Das alte Märchen vom großen Traffic über Facebook wird geschickt von zu vielen Social-Media-Beratern gestreut. Es gibt viele gute Social-Media-Experten, aber die manische Fokussierung der deutschen Medienwelt auf Social Media ist durch die Fakten nicht zu rechtfertigen. Denn richtig ist:

> Die meisten deutschen Nachrichtenseiten haben nicht mehr als 10% Facebook-Traffic

> Aber rund 30% Google-Traffic.
Quelle https://twitter.com/thorebbe/status/517344192318558209?s=03

> Entschiede man sich für Facebook, verlöre man 30% und gewönne vielleicht 10%. Unternehmerisch wäre das eine mehr als gewagte Entscheidung.

Dazu kommt: Journalistische Inhalte funktionieren nicht wirklich gut auf Facebook – außer große Meldungen, Todesfälle, ein wenig Regionales und vor allem Buntes, Boulevard und Sport. Die Konzepte von Buzzfeed und Heftig kann man nicht einfach auf Nachrichten übertragen.

Der Tod der Homepage wurde im Netz schon oft, zu oft, ausgerufen. Alle sind zu ihr zurückgekehrt, auch Social-Media-Berater. Zudem würde ich meine Marke nie von einer anderen allein abhängig machen. Mit einer eigenen Seite kann ich die Marke klassisch – offline und online – vermarkten, auf Google stärken, auf Facebook stattfinden lassen, Instagram, Tumblr und Pinterest nicht zu vergessen und auf allen künftigen großen Plattformen.

Wenn ich einmal zu Facebook wechsle oder mich nur auf Google verlasse, bin ich verloren, wenn sich das Netz ändert. Und es ändert sich ständig. Vor 20 Jahren konnte sich auch niemand vorstellen, dass man mal irgendwann anderes als Microsoft und Yahoo nutzen würde.

Ich halte diese Theorie, Journalismus werde bald nur noch auf Facebook stattfinden, weder kurzfristig noch langfristig eine auch nur bedenkenswerte Option. Genauso wenig würde ich irgendjemandem empfehlen, seine Seite nur auf Google auszurichten und Inhalte dort zu hosten und nicht mehr irgendwo anders auszuspielen.

Nachrichten müssen überall stattfinden, auf manchen Kanälen funktionieren sie besser, auf anderen weniger, wichtig ist aber, dass man sich die technische wie inhaltliche Unabhängigkeit bewahrt, ach wenn dafür noch nicht allerorts das Geschäftsmodell gefunden wurde.

 

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